17 - Das Konzil der Verdammten
Stirn in Falten. »Willst du damit sagen, sie hätte all die Tage nicht den Versuch unternommen, auf eure geheimnisvolle Weise mit dir in Kontakt zu treten?« »Genau so ist es.«
»Und du? Hast du auch keine Verbindung mit ihr aufgenommen?«
»Ich habe es in der darauffolgenden Nacht versucht, ohne Erfolg.«
»Uns gelingt es gewiss, Valretrade in deinem Namen eine Nachricht zu übermitteln. Wahrscheinlich war sie nur verärgert, weil du nicht an eurem Treffpunkt erschienen bist.« Traurig schüttelte er den Kopf. »Am vierten Tag habe ich allen Mut zusammengenommen und bin zur Äbtissin Audofleda gegangen mit der Bitte, Valretrade sprechen zu dürfen. Bis zur Verwalterin bin ich vorgedrungen, und die hat mich an der Pforte abgefertigt.«
»Hat sie nichts weiter gesagt?«
»Sie behauptete, sie könne mir nicht helfen, selbst wenn sie wollte, denn Valretrade hätte das Kloster verlassen und wäre davongelaufen.«
»Davongelaufen? Ist dir irgendein Grund bekannt, der sie dazu hätte veranlassen können?«
Er litt sichtlich. »Nie hätte sie so etwas getan, ohne vorher mit mir darüber zu sprechen.«
»Sie hat versucht, mit dir Verbindung aufzunehmen, und du bist nicht erschienen.«
Er ließ den Kopf hängen, fast klang es, als schluchzte er. »In jeder noch so verzweifelten Lage hätte sie gewartet. Ich kenne sie. Sie hätte mir ein Zeichen gegeben, mir eine Nachricht geschickt.«
Fidelma beugte sich vor und klopfte dem jungen Mann tröstend auf die Schulter.
»Wir werden alles in unseren Kräften Stehende tun, um in deinem Interesse etwas herauszufinden, Sigeric. Wir werden mit Äbtissin Audofleda sprechen, und sollte es da rätselhafte Dinge geben, werden wir sie ergründen. Quäl dich nicht weiter …«
Sie wollte noch etwas hinzufügen, aber die Tür ging auf, und Bruder Chilperic trat ein.
»Ich habe den Bischof informiert«, erklärte er ohne jede Vorrede. »Er erwartet das Ergebnis eurer Untersuchungen, sobald ihr so weit seid.«
»Hier sind wir jedenfalls fertig«, entgegnete Fidelma und begab sich zur Tür. Bevor sie ging, verabschiedete sie sich von Bruder Sigeric mit einem freundlichen Lächeln. »Vielen Dank für dein Entgegenkommen, Bruder. Wir werden es nicht vergessen; wir sehen uns gewiss wieder.« Mit einem schwachen Hoffnungsschimmer auf dem Gesicht erwiderte er ihren Gruß.
»Müsst ihr noch mal einen Blick in Ordgars Zimmer werfen, oder kann ich veranlassen, dass es in Ordnung gebracht und saubergemacht wird?«, fragte Bruder Chilperic.
»Für uns ist die Sache erledigt. Du könntest uns aber sagen, wo wir Abt Cadfan finden.«
»Der ist im dritten Stock untergebracht. Ihr erinnert euch, wo ich euch das Gemach von Bischof Ordgar gezeigt habe? Gut. Auf eben dem Gang nach rechts, von da geht ein kleinerer Gang ab, und dort findet ihr Abt Cadfan.«
»Also beide im dritten Stock. Dann werden wir erst mit Bischof Ordgar sprechen und danach mit Abt Cadfan. Dorthin zu gelangen ist kein Problem, wir kommen ohne deine Hilfe zurecht.«
Bruder Chilperic fühlte sich abgewiesen und blieb zögernd stehen, aber Fidelma und Eadulf entfernten sich bereits mit zügigem Schritt. Er zuckte die Achseln und ging ebenfalls.
K APITEL 5
Bischof Ordgar stand nicht auf, als Fidelma und Eadulf sein Zimmer betraten, sondern blieb entschlossen sitzen. Sein finsteres Gesicht und düsterer Blick ließen auf einen wenig verbindlichen, eher abweisenden Charakter schließen. Hinter ihm stand ein junger Mann mit schwarzgelocktem Haar, der ihnen mit blassblauen Augen entgegensah. Er trat einen Schritt vor, wie um sie zu begrüßen, hielt dann aber inne und warf einen unschlüssigen Blick auf den sitzenden Bischof. Verlegen leckte er sich die Lippen.
»Du bist Bruder Eadulf aus Seaxmund’s Ham?«, sprach der junge Mann Eadulf an. »Du bist der gerefa , von dem uns Bischof Leodegar berichtet hat?«
»Der bin ich, ja«, bestätigte Eadulf und tat es auf Angelsächsisch, denn die Frage war in eben der Sprache gestellt worden, wenngleich der Akzent darauf hindeutete, dass man sich ihrer als Fremdsprache bedient hatte. »Das neben mir ist Fidelma von Cashel, Schwester von König Colgú, dem König von Muman – Anwältin bei den Gerichten der fünf Königreiche von Éireann – und meine Frau.«
Eadulf war sich darüber im Klaren, dass Fidelma es nicht mochte, in derart hochtrabender Art vorgestellt zu werden, aber nach allem, was er über Bischof Ordgar gehört hatte, hielt er es für angebracht, ihm von Anfang an mit Entschiedenheit
Weitere Kostenlose Bücher