1755 - Im Fokus der Hölle
Das hätte ich bestimmt nicht vergessen.«
»Ja, das ist anzunehmen.«
»Haben Sie sonst noch irgendwelche Fragen, Mister?«
»Nein, die habe ich nicht. Sie können sich als entlassen bezeichnen.«
»Danke.« Der Hagere musste noch etwas loswerden. »Ich habe einen Rover unten an der Treppe parken sehen. Kann es sein, dass es Ihr Fahrzeug ist?«
»Ja.«
»Bitte, fahren Sie es weg. Es wird gleich der Wagen mit den großen Bäumen kommen, die in die Kirche getragen werden müssen.«
»Alles klar.« Ich nickte dem Küster zu und machte mich wieder auf den Rückweg. Hier also hatten wir Pech gehabt. Da blieb uns noch die zweite Kirche, die kleiner sein sollte.
Ich schaute mich noch mal um, bevor ich meinen Freund Suko erreichte. Der Küster war dabei, eine gewisse Höhe auszumessen. Die Tannenbäume waren wohl im Moment das Wichtigste in seinem Leben.
»Und?«, fragte Suko.
»Nichts.«
»Das hört sich nicht gut an.«
»Ich weiß, aber es gibt da noch eine zweite Kirche. Vielleicht haben wir dort mehr Glück.«
»Mal schauen.«
Wir stiegen wieder in den Rover. Um die zweite Kirche zu erreichen, mussten wir nach Norden fahren in Richtung Themseufer. Dort stand das Gotteshaus mit dem Blick auf das Wasser.
Man hatte es nicht dicht am Ufer gebaut. Die Kirche lag ein Stück entfernt, da war sie nicht dem Hochwasser ausgesetzt.
Wir rollten durch eine Straße mit kleinen, gepflegten Häusern, die allesamt spitze Dächer hatten.
Diese Idylle war mir bisher unbekannt gewesen, und auch Suko wunderte sich darüber.
»Wer hier wohl wohnen mag?«
Darüber hatte ich schon nachgedacht. »Das sieht mir nach Kapitänshäusern aus«, erklärte ich. »Alte Seebären, die das Wasser nicht missen möchten und so dicht wie möglich an ihm wohnen wollen. Nette Bauten, darin würde auch ich mich wohl fühlen.«
»Bist du sicher?«
»Nach meiner Pensionierung natürlich.«
»Klar.«
Wir fuhren an den Häusern vorbei bis an das Ende der Straße. Und genau dort stand die Kirche, die wirklich kleiner war als die andere, die wir durchsucht hatten.
Die Kirche war von Bäumen umgeben, die allesamt ihr Blätterkleid verloren hatten. Ein schmaler Weg führte auf den Eingang der Kirche zu, den wir in Augenschein nahmen, als wir den Rover verlassen hatten.
Wir sprachen nichts und wollten die Atmosphäre auf uns wirken lassen. Der Himmel meinte es gut mit uns. Der Regen hatte aufgehört, und ein leichter Wind riss die Wolken auseinander, sodass Lücken entstanden, in denen sich sogar mal ein Sonnenstrahl verlor.
Suko setzte sich in Bewegung, blieb aber gleich darauf wieder stehen, weil er etwas entdeckt hatte.
Ich wunderte mich über sein Verhalten und fragte nach dem Grund.
»Ganz einfach, John, die Tür ist nicht ganz geschlossen. Sie steht etwas offen.«
Ich nickte und ließ ihn als Ersten auf die Tür zugehen.
Der Weg führte ein wenig bergab. Er war mit grauen Steinen belegt, die an einigen Stellen einen grünen Schimmer angenommen hatten. Zu hören war nichts.
Suko hatte sich vor der Tür aufgebaut und warf einen Blick durch den Spalt.
»Was siehst du?«
»Eine normale Einrichtung, natürlich alles kleiner als in der ersten Kirche.« Er fasste nach dem Griff, der die Form eines Fisches aufwies.
Langsam zog er die Tür auf, und hintereinander schoben wir uns in ein halbdunkles Gewölbe. Diesen Eindruck jedenfalls hatte ich von der Kirche. Da war es in der anderen heller gewesen.
Die hier war auch schmaler. Es gab einen Mittelgang. Rechts und links davon standen die Bänke, und ich spürte so etwas wie eine andere Atmosphäre. Ich konnte sie nicht beschreiben, ich hatte auf einmal nur ein komisches Gefühl.
Vor uns lag der Altar. Hier standen bereits zwei kleinere Weihnachtsbäume, die den schlichten Gabentisch einrahmten. Ein Stück weiter und hinter dem Altar hing ein schweres Holzkreuz von der Decke her nach unten. Die Drähte, die es hielten, waren kaum zu sehen.
Suko war stehen geblieben, und auch ich ging nicht mehr weiter. Dafür hörte ich Sukos Frage.
»Was meinst du? Ist sie normal, oder hat man sie manipuliert?«
»Keine Ahnung«, murmelte ich. »Es kann sein, dass mit ihr etwas geschah, aber sicher bin ich nicht.«
»Okay, das geht mir auch so.« Suko strich über sein Haar. Als ich ihn anschaute, da sah ich, wie angespannt er war. Auch er schien dem Frieden nicht zu trauen.
Weder ein Pfarrer noch ein Küster erschien, um uns zu begrüßen. Wir mussten uns schon allein zurechtfinden, was eigentlich
Weitere Kostenlose Bücher