17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut
„Der Scheïtan, der Scheïtan! Er kommt! – Er greift nach mir! – Er holt mich in die Hölle!“
„Das ist ja der alte Mübarek!“ raunte mir Halef zu.
„Allerdings. Entweder sind auch die andern in der Nähe, um uns einen Hinterhalt zu legen, oder sie haben ihren Weg zum Köhler fortgesetzt und waren gezwungen, ihn hier zurückzulassen. Er hat das Fieber.“
„Herr, gehe nicht hinein!“ sagte die Frau. „Es ist ein Kranker drin.“
„Warum hast du mir das verschwiegen?“
„Er soll nicht gestört werden.“
„Was fehlt ihm denn?“
„Er hat das Hawa ils far (Cholera). Geh' ja nicht hinein! Er steckt dich sonst an, und dann bist du verloren.“
„Die Cholera? Jetzt? Hier in diesem Wald? Hm! Das glaube ich nicht.“
„Es ist wahr, Herr!“
„Wer ist er denn?“
„Ein Bruder von mir.“
„So! Ist er ein alter Mann?“
„Nein, ein noch ganz junger Bursche.“
„Weib, du lügst! Den Mann, welcher hier liegt, den kenne ich. Er mag dein Bruder sein, denn ihr beide seid Geschwister des Teufels, aber jung ist er nicht. Es ist der alte Mübarek, den ich mir genauer ansehen will. Hast du eine Lampe?“
„Nein.“
„Aber Späne?“
„Auch nicht.“
„Höre, jetzt holst du Späne, um Licht zu machen, und wenn du binnen einer Minute nicht zurück bist, bekommst du Hiebe, daß dir das schmutzige Fell zerspringt.“
Ich hatte die Peitsche in die Hand genommen. Das wirkte.
„Effendi“, sagte der Konakdschy, „du hast kein Recht, zu tun, als wärest du hier der Herr und Gebieter. Wir sind hier Gäste und –“
„Und werden so zahlen, wie man es verdient, nämlich entweder mit Piastern oder mit Hieben“, fiel ich ihm ins Wort. „Da drin liegt der Mübarek. Wo der ist, da befinden wir uns in Gefahr, und ich werde genauso handeln, wie unsere Sicherheit es erfordert. Willst du mich irremachen, so muß ich annehmen, daß du es heimlich mit unsern Feinden hältst. Grund dazu ist bereits genug vorhanden, wie du weißt. Also nimm dich in acht!“
Da war er still und wagte kein weiteres Wort. Die Frau brachte Kienspäne, von denen einer bereits brannte. Wir zündeten mehrere an, nahmen sie in die Linke, die gespannten Revolver oder Pistolen in die Rechte, und machten uns an die Untersuchung des Schuppens.
Da gab es nun freilich nur zweierlei zu sehen, nämlich den Mübarek, welcher besinnungslos in der Ecke lag, und den Pferdekadaver in dem andern Winkel. Von letzterem stieg ein Heer von ekelhaften Fliegen auf, als wir uns näherten.
„Bist du denn toll?“ fragte ich die Frau. „Dort befindet sich einer, welcher das Wundfieber hat, und dabei liegt eine Pferdeleiche, von welcher tausend Insekten zehren. Und von diesem Fleisch sollten wir essen! Weißt du denn nicht, wie gefährlich das ist?“
„Was soll das schaden?“
„Das Leben kann es kosten. Du hast uns belogen. Dieser Mensch dort ist unser Todfeind, welcher uns nach dem Leben trachtet. Indem du ihn uns verheimlichen wolltest, hast du bewiesen, daß du mit ihm verbündet bist. Das kannst du teuer bezahlen müssen!“
„Herr“, antwortete sie, „ich weiß kein Wort von alledem, was du sagst.“
„Ich glaube dir nicht.“
„Ich kann es beschwören.“
„Auch deinem Schwur schenke ich keinen Glauben. Wie ist der Alte zu dir gekommen?“
Sie warf einen fragenden Blick auf den Konakdschy. Dieser nickte ihr zu. Ich verstand, was er ihr damit sagte, tat aber, als hätte ich nichts gesehen.
„Es kamen Reiter hier vorbei“, erklärte sie mir. „Einer von ihnen war krank, er konnte nicht weiter, und so baten sie mich, ihn hierzubehalten, bis er stärker geworden sei, oder bis sie ihn abholen würden. Sie versicherten, daß ich eine sehr gute Bezahlung dafür erhalten werde.“
„Kanntest du sie?“
„Nein.“
„Warum sagtest du, daß dieser alte Sünder dein Bruder sei?“
„Ob er ein Sünder ist, weiß ich nicht. Sie baten mich, so zu sagen und niemand zu ihm zu lassen, da er von Feinden verfolgt werde.“
„Haben sie dir diese Feinde beschrieben?“
„Ja.“
„Diese Beschreibung paßt auf uns?“
„Ganz genau. Darum wollte ich dich nicht zu ihm lassen.“
Da ertönte vom Eingang her eine zornige Stimme:
„Was geht denn hier vor? Wer wagt es, ohne meine Erlaubnis hier einzudringen?“
Ich trat dem Frager mit dem Kienspan näher. Die Frau eilte auf ihn zu und begann leise mit ihm zu flüstern. Ich ersah keinen Grund, sie darin zu stören. Als beide fertig waren, wandte er sich an mich:
„Herr,
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