1724 - Die Heilige der Hölle
wieder waren die Erinnerungen da.
Der helle Fleck auf der Oberfläche hatte sich deutlicher hervorgetan. Er war zu einem Gesicht geworden, und diese Fratze kannte er aus der Vergangenheit.
Sie gehörte diesem Dämon, den andere Menschen auch als Teufel bezeichnet hatten.
Da wurde ihm klar, dass der Kampf gegen das Böse erst begonnen hatte …
***
Suko, unser Mann am Steuer, hatte wieder sein Bestes gegeben, und so hatten wir ohne Umwege das Ziel erreicht. Man musste neidlos zugeben, dass sich die Klinik wirklich in einer wunderbaren Landschaft befand. Wer hier seine Zeit verbrachte, fand wirklich Ruhe. Wenn er aus dem Fenster schaute, fiel sein Blick auf die Hügel mit den dunklen Tannen, die dem Schwarzwald ihren Namen gegeben hatten.
Wir stiegen aus. Sarah Winter verließ als Letzte den Wagen. Sie bewegte sich sehr langsam und schaute sich dabei intensiv um, wie jemand, der etwas Bestimmtes sehen wollte, sich aber erst noch innerlich darauf einstellen musste.
»Hier also habe ich mein erstes Leben verbracht«, erklärte sie mit leiser Stimme. Dabei war zu sehen, wie sich eine Gänsehaut auf ihrem Gesicht bildete.
Ich trat auf sie zu. »Wenn Sie das sagen, muss es wohl zutreffen.«
Sie sah mich an, ohne eine Antwort zu geben. Aber sie war noch nicht fertig mit ihrem Rundblick. Schließlich sagte sie mit leiser Stimme: »Der Brunnen ist nicht zu sehen.«
»Wir werden ihn schon noch finden.«
»Und da gab es noch das Kloster.« Sie fuhr mit der flachen Hand über ihr Gesicht. »Das habe ich gesehen. Daran kann ich mich erinnern. Jetzt immer klarer. Man hat mich gefunden und im Kloster groß gezogen. Aber dann ist alles anders geworden. Da wollte man mich töten.«
Wir glaubten ihr. Außerdem hatte mich Godwin de Salier gut informiert. Von unterwegs noch hatte ich mit ihm telefoniert. Ich wusste jetzt alles und hatte dieses Wissen auch an Suko weitergegeben. Jetzt mussten wir nur das Beste daraus machen, was bestimmt nicht einfach werden würde.
Wir hatten uns eigentlich hier verabredet. Aber im Moment hielten wir uns noch allein auf. Der Templer hatte sich wohl verspätet. Was er genau vorhatte, war uns nicht bekannt. Er hatte allerdings von dem bewussten Brunnen gesprochen und von einer Überraschung. Sie sollte in einem Zusammenhang mit der Hölle stehen.
Suko lächelte knapp. »Sehr schöne Gegend, John. Aber wir sind nicht hier erschienen, um uns die Landschaft anzuschauen. Was machen wir? Hast du einen Vorschlag?«
»Ich muss mit Godwin sprechen. Er hat mir zwar einiges erzählt, mir aber nicht gesagt, wo er sich aufhält. Ich werde ihn anrufen, dann sehen wir weiter.«
So weit kam es nicht, denn mein Handy meldete sich. Und es war der Templer, der mich sprechen wollte.
»Gratuliere«, sagte er nur.
»Wozu?«
»Dass ihr es geschafft habt.«
»Aha. Du siehst uns also.«
Er lachte. »Ja, ihr seid ja nicht zu übersehen. Ich bin in einer Minute bei euch. Bleibt auf dem Parkplatz.«
»Ist okay.«
»Kommt er, John?«
»Ja. Es dauert nur eine Minute.«
»Sehr gut«, sagte Suko.
Auch Sarah Winter hatte mitbekommen, dass sich etwas verändert hatte. Sie wirkte plötzlich aufgeregt und bekam einen roten Kopf. Als sie zu lächeln versuchte, wirkte es gequält. Wahrscheinlich lagen ihr Worte auf der Zunge, die sie nicht wagte, auszusprechen.
»Keine Sorge, das schaffen wir«, tröstete ich sie.
»Möglich. Aber versetzen Sie sich mal in meine Lage, Mister Sinclair. Ich stehe plötzlich einem Menschen gegenüber, den ich eigentlich aus meinem ersten Leben kennen muss, an den ich mich jedoch nicht erinnern kann, denn das ist alles weg. Nur bei der Rückführung stand alles so klar und deutlich vor meinen Augen. Und jetzt wird er vor mir stehen. Das zu verkraften ist nicht leicht.«
»Das glaube ich Ihnen. Doch ich kann Ihnen versichern, dass Godwin de Salier ein Mann ist, auf den Sie sich verlassen können. Bei ihm müssen Sie auch nicht davon ausgehen, dass er damals sein erstes Leben geführt hat. Er ist aus der Vergangenheit durch eine Zeitschleife oder einen Zeitriss geholt worden. Er sieht also aus wie früher, was bei Ihnen ja nicht der Fall ist.«
»Ich glaube Ihnen, John, aber es ist trotzdem für mich etwas, das ich nicht begreifen kann.«
»Sie werden es überstehen.«
»Danke, dass Sie mir Mut machen wollen.«
Ich hörte Sukos leisen Ruf und sah dorthin, wo sich die Klinik befand. Zwei Männer bekamen wir zu Gesicht. Der eine war uns bekannt, Freund Godwin de Salier. Den Begleiter
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