1734 - Hexenhand
um ihn zu beruhigen.
»Es ist vorbei!«, sprach ich ihn an. »Haben Sie gehört? Es ist vorbei!«
Er nickte. Nur sein Flackerblick blieb, und ich sprach ihn noch mal an.
»Sie müssen keine Angst mehr haben. Diese Person ist weg.«
Meine Worte erzielten zumindest einen Teilerfolg. Er schaute mich an und schluckte. Dann stammelte er ein paar Worte und formulierte sie zu einem leise gesprochenen Satz.
»Sie hatte grünes Feuer auf der Hand.«
»Das stimmt.«
»Und dann habe ich gebrannt.« Er gab Laute von sich, die zwischen Schluchzen und Lachen schwebten. Wie eine Kralle umfasste mich seine Hand am Unterarm. »Was ist das gewesen?«
Ich wusste es, doch ich gab ihm keine Antwort. »Lassen Sie es gut sein. Es ist vorbei. Sie müssen sich nicht mehr aufregen. Sie haben es überstanden.«
»Aber ich habe der Person nichts getan, und warum habe ich nicht mehr weiter gebrannt?«
Ich wollte die Antwort für mich behalten und nickte ihm zu. »Es ist alles gut.«
Zum Glück war diesmal nichts passiert. Das große Chaos war nicht eingetreten. Es gab keine Toten, aber dieser Vorfall war nicht normal, und deshalb fuhr der Zug auch nicht weiter. Hinter meinem Rücken hörte ich die Stimmen der Männer hallen, was mir wiederum klarmachte, dass sich der Wagen mittlerweile geleert hatte.
Ich drehte mich um. Die Sicherheitsleute stürmten auf uns zu. Zeit für lange Erklärungen gab es nicht, und so hielt ich den beiden meinen Ausweis entgegen. Sie sagten nichts, stoppten, lasen und starrten mich danach an. Einer übernahm das Wort.
»Wir sind alarmiert worden, weil es hier gebrannt haben soll. Wo sind die Spuren? Können Sie etwas Genaueres sagen, Mister Sinclair?«
»Es war kein normales Feuer.«
»Aber wir haben Zeugen und...«
»Es ist gelöscht!«
Sie sagten nichts mehr, und ich hoffte, dass auch der junge Mann den Mund hielt. Meine Gedanken bewegten sich in eine ganz andere Richtung. Jetzt, wo der Wagen fast menschenleer war, hatte ich einen freien Blick. Ich schaute bis zum anderen Ende hin, wo ich eigentlich meinen Freund und Kollegen Suko hätte sehen müssen.
Das war leider nicht der Fall, denn Suko war verschwunden...
***
Suko befand sich in einer Zwickmühle. Er wusste nicht, ob es gut gewesen war, die Stellung in diesem Teil des Wagens zu halten. Aber wenn es tatsächlich mal brennen sollte, war John Sinclair der Einzige, der das Feuer löschen konnte. Und so war es schon nicht schlecht, wenn er an seinem Platz blieb.
Er verfolgte den Weg des Geisterjägers, der seine Probleme hatte, sich voran zu bewegen. Immer wieder musste er Leute zur Seite drängen, um an sein Ziel zu gelangen.
Der Wagen fuhr weiter und näherte sich der nächsten Station. Noch war nichts passiert, und Suko hoffte, dass es auch so bleiben würde.
Es blieb nicht so.
Der Zug hatte seine Fahrt schon verlangsamt, als das eintrat, was Suko befürchtet hatte.
Von John Sinclair hatte er hin und wieder den Rücken gesehen, das war jetzt vorbei. Dafür flackerten die grünen Flammen auf und erinnerten an zuckende Lichter.
Dann gellten die ersten Schreie.
Der Zug rollte in die Station ein und stoppte. Türen öffneten sich. Das Feuer war nicht unbemerkt geblieben, und die Menschen waren in Panik geraten. Jeder wollte so schnell wie möglich raus auf den Bahnsteig, und auch in Sukos Nähe, wo sich die offene Tür befand, drängten sie ins Freie. Das bekam auch Suko zu spüren. Er konnte sich nicht gegen die Menschen stemmen. Er wurde von den Körpern regelrecht auf den Bahnsteig gespült, eine freie Sicht war ihm im Moment verwehrt.
Trotzdem behielt Suko den Überblick. Er sah es als gar nicht mal so schlecht an, von dem Wagen weg zu sein. Hier hatte er den besseren Überblick, und er glaubte nicht daran, dass sich Sandrine noch im Zug aufhielt.
Gegen einen Teil der Menge kämpfte sich Suko zum anderen Ende vor. Um ihn herum schrillten Stimmen. Das Wort Feuer wurde immer wieder gerufen. Das Sicherheitspersonal war bereits unterwegs. Pfiffe schrillten aus Trillerpfeifen, und innerhalb weniger Sekunden herrschte auch vor dem Zug das Chaos.
Suko kämpfte sich durch. Er wusste genau, wie die Frau gekleidet war, und suchte sie. Es war nicht einfach, denn die Menschen wussten nicht, wohin sie rennen sollten, und Suko wurde immer wieder der Blick genommen. Er verschaffte sich freie Bahn und suchte instinktiv den Weg zum Ausgang, auch vorbei an den Sperren und den kleinen Leseterminals für die Fahrkarten. Viele Menschen hatten diese
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