1718 - Die Messerkatze
noch um die eine und die Frau, die den toten Körper festhielt und ihren Mund nahe an das Tier herangebracht hatte, um das Blut zu lecken und zu trinken.
Sie tat es voll Inbrunst. Es war ihre große Stunde. Es war ihr Genuss, und den ließ sie sich von keinem nehmen. Die anderen Tiere interessierten sie nicht. Sie hatten sich wieder beruhigt und sich in eine Ecke zurückgezogen. Ihre Augen waren auf den Vorgang in der Mitte gerichtet.
Der Vorgang lief nicht geräuschlos ab. Was Rick Morelli da hörte, ließ einen Schauer über seinen Rücken laufen, der sich zu einer Gänsehaut verdichtete.
Er fasste es nicht. Er liebte die Tiere. Was er hier sah, konnte kein normaler Mensch begreifen.
Rick hatte sich vorgenommen, etwas zu sagen. Einen Versuch zu wagen, Julie Price zur Vernunft zu bringen. Er brachte es nicht fertig. Es war unmöglich, seine Kehle saß zu, und so schaute er weiterhin zu, was sich vor ihm abspielte.
Sie leckte noch immer. Sie war begierig auf jeden Tropfen. Aus fünf schmalen Wundbahnen war das Blut gequollen, dessen Fluss jetzt versiegte.
Das merkte auch Julie Price, denn sie ließ die Katze los. Der tote Körper klatschte auf den Boden und hinterließ ein Geräusch, bei dem Rick Morelli zusammenzuckte.
Julie Price schüttelte sich, als wollte sie etwas loswerden oder einen Ballast abwerfen. Sie hob die Schultern, bewegte sich katzenhaft geschmeidig auf der Stelle, hielt jedoch ihren Mund noch offen, und das hatte seinen Grund.
Wenig später erschien ihre Zungenspitze und umleckte die Lippen. Es sah so aus wie bei einer Katze, die zwar satt war, aber die letzten Reste der Nahrung noch von ihrem Maul ablecken wollte.
Hinter dem Gitter stand der Pfleger, schaute zu und wünschte sich, einen Traum zu erleben. Doch was er gesehen hatte, war harte Realität, und er hatte erlebt, wie sich ein normaler Mensch verändern konnte.
Noch immer sah Julie Price aus wie früher, auch wenn die Maske ihr Gesicht teilweise verdeckte, aber sie war noch ein Mensch, der das Blut eines Tieres getrunken hatte.
Das traf ihn hart.
Das war für ihn nicht zu fassen, und noch immer hatte er gegen seine Schwäche in den Knien anzukämpfen.
Eigentlich war es jetzt an der Zeit für ihn, die Flucht zu ergreifen. Er wollte nicht länger in der Nähe dieser Person bleiben, die so etwas Abscheuliches zu tun in der Lage war. Aber das kostete ihn in diesem Fall eine zu große Überwindung. Er brachte die Kraft dafür nicht auf.
Julie Price stand auf der Seite und drehte sich um die eigene Achse. Sie schaute auf die anderen Tiere, die scheu auf dem Boden hockten. Sie schienen darauf zu warten, dass eine weitere von ihnen geholt und getötet wurde.
Danach stand Julie Price jedoch nicht der Sinn. Sie stemmte die Hände in die Hüften und drehte sich auf der Stelle wie jemand, der nach etwas Ausschau hielt.
Dann lachte sie, und danach sprach sie die Katzen an.
»Keine Sorge, euer Blut brauche ich jetzt nicht. Ich bin satt. Es hat mir gut getan, aber ihr wisst nun, wer eure Königin ist. Wer euch beherrscht. Wie eure Vorfahren vor einigen Tausend Jahren, die der Katzengöttin Bastet gehuldigt haben.«
Rick Morelli hatte die Worte gehört und sie verstanden. Trotzdem hatte er Probleme damit, denn er wusste nicht, auf welcher Ebene sich seine Kollegin bewegte.
Jedenfalls machte sie keinen aggressiven Eindruck mehr, und sie schlenderte auf die Tür zu, um sie von innen zu öffnen.
Die Katzen blieben auf ihren Plätzen. Sie beobachteten nur und bewegten sich erst, als Julie Price die Gittertür geöffnet hatte. Da sprangen sie plötzlich los. Sie starteten, als ginge es darum, etwas zu essen zu bekommen.
Julie ließ sie laufen. Sie würden innerhalb des Tierheims bleiben, das stand für sie fest.
Rick Morelli war zurückgetreten, als sich seine Kollegin der Tür genähert hatte. Er hoffte, dass sie ihn ignorierte. Für sich selbst hatte er bereits einen Plan gefasst. Auf keinen Fall wollte er hier länger als unbedingt nötig seinen Job durchziehen. Da war es ihm schon lieber, wenn er auf der Straße lebte.
Julie Price verließ den Käfig. Sie lächelte, aber sie ging nicht an ihrem Kollegen vorbei, sondern blieb vor ihm stehen, um ihm ins Gesicht zu schauen.
Rick wollte den Blick senken, was ihm nicht gelang. Er hatte den Eindruck, unter einem fremden Zwang zu stehen, der dafür sorgte, dass er seine Kollegin anschauen musste.
»Was sagst du, Rick?«
Ja, er hatte damit gerechnet, angesprochen zu werden, nur kannte er
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