174 - Jennifers Verwandlung
Gefühlen, die sie in ihrer Brust trug.
Llewellyn Spacek hatte Kolumban persönlich abgeholt. Er war ein sehr ehrgeiziger Mann, der seinen Beruf (so makaber das auch klingen mag) liebte, und dem nichts mehr am Herzen lag als zufriedene Kunden.
Wir fanden uns in Lance Selbys Haus ein. Jedesmal wenn ich Chrysa ansah, brach es mir fast das Herz.
Sie hatte gehofft, von nun an ein glückliches Leben an Kolumbans Seite führen zu dürfen. Irgendwo hatte sie mit ihm in Frieden leben wollen, aber das Schicksal hatte es den beiden nicht gegönnt.
Chrysas braune Augen strahlten nicht mehr; sie waren stumpf geworden - die Lebensfreude war dahin.
Wahrscheinlich fragte sich die weiße Hexe nun immerzu, wofür sie eigentlich lebte.
Wir waren alle sehr nett zu ihr und bemühten uns, sie zu trösten. Wir hofften, ihr mit der Zeit ein kleiner Ersatz für Kolumban sein zu können.
Was von uns kam, konnte jedoch nur dann Früchte tragen, wenn Chrysa bereit war, es anzunehmen.
Um 14 Uhr verließen wir Lance Selbys Haus und stiegen in die Fahrzeuge.
In meinem Rover saßen Vicky Bonney, Roxane, Mr. Silver und Chrysa, die sich immer wieder geräuschvoll die Nase putzte.
»Das Leben geht weiter, Chrysa«, sagte Mr. Silver. »Das klingt abgedroschen, aber nach einer gewissen Zeit, wenn du Abstand gewonnen hast, wirst du erkennen, daß es wahr ist. Du mußt versuchen, wieder Freude am Leben zu finden. Nicht gleich, aber so nach und nach. Was wir dazu beitragen können, werden wir tun. Du bist nicht allein, dessen solltest du dir immer bewußt sein.«
Die weiße Hexe nickte langsam. »Ich danke dir. Ihr seid mir in dieser schweren Stunde alle eine große Hilfe.«
Auf dem Brompton Cemetery gingen wir dann hinter einem schneeweißen Sarg her. Wir waren eine kleine, überschaubare Trauergemeinde, die Kolumban das Letzte Geleit gab.
Unser Freund Pater Severin betete für das Seelenheil des Mannes, der Chrysa das Leben gerettet hatte.
Llewellyn Spacek stand in der Nähe und achtete darauf, daß die Trauerfeier reibungslos verlief. Zwei Bestattungsleute hielten ein Gefäß mit Erde, in der eine kleine Schaufel steckte, bereit.
Wir würden später, wenn man den Sarg in den düsteren Erdschacht versenkt hatte, ein paar Erdkrümel draufstreuen - eine symbolische Handlung, die auf der Welt weit verbreitet ist.
Pater Severin trat zurück, und Llewellyn Spacek gab seinen Angestellten ein kaum merkliches Zeichen, worauf diese den Sarg langsam in die Tiefe sinken lassen wollten.
»Halt!« sagte plötzlich Chrysa.
Sie verwirrte die Männer damit. Beide warfen ihrem Chef einen fragenden Blick zu.
Spacek kam zu uns, ein Mann Mitte 50, mittelgroß, unscheinbar. Wenn es so etwas wie einen typischen Bestattungsunternehmer gibt, dann war er das.
Devot und leise erkundigte er sich nach Chrysas Wünschen.
»Ich möchte Kolumban noch einmal sehen«, verlangte die weiße Hexe.
Llewellyn Spacek nickte verständnisvoll und gab seinen Leuten mit einem eleganten Handzeichen zu verstehen, daß sie Chrysas Wunsch erfüllen sollten.
Mit behandschuhten Fingern öffneten die Angestellten die Messingverschlüsse.
Ein eisiger Wind jagte über den großen Friedhof und schüttelte die blattlosen Baumkronen.
Ich stand neben Chrysa und beobachtete sie aufmerksam. Sie zitterte merklich, und ihre Wangen waren blaß, aber sie wollte nicht darauf verzichten, einen letzten Blick auf Kolumban zu werfen.
Ich war bereit, sie zu stützen, falls es zuviel für sie werden sollte. .
Sie preßte die Lippen fest zusammen und atmete schwer.
Insgesamt vier Verschlüsse hielten den Sargdeckel. Sobald sie offen waren, klappten die Angestellten des Beerdigungsinstituts »Ewiger Friede« den Deckel hoch, und ein bestürzter Schrei entrang sich Chrysas Kehle.
Wir sahen alle, warum: Der Sarg war leer!
***
Allmählich kam Adroon wieder zu Kräften. Er betrachtete den leblosen Schlangenleib und lachte laut.
»Der Bessere hat gesiegt!« tönte er. »Und nun wirst du gefressen, damit deine Kraft auf mich übergeht.«
Er erhob sich und nahm seinen Speer, der ihm wertvolle Dienste geleistet hatte, auf. Ohne diese Waffe und sein Wissen um wirksame Dämonenworte hätte er diesmal keine Chance gehabt.
Er war stolz auf seinen Triumph über die doppelköpfige Satansschlange. Kraftvoll rammte er den Speer in den sandigen Boden und zog den schmucklosen, primitiven Dolch aus dem Gürtel. Er begab sich zur Schlange und setzte den Dolch an, um so viel davon abzuschneiden, wie er tragen
Weitere Kostenlose Bücher