17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut
Quelle entsprang.
Das Wasser derselben floß nach West, also jedenfalls dem schwarzen Drin entgegen. Es schien, daß wir uns endlich auf der Scheide zwischen diesem und der Treska befänden.
Hierher brachten wir die Pferde, sattelten ab und banden ihnen die Vorderbeine leicht zusammen, so daß sie sich nicht entfernen konnten. Dann begaben wir uns wieder nach der Stelle zurück, von welcher aus wir unsere Gegner sehen konnten.
Es dauerte auch gar nicht lange, so erblickte ich sie durch das Fernrohr. Trotz der Entfernung, in welcher sie sich von uns befanden, sah ich, daß sie in gestrecktem Galopp ritten. Sie hatten die verlorene Zeit einzubringen, denn sie mußten annehmen, daß wir sofort umkehren würden, sobald wir an die Felsenwand gelangten, an welcher wir nicht weiter konnten. Bevor wir Zeit fanden, die dortige Schlucht zu verlassen, mußten sie sich in derselben versteckt haben, wenn ihr Plan überhaupt gelingen sollte.
Wir zählten acht Personen und erkannten, als sie nahe genug gekommen waren, die beiden Aladschy, Suef, den Wirt, den Köhler, Alim und noch zwei Reiter. Die Kleidung der beiden letzteren ließ vermuten, daß sie Knechte des Köhlers waren. Sie waren uns also doppelt überlegen, und wir mußten annehmen, daß auch der Köhler Pferde besaß, die wir aber nicht bemerkt hatten. Da sie alle mit Gewehren versehen waren und in der Stube nicht so viele gehangen hatten, so stand fest, daß Scharka einen verborgenen Vorrat von Waffen besaß.
Diese acht Reiter folgten der Richtung, in welcher sie uns vermuteten. Dort, wo die Wagengleise auseinandergingen, hielten sie an, um den Boden zu untersuchen. Sie sahen, daß wir in der von ihnen gewünschten Weise weitergeritten waren, und folgten unserer Spur, bis wir sie aus den Augen verloren.
Von jetzt an warteten wir wohl gegen zwei Stunden. Dann sahen wir sie langsam zurückkehren. An der erwähnten Stelle blieben sie halten und sprachen sehr angelegentlich miteinander, wie aus ihren lebhaften Gebärden zu erkennen war. Dann trennten sie sich. Der Alim ritt mit den beiden Aladschy rechts ab, in der Richtung nach Kolutschin zu; die andern kehrten in das Tal des Teufelsfelsens zurück.
Diese letzteren ritten langsam. Wir sahen es ihrer Haltung und ihren Bewegungen an, daß sie sehr enttäuscht waren. Die ersteren aber stürmten im Galopp quer über unser Gesichtsfeld. Sie hatten Eile, weil der Alim den Lord abzuholen beabsichtigte. Als von beiden Teilen nichts mehr zu sehen war, begaben wir uns zu unsern Pferden, wo wir Laub und trockene Äste sammelten, um uns ein Feuer anzumachen, an welchem Schinken und Tatzen des Bären gebraten werden sollten. Fleisch hatten wir mehr, als wir bis morgen abend bedurften.
Die Zeit der Dämmerung war hereingebrochen, und es wurde finster an unserem Lagerplatz. Das gab eine kleine Urwaldszene, über welche meine Begleiter großes Vergnügen empfanden.
Ganz natürlich folgte nun eine ausführliche Besprechung aller Erlebnisse der letzten Tage; wir hatten ja genug Zeit dazu. Dann legten wir uns zur Ruhe. Vorher aber wurde die Reihenfolge der Wache bestimmt. Wir hatten zwar eine Überraschung wohl kaum zu befürchten, aber Vorsicht ist in keiner Lage überflüssig, und überdies mußte der Wachende das Feuer unterhalten, denn es war hier zwischen den Bergen des Schar Dagh eine kühle Nacht zu erwarten.
Am nächsten Morgen und am Mittag gab es ganz dieselbe Speisekarte wie am Abend vorher, und das Gespräch drehte sich ausschließlich wieder um das gestrige Thema. Wir fühlten uns erfrischt und gekräftigt, und auch unseren Pferden war es anzusehen, daß die lange, ausgiebige Ruhe ihnen wohlgetan hatte. Beide, sowohl Menschen wie auch Tiere, waren nun befähigt, weitere Strapazen zu ertragen.
Am Nachmittag ritt ich einmal allein fort, um drüben bei den Steinwänden, welche das Tal des Teufelsfelsens umgaben, einen Ort ausfindig zu machen, um da des Abends unsere Pferde sicher unterzubringen. Der Köhler hatte gemeint, daß der Engländer bereits am Abend eintreffen könne; um diese Zeit mußten wir uns also in der Nähe befinden, um demselben Hilfe zu bringen.
Ich mußte einen Umweg machen, um nicht etwa von drüben aus gesehen zu werden. Doch trug mein schnelles Pferd mich sehr bald hinüber, und es gelang mir, ein Versteck zu entdecken, welches für meine Absichten ganz geeignet war. Dasselbe lag in der Nähe beim Eingang des Tals.
Als ich dann wieder bei den Gefährten eintraf, war es nun auch bereits Zeit,
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