17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut
dem Schut zugeführt, der ihm alles abnehmen mußte!“
„Ich kenne keinen Schut!“
„Lüge nicht! Damit kommst du bei uns nicht weit. Du kannst gar nicht leugnen, daß du im Kara-Nirwan-Khan zu Hause bist.“
„Ich bin nur ein einziges Mal dort gewesen, als ich Galingré begleitete.“
„Und dann bist du nach Skutari zurückgekehrt und hast den Angehörigen deines Prinzipals Befehle vorgeschwindelt, von denen er gar nichts weiß! Übrigens hast du dich mit anderen Untergebenen des Schut nach dem Kara-Nirwan-Khan bestellt.“
„Das ist nicht wahr!“
„Hast du einen Bruder?“
„Nein.“
„So kennst du keinen Mann, welcher Barud el Amasat heißt?“
„Nein.“
„Und dessen Sohn den Namen Ali Manach Ben Barud el Amasat führte?“
„Auch nicht.“
„Und doch hast du an diesen Barud geschrieben!“
„Beweise es!“
„So kennst du wirklich nicht einen Zettel, dessen Inhalt lautet: In pripeh beste la karanirwana chan ali sa panajir menelikde?“
Jetzt ging es wie ein Schreck über sein Gesicht, und er sagte weniger trotzig:
„Du sprichst von Dingen, welche mir völlig unbekannt sind. Ich bin mir keiner Schuld bewußt und werde meine Unschuld beweisen. Darum verlange ich, daß man mich freilasse!“
„Warum bist du denn entflohen, als ihr uns kommen saht?“
„Weil der andere floh.“
„Ah so! Kanntest du ihn?“
„Natürlich! Ich bin ja mit Galingré bei ihm gewesen. Er war der Wirt von Rugova.“
„Und dennoch stimmtest du ihm bei, als er sich für einen andern ausgab, um diese Leute hier in die Felsenspalte zu führen?“
Er schwieg.
„Mir gegenüber hattest du die Kühnheit, mich aufzufordern, dich gefangen zu nehmen. Dieser Hohn ist dir schlecht bekommen. Ich konnte besser reiten als du dachtest, und werde dir nachher beweisen, daß du mich bereits früher als einen guten Reiter kennengelernt hast.“
„Ich kenne dich nicht.“
Es war ihm anzusehen, daß er mit diesen Worten die Wahrheit sagte. Der Mann mußte seit jenem entsetzlichen Ereignis auf dem Schott Dscherid sehr viel erlebt haben, da er sich an uns nicht mehr erinnerte. Personen, welchen man unter solchen Verhältnissen begegnet, behält man unter gewöhnlichen Umständen lebenslang im Gedächtnis.
„Du kennst nicht nur mich, sondern auch noch einige andere von uns“, sagte ich ihm. „Du mußt in letzterer Zeit so viele Verbrechen begangen haben, daß es dir unmöglich ist, dich auf einzelnes zu besinnen. Zunächst aber will ich dir sagen, daß es für dich gut ist, daß du keinen Bruder und keinen Brudersohn hast, denn Barud el Amasat und sein Sohn sind tot.“
Er machte eine Bewegung, als hätte er aufspringen wollen. Ich aber fuhr fort:
„Ali Manach wurde in Edreneh erschossen. Das wird dir unbekannt sein?“
„Es geht mich nichts an.“
„Und sieh dir einmal den Mann an, welcher an der Ecke des Tisches sitzt. Er heißt Osco und hat deinen Bruder Barud von dem Teufelsfelsen gestürzt, weil ihm derselbe seine Tochter Senitza geraubt hatte. Von dieser Tat deines Bruders weißt du wohl auch nichts?“
Er biß die Zähne fest zusammen und schwieg eine Weile. Sein Gesicht war dunkelrot geworden. Dann schrie er mich wütend an:
„Was erzählst du mir Sachen, die mich gar nichts angehen, von Personen, welche ich gar nicht kenne! Wenn du mit mir sprechen willst, so sprich mit mir. Sage mir die Gründe, warum ihr mich wie einen Dieb und Mörder behandelt!“
„Gut; sprechen wir von dir. Wir behandeln dich genau als denjenigen, der du bist. Du bist ein Mörder.“
„Schweig.“
„Ich will davon absehen, daß Galingré in dem Schacht von Rugova ermordet werden sollte; auch davon, daß ihr die Seinen hier töten wolltet. Ich will nur von den Mordtaten sprechen, welche du wirklich vollbracht hast.“
„Du mußt verrückt sein, denn nur der Wahnsinn kann dir solche Albernheiten vorspiegeln!“
„Nimm dich in acht! Sprich noch eine solche Beleidigung aus, so erhältst du die Peitsche! Hast du vielleicht von deinem Prinzipal, Monsieur Galingré erfahren, daß er einen Bruder hatte, welcher drüben in Algerien, in Blidah, ermordet worden ist?“
„Ja. Er hat es mir erzählt.“
„Und der Sohn des Ermordeten verschwand auf eine ganz rätselhafte Weise?“
„Auch das sagte er mir.“
„Hast du vielleicht diesen Bruder oder dessen Sohn gekannt?“
Bei dieser Frage erbleichte er. Das sah man ganz genau, da er jetzt nicht mehr den Bart trug, welchen er in der Sahara gehabt hatte.
„Wie soll ich
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