1713 - Im Bann der Abruse
daß die Zeit drängte.
Wenn nur Nadja wieder da wäre!
Da fiel es ihr wie Schuppen von den Augen. „Ich Schwachkopf!" rief sie laut. „Jetzt verwirre ich mich schon selbst! Nadja kann ja gar nicht dasein!"
Sie lachte über sich selbst und lief aus der Zentrale.
*
„Ich brauche Hilfe", wimmerte Nadja. Mit zitternder Hand strich sie strähnige, schweißverklebte Haare aus der Stirn. Nun war sie schon lange unterwegs, aber sie hatte immer noch keine Wand erreicht.
Das war einfach nicht möglich, so groß war das Schiff nicht.
Die Luft war dick und schwer, geradezu zäh geworden, und sie kam nur noch mit großer Mühe voran. Ihre Beine waren wie Blei, und sie schaffte es kaum, die Füße aus dem glitschigen, verschlungenen Flechtwerk zu ziehen. Der Boden schien immer mehr nachzugeben und leichte Wellen zu werfen.
Die Augen fielen ihr immer öfter zu, aber sie durfte nicht einschlafen. Sie mußte wach bleiben. Seltsam nur, daß nicht einmal der Schmerz die Müdigkeit zurückhalten konnte.
„Weiter...", keuchte sie. „Irgendwann muß es zu Ende sein. Nur weiter...."
Nadja schreckte zusammen, als sie plötzlich ein lautes Brüllen hörte.
Und dann sah sie es vor sich.
Ein riesiges, blitzendes Ungetüm, das nur aus einem zähnestarrenden Rachen zu bestehen schien. Diesen Rachen riß es so weit auf, daß ein Ertruser darin Platz gehabt hätte, und dann bewegte es sich mit rasender Geschwindigkeit auf sie zu.
Nadja begriff, daß sie diesem Monster nicht entkommen konnte. Und daß sie jetzt sterben mußte.
Sie schrie laut...
11.
Der Wettlauf Nadja schrie noch, als sie schon wach in ihrem Bett saß und Mila versuchte, sie zu beruhigen.
Als sie endlich begriff, daß der Alptraum vorbei und sie wach war, verstummte sie abrupt und starrte ihre Schwester entgeistert an.
„Was ist denn passiert?" flüsterte sie verstört.
„Du hast geträumt, nichts weiter", antwortete Mila und strich über ihre Haare. „Und die Abruse hat das ausgenützt."
Nadja hob ihren rechten, völlig gesund und normal aussehenden Arm und betrachtete ihn nachdenklich. Allmählich begann sie zu begreifen, was sich abgespielt hatte.
Sie hatten beide über vierundzwanzig Stunden damit zugebracht, die Beschädigungen an den Schaltsystemen zu finden und zu notieren, um die Reparatur-Reihenfolge festzulegen. Dabei hatte Nadja sich an einer scharfen Kante eines Metallbruchstücks geschnitten; es war nur eine kleine, harmlose Wunde gewesen, die sich bereits geschlossen hatte. Nur ein feiner roter Strich war noch zu sehen, der Aktivator hatte ganze Arbeit geleistet.
Beide Schwestern waren nach diesen anstrengenden Stunden sehr erschöpft gewesen, aber sie kamen überein, nicht gleichzeitig schlafen zu gehen, um nicht noch mehr Zeit zu verlieren. Mila, die sich etwas munterer fühlte, wollte wach bleiben und weitere Überprüfungen in der Zentrale vornehmen, während Nadja sich als erste hinlegen sollte.
„Ich hätte nie gedacht, daß ich nervlich schon so überreizt bin", sagte Nadja. „Ich meine, aus einem harmlosen Schnitt entsteht solch ein Alptraum..."
„Irgendwie mußt du das alles ja verarbeiten", erwiderte Mila. „Kein Wunder, wenn man stundenlang auf Hochtouren arbeitet. Die Projektionen unterstützen und verstärken die geistige Labilität nur. Denk nicht mehr darüber nach, es war nur ein ganz normaler Alptraum. Es ist vorbei." Sie lachte plötzlich. „Ich hatte, auch einen Traum - einen Wachtraum."
„Was für einen?"
„Ich war wohl doch ein wenig müder, als ich glaubte. Ich war der Ansicht, ganz normal weiterzumachen, dabei war ich halb wach, halb weggetreten. Auf einmal hatte ich nämlich das Gefühl, du wärst plötzlich nicht mehr da, und machte mich voller Panik auf die Suche. Ich dachte nicht mehr daran, daß du schon ins Bett gegangen warst, sondern war der festen Ansicht, daß wir nach wie vor zusammen arbeiteten."
Mila erzählte ihr Erlebnis mit der Projektion, bis sie so weit zu sich gekommen war, um sich daran zu erinnern, daß Nadja schlafen gegangen war und infolgedessen gar nicht in der Zentrale sein konnte. Sie war zur Kabine gegangen, um sich ebenfalls hinzulegen; die Arbeit fortzuführen hatte momentan ganz offensichtlich keinen Sinn. Sie war gerade in dem Moment hereingekommen, als Nadja schreiend hochgefahren war.
Die Projektion war ihr glücklicherweise nicht aus der Zentrale gefolgt, momentan schienen sie völlig ungestört zu sein.
Nadja schüttelte den Kopf. „Allmählich
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