1724 - Die Heilige der Hölle
kannten wir nicht. Er war kleiner als Godwin, und als sie sich uns näherten, da erkannten wir ihn besser. Es war ein Mönch, denn er trug eine Kutte.
Wenig später lagen wir uns in den Armen. Godwin, Suko und ich waren froh, uns gesund zu sehen. Mir fiel auf, dass der Templer übernächtigt aussah.
Godwin stellte uns seinen Begleiter vor. Es war der Pater Gerold, durch den praktisch alles ins Rollen gekommen war, der seine Visionen gehabt hatte und deshalb von seinen Mitbrüdern in die Klinik gebracht worden war. Er stand voll und ganz auf Godwins Seite. Vom Alter her hätte er sein Vater sein können.
»Ich habe ja einiges von Ihnen beiden gehört«, sagte der Pater. »Sie kämpfen gegen das Böse.«
»Wir versuchen es«, meinte Suko.
»Bitte, stellen Sie Ihr Licht nicht unter den Scheffel. Was Sie leisten, ist schon ungewöhnlich.«
Suko winkte ab. »Wenn Sie das sagen, will ich Ihnen mal glauben.«
Die beiden unterhielten sich miteinander, während der Templer sich umgedreht hatte und auf Sarah Winter zuging.
Es war eine Begegnung der besonderen Art. Beide schauten sich fest an, aber Sarah schaffte es nicht, den Blick zu halten. Sie senkte den Kopf und schaute zu Boden.
»So sehen wir uns also wieder«, sagte der Templer, »ich freue mich wirklich darüber.«
»Meinen Sie das ehrlich?«
»Ja. Ich weiß jetzt, was damals passiert ist, und möchte mich dafür entschuldigen, dass ich Sie nicht gerettet habe. Aber das war schlecht möglich, denn ich stand allein, und ich muss ehrlich zugeben, dass Sie zur anderen Seite gehörten. Sie waren eine besondere Heilige oder sind dazu gemacht worden. Zu einer Heiligen der Hölle.«
Sarah Winter zuckte zusammen, als sie den Begriff hörte. Das war schon hart, aber es hatte keinen Sinn, sich etwas vorzumachen.
Sie gab auch eine Antwort. »Es ist jetzt noch irgendwie vorhanden. So wie ein alter Fluch, den ich loswerden will. Ich kann und will nicht länger damit leben. Ich habe das Gefühl, ein Tor aufgestoßen zu haben, das ich nicht mehr schließen kann. Und dass ich etwas gutzumachen habe, wobei ich hoffe, dass ich es schaffe, denn ich weiß jetzt, dass die Vergangenheit nicht tot ist. Sie hat sich nur versteckt gehalten und jetzt kehrt sie zurück.«
Godwin nickte. »Ja, das kann ich nachvollziehen. Wer nie etwas mit diesen Dingen zu tun gehabt hat, für den ist es schwer, das alles zu akzeptieren. Aber ich denke, dass wir es gemeinsam schaffen können.«
Sarah Winter hatte aufgepasst. »Es hat sich angehört, als ginge es weiter.«
»Ja, das ist so. Leider, Sarah. Es ist noch nicht zu Ende.« Zuletzt hatte er etwas lauter gesprochen und mir einen Blick zugeworfen. Ich wusste, was er damit meinte.
Godwin war in der letzten Nacht losgegangen und hatte den Brunnen gefunden. Dort hatte er dann die Fratze des Teufels auf dem Wasser schwimmen sehen. Für uns beide war das ein Beweis, dass die Hölle nicht aufgegeben hatte.
Ich sah das nicht als eine Überraschung an, denn der Teufel vergaß nichts. Nicht seine Siege und auch nicht seine Niederlagen. Hier wartete er auf einen günstigen Zeitpunkt, um seine Akzente zu setzen. Eine Duftmarke hatte er bereits hinterlassen.
Er ging nicht näher auf die nächtliche Entdeckung ein, weil er Sarah Winter nicht beunruhigen wollte. Außerdem mussten wir endlich in die Gänge kommen, und ich glaubte daran, dass Pater Gerold eine wichtige Rolle dabei spielte.
Am besten wusste Godwin de Salier Bescheid, und ich sprach ihn auf dieses Thema an.
»Du hast recht, John. Er ist wichtig. Ich denke, dass er uns einen Schritt weiterbringen kann. Wir werden gemeinsam mit ihm das Kloster besuchen, in dem Sarah Winter damals als Bettina gelebt hat.«
»Und weiter?«
Godwin senkte den Blick. »Ich habe ein böses Gefühl. Das hat mich in der letzten Nacht erfasst, als ich den Brunnen besuchte und die bleiche Fratze im Wasser sah. Es war für mich so etwas wie eine Vorankündigung auf das Böse. Es ist nicht vorbei. Es fängt wieder an. Der Teufel vergisst nichts. Und er vergisst vor allen Dingen nicht mich, denn ich bin ihm damals entwischt. Alle anderen hat er in seinem Höllenfeuer verbrannt. Er hat fürchterliche Rache genommen. Nur ich bin ihm entkommen, und das kann er sich nicht durchgehen lassen. Er wird versuchen, es zu Ende zu bringen.« Godwin hob die Schultern. »Mal sehen, was er sich ausgedacht hat.«
Ich runzelte die Stirn, bevor ich die Antwort gab. »Wichtig ist der Brunnen. Wäre es nicht besser, wen wir ihn uns
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