1743 - Die Templer-Gruft
schielte auch unter das Bett.
Ich ließ ihn gewähren und suchte selbst nach Spuren, die sein Mörder hinterlassen hatte. Auf dem ersten Blick fand ich nichts. Der Steinboden ließ keine Fußabdrücke zu, und eine Visitenkarte hatte der Mann auch nicht hinterlassen.
»John, da ist was!«
»Und?« Ich blickte auf Godwins Rücken. Er hatte sich gebückt und eine Hand unter das Bett gestreckt. Da hörte ich etwas knistern, und als sich Godwin normal hinstellte, hielt er ein zerknülltes helles Blatt Papier in der Hand.
»Was ist das?«
Er hob die Schultern. »Keine Ahnung.« Er faltete es auseinander und legte es auf den Tisch.
»Das ist eine Nachricht von unserem Toten.«
»Denke ich auch.« Ich nahm die Lampe zu Hilfe und leuchtete das Papier an. Ja, es war eine Botschaft. Und sie galt sicherlich uns. Wir lasen einen Namen auf dem Blatt, und es war der Name des Ortes hier.
Davon ausgehend sahen wir eine etwas krumme Linie, die zum Rand führte, ihn aber nicht erreichte, denn zuvor hatte der Zeichner einige Dreiecke gekritzelt.
»Das sind Berge, John.«
Ich drückte meinen rechten Zeigefinger auf das Papier, genau dorthin, wo ein Kreuz eingezeichnet war.
»Das ist das Ziel, Godwin.«
»Du meinst die Gruft?«
»Ja.«
Jetzt schauten wir genauer hin. Es war noch ein Kreuz zu sehen. Das gehörte zur Kirche, und von ihrer Hinterseite aus zog sich die Linie bis hinein in die Berge.
»Die Kirche, der Weg, das Ziel«, fasste ich zusammen. »Der Mann hat es noch vor seinem Tod aufzeichnen können, und die Skizze ist nicht entdeckt worden.«
»Glück gehabt.« Godwin bückte sich und schloss dem Toten die Augen. »Sie hinterlassen nur Tod und Verderben«, murmelte er. »Nichts hat sich zu damals verändert. Man muss sie stoppen und vernichten.«
»Wir kümmern uns erst mal um die Knochengruft und auch um die goldene Rüstung.«
»Das ist okay.«
Für den Geistlichen konnten wir nichts mehr tun. Er war in den tödlichen Sog hineingeraten.
»Lass uns gehen, John, denn ich will es endlich hinter mich bringen.«
Dagegen hatte ich nichts einzuwenden...
***
Es war kein Vergnügen, draußen in der Hitze zu stehen und Wache zu schieben. Suko nahm es trotzdem mit der für ihn schon typischen stoischen Gelassenheit hin. Er hatte sich nur einen Platz ausgesucht, der ihm einen kleinen Schatten bot. Die Sonne war gewandert, und erste Schatten breiteten sich aus. So auch in der Lücke zwischen zwei Häusern, die nahe der Kirche standen.
Das war Sukos Beobachtungsplatz geworden. Gestört wurde er nicht. Man sprach ihn nicht an, obwohl er gesehen worden war. Aber die Bewohner blieben zurückhaltend. Sie wollten keinen Ärger haben und hatten es zudem gelernt, vorsichtig zu sein.
Die vordere Seite der Kirche lag vor ihm. Wer immer hineinwollte, würde gesehen werden, und darauf setzte der Inspektor. Ob es noch einen zweiten Ausgang gab, wusste er nicht. Er hoffte nur, dass dem nicht so war.
Zwei Hunde liefen auf ihn zu und schnüffelten an seinen Beinen. Sie fanden nichts Aufregendes und verzogen sich bald, abgelöst wurden sie von einer Katze, die ebenfalls um Sukos Beine herumschlich. Sie miaute dabei, dann huschte sie wieder weg und verschwand in einem Haus.
Suko drehte sich hin und wieder um. Er brauchte die Bewegung, um nicht steif zu werden. Manchmal wehte ein schwacher Wind in die Gasse und brachte einen fauligen Geruch mit.
Vor der Kirche tat sich nichts. Suko ging davon aus, dass John und auch Godwin den Informanten getroffen hatten. Er hoffte zudem, dass sie die entsprechenden Auskünfte erhielten. Bisher hatte sich noch kein Killer sehen lassen.
Suko hätte gern mit den Bewohnern über die Assassinen gesprochen. Das ließ er bleiben. Er verstand die Sprache der Einwohner nicht und diese würden kaum die englische Sprache beherrschen.
Es lag auch eine fast beklemmende Stille über dem Ort. Suko fragte sich, ob das immer so war. Er konnte es nicht glauben. Auch in solchen einsamen Orten sprachen die Menschen miteinander, sie mussten auch mal aus ihren Häusern raus und irgendwelchen Tätigkeiten nachgehen. Das alles war hier nicht der Fall. Hier gab es nur die Stille, die Suko unnatürlich vorkam.
Es bestand auch die Möglichkeit, dass die Assassinen bereits hier gewesen waren. Möglicherweise nutzten sie die Bewohner als Verbündete und hatten dafür gesorgt, dass sie sich nicht rührten. Die Menschen hier in dieser Grenzregion waren sicherlich Drohungen und Gewalt gewohnt.
Die Stille hatte auch
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