1713 - Im Bann der Abruse
geblieben ist", murmelte die Schwester.
„Ich hab’s mir aus dem Gemeinschaftsraum, in dem wir immer gegessen haben, geholt. Mehr Auswahl als das da, was immer das auch sein mag, haben wir allerdings nicht, und ich weiß auch nicht, wie lange dieser Vorrat reicht. Etwas Neues können wir wohl nicht herstellen." Sie warf Nadja eine zweite Stange aufs Bett.
Nadja setzte sich und strich eine Haarsträhne aus ihrer Stirn, versuchte sie hinter das Ohr zu klemmen. Sie hatte sich zwar noch nicht an die frei herabfallenden Haare gewöhnt, gab sich aber Mühe, nicht zu oft daran herumzumachen. Um keinen Preis hätte sie die Haare wieder wie früher im Nacken zusammengebunden. „Tut mir leid, daß ich dich angemault habe."
„Schon gut", erwiderte Mila und seufzte. „Wir sind einfach überfordert.
Wir wissen, was wir tun müssen, aber nicht, wie."
Nadja lachte trocken. „Dabei ist es gar nicht so schlimm. Das meiste in diesem Schiff funktioniert noch, nur die Antriebssysteme nicht. Stell dir mal vor, wenn die gesamte Steuerung ausgefallen wäre, dann wäre von alldem hier nicht mehr sehr viel übrig."
„Stimmt schon. Wenn du gegessen hast, sollten wir mal nach unseren Kranken sehen. Oder hast du auf deinem fünfundzwanzigsten Rundgang endlich die medizinische Versorgung gefunden?"
„Nein", gestand Nadja frustriert.
„Anscheinend brauchen die Ayindi so etwas nicht und haben nicht daran gedacht, es einzubauen." Sie ließ den Kopf hängen.
Mila kam zu ihr. „Ich weiß, was dich quält", sagte sie sanft. „Du weißt, daß du die Fähigkeit besitzt, alles so umzuformen, daß es wieder funktioniert. Aber du kannst deine Fähigkeit nicht einsetzen, weil du nicht weißt, wie. Und ich weiß es auch nicht."
„Vielleicht solltest du mich wieder in Panik versetzen, dann funktioniert es bestimmt", sagte Nadja kläglich. „Ach Mila, so hilflos habe ich mich schon lange nicht mehr gefühlt. Wir haben die Verantwortung für dieses Schiff und unsere drei Gefährten, und dann versagen wir, weil wir unsere Kräfte nicht beherrschen können. Und die Gefahr rückt mit jeder Stunde, die wir hier verbringen, näher. Irgendwann wird die Abruse angreifen."
„Bisher hat sie sich noch nicht einmal gezeigt", wollte Mila sie beruhigen. „Wahrscheinlich sind wir nicht mehr interessant für sie, da sie weiß, daß wir ihr ohnehin nicht entkommen können. Und was uns betrifft, so werden wir einfach versuchen, das Schiff zu reparieren, so lange, bis es klappt. Oder willst du lieber gleich aufgeben?"
Nadja schüttelte den Kopf.
Mila drückte ihre Schulter. „Reiß dich zusammen, Schwester. Hier herumsitzen und jammern bringt gar nichts. Wir haben keine andere Wahl, als die Sache selbst in die Hand zu nehmen, ob wir wollen oder nicht. Bisher haben wir es uns immer sehr einfach gemacht, indem wir alles auf andere abwälzten. Wir werden es schaffen, du wirst schon sehen." Sie stand auf und winkte auffordernd. „Komm, sehen wir nach den anderen. Das ist jetzt wichtiger. Und iß endlich, dann wird dir gleich besser. Nachher schlafen wir, und dann gehen wir es erneut an."
*
Den Verletzten ging es den Umständen entsprechend, also nicht besonders gut. Die Zwillinge weckten einen nach dem anderen auf und versorgten sie.
Reginald Bull konnte sich kaum bewegen, er hatte eine Gehirnerschütterung, und seine rechte Schulter war von dem Sturz ausgerenkt und schwer geprellt.
„Ihr müßt sie wieder einrenken", keuchte er.
„Das schaffen wir kräftemäßig nicht", erwiderte Mila. „Alaska und Gucky fallen ja aus."
„Ich helfe euch", versprach der Rotschopf. „So halte ich das nicht aus, außerdem kann es nicht richtig verheilen."
„Und wenn wir etwas falsch machen?"
„Ihr könnt gar nichts falsch machen", knurrte Bully.
Mühsam stand er auf. Nadja, die Kräftigere der beiden, mußte ziehen, während Mila für das richtige Einschnappen sorgte. Für den Druck war Bull selbst verantwortlich. Er brüllte wie ein Stier, und allen brach der Schweiß aus, aber sie schafften es gemeinsam.
Nadja preßte den Arm an die Brust und bandagierte ihn, um ihn absolut ruhigzustellen.
„Geschafft", sagte sie schließlich stolz. „Wie fühlst du dich?"
„Frag mich das lieber in ein paar Tagen", erwiderte Bull mit schiefem Grinsen. Dann griff er sich stöhnend an den Kopf und sank in sein Bett zurück.
Mila verabreichte ihm ein starkes Schlafmittel aus dem Notvorrat. „Das reicht erst mal."
Alaska Saedelaere hatte einige gebrochene
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