1724 - Die Heilige der Hölle
ich.
»Gerold wundert sich.«
»Und warum?«
»Weil niemand gekommen ist, um nach uns zu schauen. Das ist für ihn schon ungewöhnlich.«
»Sind die Mönche so neugierig?«
»Nicht neugieriger als jeder andere Mensch auch. Aber sie leben hier recht einsam, und wir haben uns ja nicht herangeschlichen. Man muss uns gehört haben.«
Da konnte ich nicht widersprechen und hörte Sukos Frage, die Godwin beantworten musste, denn der Pater war einige Schritte vorgegangen und hörte den Inspektor nicht.
»Weißt du denn, wie viele Mönche hier noch leben?«
»Wenige. Ohne den Pater sind es noch fünf.«
»Und welchem Orden gehören sie an?«
»Das ist so eine Sache. Es ist keiner der bekannten Orden. Sie leben in einer Gemeinschaft, die sehr traditionell ist, eher konservativ. Mehr weiß ich auch nicht.«
»Das muss auch reichen.«
Es wurde Zeit, dass wir uns innen umschauten. Sarah Winter ging zwischen Suko und mir. Sie war mit sich selbst beschäftigt und flüsterte etwas vor sich hin, was ich nicht verstand. Es war klar, dass sie Probleme hatte.
»Keine Sorge«, beruhigte sie auch Suko. »Wir sind und bleiben immer bei Ihnen.«
»Das ist es nicht«, sagte sie.
»Was dann?«
Sie hob die Schultern. »Ich kann es nicht genau sagen, fürchte aber, dass wir eine böse Überraschung erleben könnten.«
Es waren nur noch ein paar Schritte, bis wir den Eingang erreichten. Kein breites Tor, sondern passend zu diesem Bau, an dessen Fassade Pflanzen hochrankten.
Ich wunderte mich schon darüber, dass Godwin de Salier und der Pater nicht weitergegangen waren, und als wir sie passieren wollten, hörten wir die leise Stimme des Templers. »Bitte nicht.«
Wir hielten an. Er sah unsere fragenden Blicke und sagte: »Gerold möchte nicht, dass wir das Haus schon jetzt betreten.«
»Warum?«, fragte Suko.
»Er hat ein ungutes Gefühl.«
»Mit oder ohne Grund?«
»Für ihn wohl mit. Er kann ihn nur nicht konkretisieren. Das ist das Problem. Etwas stört ihn. Er spürt eine andere Atmosphäre, die ihm unbekannt ist.«
»Und er bildet sich nichts ein?«, wollte ich wissen.
»Nein, wohl nicht. Auch wenn er das Kloster schon lange verlassen hat, denke ich, dass er recht hat.«
Nun ja, es blieb uns nichts anderes übrig, als auf sein Zeichen zu warten.
Dann hörten wir die Stimme des Paters. Sie klang schon leicht zittrig.
»Ich weiß nicht, was es ist, aber das Kloster strahlt etwas Feindliches aus. Wir sind alles andere als willkommen. Ich wundere mich auch darüber, dass keiner meiner Mitbrüder erschienen ist.«
»Haben sie das Kloster eventuell verlassen?«
»Nein, Godwin. Oder doch? Ich bin mir nicht sicher. Es kann auch etwas Fremdes eingekehrt sein.«
»Kannst du das konkretisieren?«
»Dazu bin ich nicht in der Lage. Ich spüre nur eine tiefe Furcht in mir.«
Das hörte sich alles nicht gut an. Aber wir konnten auch nicht umkehren.
»Ich möchte vorschlagen, dass ich den Anfang mache«, sagte ich. »Ich gehe als Erster hinein, vorausgesetzt, die Tür ist nicht verschlossen.«
»Das war sie eigentlich nie«, sagte der Pater.
»Dann gehe ich mal los.«
Im Gegensatz zu Pater Gerold spürte ich nichts, abgesehen von einem alten Geruch, den das Gemäuer abgab.
Ich ging die letzten Schritte, dann hatte ich die Tür erreicht. Sie bestand aus dickem Holz, das eine dunkelbraune Farbe angenommen hatte. Ein leicht modriger Geruch drang in meine Nase. Die Klinke sah aus, als würde sie bei der ersten Berührung abfallen.
Ich legte meine Hand darauf und spürte das kalte Eisen. Die Klinke ließ sich leicht herunterdrücken. Ich zerrte daran und konnte die Tür aufziehen. Das überraschte mich.
Hinter mir hörte ich die Stimme des Paters. Was er sagte, verstand ich nicht.
Ich zog die Tür weit auf und schaute in das Dunkel dahinter. Schon von außen war mir aufgefallen, dass die Fenster nicht besonders groß waren. Deshalb drang auch nicht viel Licht nach innen.
Ich drehte mich um und hob die Schultern. »Ich werde ein paar Schritte hineingehen und mal schauen, ob sich etwas tut.«
Der Templer nickte. »Tu das, John.«
Auch Suko stimmte zu. Er und Sarah Winter standen dicht beisammen.
Ich wollte nicht länger warten, trat in das graue Dunkel hinein und hörte unter meinen Füßen ein leises Knirschen. Aber das störte mich ganz und gar nicht.
Etwas anderes jagte mir einen Schauer über den Rücken.
Mein Kreuz meldete sich so heftig, dass ich an meiner Brust einen stechenden Schmerz
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