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1763 - Einer sieht alles

1763 - Einer sieht alles

Titel: 1763 - Einer sieht alles Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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das Dach, das irgendetwas auf der hinteren Seite beschützen sollte.
    Besonders tief lag das Dach nicht unter mir. Mit einem Sprung war es zu erreichen, und von dort aus war es auch kein großes Problem, auf den Boden zu springen.
    Ich beobachtete das Dach etwas genauer und stellte fest, dass mir von dort keine Gefahr drohte. Es gab keine Person, die da auf mich gewartet hätte.
    War der Täter noch in der Nähe oder nicht?
    Genau diese Frage beschäftigte mich. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass er sich mehr in der Nähe aufhielt, aber sicher war ich mir nicht. Also sprang ich, denn ich wollte mir später keine Vorwürfe machen lassen, nicht alles getan zu haben.
    Meine Landung auf dem Dach lief glatt ab. Ich landete nicht auf einer glatten Stelle, die mich ausrutschen ließ, und richtete mich aus meiner leicht gebückten Haltung wieder auf und blieb normal stehen. Und das auf einem Dach, das nicht unbedingt eben war, sondern leichte Beulen zeigte. Was unter diesem Dach lag, wusste ich nicht, es war auch nicht mehr wichtig, denn etwas anderes lenkte mich ab.
    Es war ein Kichern oder heftiges Atmen.
    Ich fuhr herum.
    Dort, wo das Dach an der Handwand endete, stand eine Gestalt. Um sie genauer zu sehen, holte ich meine Lampe hervor und leuchtete sie an. Der Strahl war breit und hell genug, um sie wie auf dem Präsentierteller aus dem Dunkel zu reißen.
    Ich sah eine Frau. Und in der rechten Hand hielt sie ein blutbeflecktes Messer, mit dem sie offenbar zwei Menschen getötet hatte...
    ***
    Es war eine Überraschung, mit der ich nicht gerechnet hatte. Also hier hielt sich der Täter versteckt.
    Nein, es war kein Täter, sondern eine Täterin. Warum sie noch nicht längst geflohen war, das wusste ich nicht, danach würde ich sie später fragen. Zunächst mal war ich froh, dass es sie gab und wir beide uns gegenüberstanden.
    Ich richtete den Lampenstrahl auf ihr Gesicht. Ich wollte sehen, wie eine Mörderin reagierte, wenn man sie aus der Reserve lockte, aber sie tat nichts. Abgesehen davon, dass sie ein Messer in der Hand hielt, dessen Klinge noch Blutschlieren zeigte, war alles normal. Als ich daran dachte, hätte ich beinahe noch gelacht, aber da hielt ich mich zurück. Stattdessen fragte ich mit leiser, aber durchaus hörbarer Stimme: »Wer bist du?«
    Ich erhielt sogar eine Antwort, denn sie sagte: »Ich bin Nancy – Nancy Wilson.«
    »Okay, du kannst mich John nennen, aber warum hast du das getan?«
    »Was getan?«
    »Das Töten der Menschen.«
    Sie lachte leise. »Ich kann dir nur eines sagen. Ich musste es tun, und ich bin froh, es getan zu haben. Nur so ist er zufrieden, verstehst du?«
    »Nein. Von wem sprichst du?«
    »Er sieht alles.«
    In meinem Kopf machte es Klick. So eine ähnliche Aussage hatte ich schon gehört, und jetzt wollte ich wissen, wer derjenige war, der alles sah.
    »Ich kenne seinen Namen nicht.«
    »Aber du weißt, dass er alles sieht.«
    »Ja, das weiß ich.«
    »Schön.« Ich sprach ruhig weiter. »Hast du ihn denn schon mal zu Gesicht bekommen?«
    »Ja, das habe ich.«
    Jetzt war ich an der Reihe, überrascht zu sein. Damit hatte ich nicht gerechnet. Mein Lächeln fiel etwas dümmlich aus, und ich schüttelte den Kopf.
    »Du glaubst mir nicht?«
    »Es fällt mir schwer, Nancy.«
    »Ja«, gab sie leicht stöhnend zu. »Das kann ich mir denken. Auch mir fällt es schwer, über bestimmte Dinge nachzudenken, aber Tatsachen bleiben Tatsachen, und daran sollten wir beide uns halten. Das finde ich – oder?«
    Ich nickte. »Schön, dann kannst du ihn mir ja beschreiben, wer dir so zugetan ist und dich...«
    »Nein, nein, das kann ich nicht.«
    »Warum nicht?«
    »Weil ich ihn nicht gesehen habe.«
    Jetzt musste ich lachen und sagte dann: »Aber das stimmt doch nicht. Er hat dir den Befehl gegeben – oder?«
    »Das hat er«, flötete Nancy Wilson.
    »Und weiter?«
    Sie hatte sich bisher nicht vom Fleck bewegt, das tat sie jetzt auch nicht. Sie wartete mit einer Erklärung und fing dann an zu lächeln. Es war ein wissendes Lächeln, das sah ich genau. Sie fügte auch nichts hinzu, bis ich es leid war und sie ansprach.
    »Dann kennst du ihn nicht.«
    »Nicht alles von ihm.«
    »Aha, das hört sich schon besser an. Was kennst du denn von ihm? Seinen Kopf, seinen...«
    »Ich habe nur das Auge gesehen«, erklärte sie. »Das unheimliche Auge, das mich anschaute. Ich habe den Blick gern zurückgegeben, denn das Auge war etwas Besonderes. Sein Blick drang tief in mein Herz hinein.«
    Jetzt war der

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