1754 - Blutige Tränen
Zwischenkommentare, dann stellte er die für ihn alles entscheidende Frage.
»Lebt sie noch?«
»Ich kann es dir nicht sagen. Als ich sie ablieferte, war sie noch am Leben. Nur müssen wir uns darauf einstellen, dass die andere Seite nicht nur Bescheid weiß, sondern dass sie schon gehandelt hat und weiter handeln wird.«
»Was meinst du genau damit?«
»Ich kann es dir nicht sagen, Bill, aber sei wachsam. Lilian haben sie abfangen können. Ich gehe davon aus, dass sie auch auf Serena scharf sind.«
»Das heißt, sie werden ins Haus kommen.«
»Kann sein, muss nicht sein.«
»Danke für die Warnung, John. Und mal eine andere Sache. Hast du auch die Cavallo gesehen?«
»Nein, sie war nicht bei ihren Halbvampiren. Zumindest habe ich sie nicht entdeckt. Sie wird sich allerdings kaum zeigen, wenn sie weiterhin so schwach ist.«
»Dann wird sie die Vorhut geschickt haben. Danke für die Warnung, John. Gibst du uns Bescheid, wenn sich etwas Neues ergibt?«
»Auf jeden Fall.«
»Dann bis später.«
Ich wusste, dass es für die Conollys keine tolle Nacht werden würde, wahrscheinlich fand keiner von ihnen Schlaf, und mir würde es nicht anders ergehen.
Ich dachte darüber nach, wo ich die restlichen Stunden verbringen sollte. Ich konnte hier im Wagen bleiben und auf die Fassade der Klinik starren, ich konnte aber auch hineingehen und dort warten. Es war am besten, da war es auch warm.
Ich stieg aus. Auch jetzt war ich auf der Hut und schaute mich nach allen Richtungen um. Verfolger sah ich nicht, und so hoffte ich, dass man uns auch nicht verfolgt hatte und jetzt wusste, wo wir zu finden waren.
Ich trat durch die Tür, die sich vor mir geöffnet hatte, und gelangte in eine große Halle mit gekachelten Wänden, auf denen Mosaike zu sehen waren. Sie zeigten irgendwelche Tiere, die aus Fabelgegenden stammten.
Die Anmeldung war besetzt, zwei junge Männer schauten mich aus müden Augen an. Es war ihnen anzusehen, dass sie keine Lust hatten.
»Was wollen Sie?«
Die Stimme hatte ebenfalls müde geklungen, und ich gab die Antwort, indem ich meinen Ausweis zeigte.
Der Typ verzog das Gesicht und fragte: »Wollen Sie hier einen abholen oder...?«
»Nein, nur eine Auskunft.« Ich erklärte, was ich getan hatte. Man hörte zu, dann bekam ich auch Antworten auf meine Fragen und wusste, wohin ich zu gehen hatte, denn in der ersten Etage wurden die Notfälle behandelt.
»Danke.«
Ich nahm die Treppe und geriet in einen rechteckigen Warteflur, in dem es Bänke und Tische gab.
Wer Lust hatte, konnte in alten Magazinen blättern oder irgendwelche Krankenhauszeitschriften lesen. Mich interessierten beide nicht. Ich wäre gern durch eine andere Tür in den OP-Bereich gegangen, aber hier war der Zutritt Unbefugten verboten, und deshalb hatte man den Zugang auch abgeschlossen.
Es gab keinen weiteren mehr, der wartete, und so pflanzte ich mich auf eine der Bänke. Stundenlang wollte ich hier nicht Wache schieben. Irgendwann würde ich mich nicht mehr um das Verbotsschild kümmern und den OP-Bereich betreten. Das war nicht nötig, denn von innen wurde die Tür geöffnet, und ich sah einen dunkelhäutigen Mann im weißen Kittel, der erst mal seine Schutzhaube vom Kopf nahm und sich dann auf eine Bank fallen ließ. Wie jemand, der eine Pause nötig hatte. Dann sah er mich.
Ich sah ihn auch und grüßte freundlich.
»Ja, schon gut. Es ist nur ungewöhnlich. In der Nacht warten hier kaum Besucher.«
»Ich bin ja auch kein normaler«, erklärte ich.
Er lachte. »Ach – ähm...«
Ich hielt ihm meinen Ausweis hin. Der Mann wischte über seine Augen, bevor er nickte und sagte: »Scotland Yard?«
»Genau.« Ich fügte auch noch meinen Namen hinzu und erfuhr auch den seinen.
Er hieß Dr. Marc Pitol und arbeitete hier seit drei Jahren. Zumeist in der Nacht.
Ich wollte wissen, ob er mit der Frau zu tun hatte, die eingeliefert worden war. »Die mit der tiefen Wunde«, präzisierte ich.
Dr. Pitol schaute mich an. Schon seinem Blick war zu entnehmen, dass er keine guten Nachrichten für mich hatte. Und das traf dann auch zu.
»Ich glaube nicht, dass sie es schafft. Die Wunde war zu tief, und sie hat auch viel Blut verloren. Eigentlich so viel, dass sie schon nicht mehr hätte leben können. Wir haben uns gewundert, aber manchmal gibt es Phänomene.«
»Dann gibt es keine Hoffnung?«, fragte ich.
»Wer kann das schon sagen?« Er schüttelte den Kopf. »Jedenfalls hat die Frau sehr viel Blut verloren. Normalerweise ist das der
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