1741 - Die Shanghai-Falle
geschoben hatte. Sie war nicht breiter als zwei Finger.
Shao und Suko starrten in die Augen und auch auf das schmale Maul, durch das sich immer wieder die Zunge schob. Wie lang der Körper genau war, sahen sie nicht, denn sie hatte sich noch nicht ganz durch die Lücke zwischen den Sitzen geschoben. Ihr Ziel stand fest, und Suko gab seiner Partnerin mit einer Handbewegung zu verstehen, dass sie sich nach links bewegen sollte, um sich gegen die Tür zu drücken. Dort war sie am weitesten von dem Reptil entfernt.
Suko blieb ruhig. Hektische Bewegungen waren fehl am Platze. Die Schlange würde nur gereizt werden und noch schneller reagieren. Eine gewisse Zeitspanne brauchte Suko noch. So schnell er seine Beretta auch sonst zog, in diesem Fall ging er sehr langsam vor. Seine Hand glitt im Zeitlupentempo in die Nähe der Waffe, und er fühlte sich besser, als er sie zog.
Mittlerweile hatte die Schlange die Entfernung verkürzt. Sie war etwas nach unten gesunken, aber sie wollte ihre Opfer im Blick haben und richtete den vorderen Teil des Oberkörpers wieder auf.
Suko war etwas nach links gerutscht. Er hatte sie jetzt genau im Blick.
Sie ihn auch!
Das wollte er. Einen Fehlschuss konnte er sich nicht erlauben, und er musste schon die Nerven bewahren und sehr ruhig sein, um den Kopf des Tiers treffen zu können.
Jetzt war die Entfernung ideal.
Suko feuerte.
Er hatte es geschafft und die Waffe nicht verrissen. Die Kugel jagte in den Kopf der Schlange und zerfetzte ihn, der Rest des Körpers wurde zurück in die Enge zwischen den Sitzen gestoßen und war zu einem zuckenden Bündel geworden, dessen Bewegungen sehr bald erstarben.
Shao stöhnte auf. »Ein Meisterschuss. Gratuliere.«
Suko winkte ab. »Halb so wild. Jedenfalls wissen wir jetzt, was wir von unserem Fahrer zu erwarten haben.«
»Das ahnte ich schon.« Shao rückte wieder näher an Suko heran. »Und wie könnte es weitergehen?«
»Keine Ahnung. Entweder kehrt der Fahrer zurück oder er lässt alles, wie es ist.«
»An die letzte Möglichkeit glaube ich nicht.«
»Ich auch nicht, Shao. Er wird sicherlich kommen, und dann sehen wir weiter.«
»Und so lange bleiben wir im Wagen sitzen?«
»Zwangsläufig. Ich rechne damit, dass die Luft ausreicht. Ansonsten werden wir uns bemerkbar machen.«
Noch bestand kein Grund zur Panik. Sie blieben im Auto, schauten durch die Fenster nach draußen, und diese nahe Welt kam ihnen plötzlich so weit entfernt vor.
Shao blickte auf die Uhr. »Wann wird er wohl kommen?«
»Keine Ahnung. Zu viel Zeit kann er sich nicht lassen. Der Stau wird sich auch mal auflösen.«
»Okay, die Schlange ist vernichtet. Jetzt weiß ich auch, warum der Karton auf dem Beifahrersitz stand.«
»Ja, und er war recht groß.«
Shao runzelte die Stirn. »Was meinst du damit?«
»Zu groß für eine Schlange.«
Shao begriff. Sie wollte sich in seine Nähe drücken und über die Lehne auf den Beifahrersitz schauen, aber das war nicht mehr nötig, denn abermals hörten sie die schabenden Laute und wussten plötzlich, dass die Schlange nicht allein gewesen war.
Zwei weitere waren zu sehen.
Die eine nahm den gleichen Weg wie die erste. Die zweite aber hatte sich an der Rückwand des Fahrersitzes in die Höhe geschoben und auch den Rand erreicht. Sie schlängelte sich bereits darüber hinweg und zielte mit ihrer vorderen Hälfte auf Sukos Gesicht.
Er musste schießen, warf aber einen Blick nach links auf die zweite Schlange.
Shao hatte sich wieder in die Ecke gedrückt. Sie starrte das Tier an, als wollte sie es hypnotisieren, was natürlich nicht möglich war.
»Ich denke, es wird Zeit, Suko.«
»Alles klar.« Er zielte bereits auf den Kopf. Diesmal war er noch näher dran.
Wieder krachte der Schuss. Plötzlich schien der Körper zu explodieren. Erneut flogen die Stücke durch den Wagen, aber darum kümmerte Suko sich nicht. Es gab noch die zweite Schlange. Sie war aggressiv geworden, sie griff Shao an, die blitzschnell ihr Bein angehoben und angewinkelt hatte.
Das Tier biss zu – und traf die Stiefelsohle, die für diesen Fall ausreichte. Einen Moment später schlug Suko mit der Waffe zu. Er traf mit dem Griff den Kopf des Reptils, drosch noch zweimal zu und zerschmetterte den Schädel. Den toten Körper fegte er mit einer Handbewegung zu Boden.
Plötzlich war es still. Keiner sprach mehr ein Wort. Shao war blass geworden. Nur ihre Atemzüge waren zu hören.
Suko stand auf. Er warf einen Blick auf den Beifahrersitz, wo noch immer
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