1724 - Die Heilige der Hölle
Zeiten zusammen. Ich kann nichts dagegen tun. Ich muss immer daran denken, wie ich ertränkt wurde. Bei der Rückführung habe ich gespürt, was es bedeutete. All die Todesangst. Diese Männer kannten keine Gnade, und das ist sehr schlimm gewesen.«
»Wir werden es schaffen, keine Sorge.«
»Ja, ich vertraue Ihnen. Das muss ich ja, und ich bin auch froh darüber, dass ich es mit gutem Gewissen kann.«
Die Treppe war leicht gebogen und am Ende erwartete sie der Pater. Er stand am Beginn eines Flurs, links lagen die einzelnen Zellentüren. Sie waren ebenso grau wie das Gestein.
Die Mauerseite wurde von schmalen Fenstern unterbrochen, die Schießscharten glichen. Der Blick ins Freie war schon recht eingeengt.
Gerold musste einfach lachen, es klang hart und auch abweisend. »Wenn ich mir vorstelle, dass ich hier Jahre meines Lebens verbracht habe, kann ich direkt froh sein, dass man mich in eine Klinik gebracht hat. Das Krankenzimmer war ein Paradies im Vergleich zu diesen Zellen.«
Um den Beweis anzutreten, zog er die erste Tür auf. »Das war meine Zelle.«
Suko und Sarah Winter traten heran. Auf der Schwelle stehend warfen sie einen Blick in den Raum, der mehr als karg war. Ein Tisch, ein Bett, ein Regal.
»Wie kann man sich hier nur wohl fühlen und es so lange aushalten?«, flüsterte Sarah.
»Sie haben recht. Das frage ich mich jetzt auch. Aber letztendlich habe ich durch meine Visionen etwas bewirkt und uns zusammen geführt. Oder?«
Suko nickte.
»Dann schauen wir mal in den anderen Zellen nach«, schlug der Pater vor.
»Rechnen Sie noch immer damit, die Mönche zu finden?«
Gerold schaute den Inspektor an. »Irgendwo müssen sie doch sein«, lautete die ausweichende Antwort.
Sie waren auch da. Das sahen sie, als Gerold die nächste Tür öffnete. Die Zellen hatten kein Fenster, und trotzdem war zu erkennen, was hier passiert war.
Diese Zelle war besetzt.
Und zwar von einem Toten. Sein verbrannter Leichnam hing von einem Seil nach unten.
Da war es mit Sarahs Beherrschung vorbei. Sie presste ihre Hände gegen ihre Schläfen und schrie gellend auf …
***
Auch Godwin und ich hatten das Schreckliche gesehen. Allerdings nur in einer Zelle. Auch die anderen waren von verbrannten Toten belegt, und erst jetzt wurde Pater Gerold so richtig klar, welches Glück er gehabt hatte. Es war schwer für ihn, dies zu fassen. Er war in den Gang getaumelt, lehnte dort mit dem Rücken an der Wand und musste das Schreckliche erst mal verdauen.
Suko, Godwin und ich hatten uns die Leichen angeschaut. Sie waren alle auf die gleiche Art und Weise ums Leben gekommen. Ein Feuer hatte sie verbrannt. In mir stiegen Zweifel hoch, ob es sich dabei um ein normales Feuer gehandelt hatte. Ich ging davon aus, dass es ein Höllenfeuer gewesen sein musste.
Der Teufel hatte nicht nur seine Hand im Spiel, ich ging davon aus, dass er hier Regie führte, und das war etwas, über das ich mir schon Sorgen machte.
Godwin schloss sich meiner Meinung an, während Suko sich um Sarah Winter kümmerte.
»Die Hölle hat aufgeräumt. Sie macht den Weg fürs Finale frei«, sagte der Templer. »Vermutlich werden wir noch einige Überraschungen erleben.«
Dem wollte ich nicht widersprechen, fragte aber nach, ob er eine Vorstellung davon hatte.
»Nein.« Seine Augen verengten sich. »Aber ich nehme an, dass Bettina dabei eine große Rolle spielt.« Er hob die Schultern. »Und das kann Sarah Winter nicht gefallen. Ich hoffe nur, dass sie daran nicht zerbricht.«
»Woran denkst du genau?«
»Dass diese Bettina zwar ertränkt, aber trotzdem noch irgendwie existiert.«
»Damit rechne ich auch. Sie ist der böse Geist, der hier herumirrt und sich erst zeigen wird, wenn er es für nötig hält.«
Ich fügte nichts mehr hinzu, sondern schaute noch mal in die alten Zellen hinein. Die Mönche waren alle verbrannt. Einen hatte man an einem Holzbalken aufgehängt. Eine dritte Gestalt hockte als schauriges Bild in einer Zellenecke, die anderen beiden Körper lagen auf dem Boden. Einer dicht vor dem Bett, der anderen nahe der Tür.
Ich schloss die letzte Tür, um mich auf den Weg nach unten zu begeben, wo ich auf meine Verbündeten treffen würde. So befand ich mich allein auf dem Gang. Es war still um mich herum, und ich empfand die Stille schon als seltsam. Plötzlich war ich froh, dass ich das Kreuz in Griffweite in meine Tasche gesteckt hatte. Es war zwar keine Gefahr zu sehen, doch ich hatte das unbestimmte Gefühl, dass in meiner Nähe einiges
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