1724 - Die Heilige der Hölle
dabei auf der Stelle.
Ich wusste, was in ihr vorging. Sie suchte nach irgendwelchen Auffälligkeiten, die ihr möglicherweise von ihrem ersten Leben als Bettina in Erinnerung geblieben waren.
Nach einer Weile nahm sie den Kopf wieder herunter und schüttelte ihn zugleich. »Es ist nichts«, sagte sie, »gar nichts. Ich spüre keine Verbindung. Ich kann mich auch nicht erinnern.«
»Und Sie wollen auch keine Rückführung mehr?«
»Nein, Mister Sinclair. Auf keinen Fall. Ich will nur, dass das alles ein Ende hat. Vorher möchte ich noch wissen, warum das gerade jetzt alles auf mich zugekommen ist. Ich war ja völlig unvorbereitet.«
»Gut, das haben wir verstanden.« Ich wollte noch etwas hinzufügen, aber Godwin kam mir zuvor.
»Wir werden das Kloster durchsuchen.« Mit den nächsten Worten wandte er sich an den Pater. »Ich denke, dass Sie ein guter Führer für unsere Gruppe sind.«
»Und wie«, sagte er mit spröder Stimme.
Ich wollte noch was von Godwin wissen. »Wie sieht es bei dir aus? Hast du irgendeine Erinnerung?«
Er pustete die Atemluft aus. »Nein«, gab er zu. »Ich habe das Kloster nicht von innen gesehen. Für mich ist es unbekanntes Terrain.«
»Okay.« Von Gerold wollte ich wissen, wo die Räume lagen, in denen sich die Mönche aufgehalten hatten.
»Alle oben.« Er drehte sich. »Hier unten sind nur die Küche und der Betraum.«
»Aha. Keine eigene Kirche.«
»So ist es. Sie wurde nicht gebaut.«
»Dann sollten wir uns die als Erste vornehmen«, schlug der Templer vor.
»Oder uns teilen«, meinte Suko. »Ich gehe mit Sarah Winter und dem Pater nach oben, ihr nehmt euch den Betraum vor und kommt dann nach. Einverstanden?«
Wir hatten nichts dagegen und trennten uns.
Sarah Winter musste sich wieder an Suko festhalten. Sie litt am meisten, und ich fragte mich, ob sie nicht doch etwas verspürte oder am Ende sogar wusste. Nur wollte ich sie jetzt nicht mit irgendwelchen Fragen belästigen und schaute ihnen nach, wie sie die breite Steintreppe hoch gingen.
Godwin blickte mich an. »Hat dich das Kreuz erneut gewarnt?«
»Nein, nicht mehr.«
»Und? Wie lautet dein Kommentar?«
»Dass wir trotzdem noch einige Überraschungen erleben werden«, erwiderte ich.
Da erntete ich keinen Widerspruch.
Der Pater hatte uns noch kurz erklärt, wohin wir zu gehen hatten, um den Betraum der Mönche zu erreichen. An der Treppe mussten wir vorbeigehen und gelangten in einen Teil des Klosters, in dem es noch düsterer war, weil die Fenster hier noch kleiner waren.
Die Tür zum Betraum oder zur kleinen Kapelle war trotzdem nicht zu übersehen. In das Holz geschnitzt sahen wir etwas Dunkles, das sich von seinem Hintergrund abhob. Beim Näherkommen erkannten wir zweierlei. Wir nahmen einen schwachen Brandgeruch wahr und entdeckten auch einen dunklen Umriss im Holz.
Es stammte von einem Kreuz, das mal auf der Tür befestigt gewesen war. Jetzt nicht mehr. Nur noch schwarze Reste waren übrig, die wie schwarze Asche wirkten. Die Umrisse selbst waren geblieben, das Kreuz war verbrannt worden.
Ohne uns abgesprochen zu haben, blieben wir stehen, und Godwin fragte leise: »Was ist hier passiert?«
»Das werden wir gleich sehen. Wir können uns darauf einrichten, dass wir noch einige Überraschungen erleben.«
Die Distanz war rasch überwunden. Ich erreichte die Tür zuerst und umfasste die Klinke. Drücken ließ sie sich nicht mehr. Aber ich konnte die Tür aufziehen.
Und dann weiteten sich meine Augen. Zudem verstärkte sich der Brandgeruch, und das hatte seinen Grund.
Wir standen tatsächlich in einem kleinen Kirchenraum. Es hatte auch Bänke gegeben, ich sagte bewusst hatte. Sie waren zwar noch vorhanden, aber auch sie waren einem Feuer zum Opfer gefallen und verkohlt.
Ich hörte Godwin flüstern und achtete nicht auf seine Worte. Ich ging um die verkohlten Bänke herum, die keinen kalten Brandgeruch mehr abgaben. Sie schienen schon länger vom Feuer vernichtet worden zu sein.
Ich klopfte mit der Hand darauf, und schon fiel der Rest knisternd zusammen, erst dann entdeckte ich den Altar. Er war nicht verbrannt. Er bestand aus Stein, doch auf ihm lag etwas, das verbrannt war. Ich war noch zu weit weg, um den Gegenstand erkennen zu können, und setzte meine kleine Lampe ein.
Der Strahl war stark genug, um das Ziel aus dem Dämmerlicht zu reißen. Mein Herz klopfte schneller. Ich hatte irgendwie damit gerechnet, doch als ich es mit meinen eigenen Augen sah, da war ich doch geschockt, denn auf dem Altar
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