1784 - Geisterauge
wir mal schauen. Und danke für die Auskünfte.«
»Keine Ursache. Aber sehen wir uns nicht am nächsten Wochenende?«
Jane blieb stehen und drehte sich um. »Wie kommen Sie darauf, Mrs Lambert?«
»Dann haben wir doch unser Fest.«
Jane riss beide Hände hoch. »Stimmt, das hätte ich fast vergessen. Klar, ich bin da.«
»Schön.«
»Macht ihr eine Feier?«, fragte ich Jane.
»Ja, die Nachbarschaft.«
»Und wo?«
»Bei uns auf dem Hof.«
»Stimmt. Da habt ihr Platz genug.«
Mrs Lambert hatte die Haustür offen gelassen, so konnten wir problemlos eintreten. Dieses Haus war größer als das, in dem Jane Collins lebte. Man hatte es von innen umgebaut und Eigentumswohnungen daraus gemacht. In der letzten Etage würden wir die Lanes finden. Es war die dritte, und wir konnten den Aufzug nehmen, aber auch zu Fuß gehen.
Wir entschieden uns für die letzte Möglichkeit. Das war ein gutes Training. Keiner von uns atmete schneller, als wir die Etage erreicht hatten. In jeder gab es nur eine Wohnung, die dann geräumig genug war. Hier sahen wir das ebenfalls, und schauten auf eine Tür, die dunkelrot gestrichen worden war. Wer hier lebte, das konnte auch an einem Schild abgelesen werden.
Drei Personen. Carlos, Edna und Sarah Lane hatten hier ihr Zuhause. Vor der Tür lag eine Matte mit der Aufschrift Welcome. Die Lanes schienen nette Leute zu sein.
Es war Jane Collins, die schellte. Wir hörten den Ton in der Wohnung nachhallen, nur kam niemand, um die Tür zu öffnen. Auch nicht beim zweiten und dritten Klingeln.
»Dabei hat Mrs Lambert doch gesagt, dass die Lanes zu Hause sind.«
Ich zuckte mit den Schultern. »Kann sein. Kann auch sein, dass sie sich geirrt hat.«
»Glaube ich nicht.« Jane zog die Nase kraus. »Das gefällt mir irgendwie nicht.«
»Was macht dich so misstrauisch?«
»Der Vorgang aus der letzten Nacht. Der ist doch auch nicht normal gewesen.«
»Das stimmt allerdings.«
Wir wussten nicht, was wir tun sollten. Einfach das Schloss aufbrechen, das kam für uns nicht infrage. Da mussten wir schon nach anderen Möglichkeiten Ausschau halten.
Ich ballte die Hand zur Faust und schlug damit gegen die rot gestrichene Tür.
Und siehe da, das Wunder geschah. Die Tür bewegte sich und schwang langsam nach innen.
»Das ist auch nicht normal!«, flüsterte Jane.
»Richtig.«
»Und ich kann mir nicht vorstellen, dass sie vergessen haben, die Tür abzuschließen.«
»Auch das stimmt.«
Beide schauten wir uns an. Von unseren Gesichtern war abzulesen, was wir dachten.
Da konnte eine böse Überraschung auf uns warten. Jane Collins wollte die Wohnung als Erste betreten, doch ich kam ihr zuvor und ging über die Schwelle, hinein in eine Stille, die mir gar nicht gefiel.
Außerdem fing ich an zu schnuppern, denn ich hatte einen bestimmten Geruch wahrgenommen, der mir noch weniger gefiel. Ich drehte mich um und sah Jane, die ebenfalls schnupperte.
»Könnte das Blutgeruch sein?«
Ich nickte nur und drückte eine Tür auf, hinter der ich ein Summen gehört hatte.
Das wurde nun deutlicher, und als ich die Tür noch weiter öffnete, war mein Blick frei.
Es war hell im Zimmer. Und diese Helligkeit sorgte auch dafür, dass ich sofort den Grund für den Blutgeruch sah und auch das hektische Summen der Fliegen.
Sie hatten zwei Plätze, an denen sie sich versammeln konnten. Eine Frau und ein Mann saßen jeweils in einem Sessel. Die Kleidung der beiden war von ihrem eigenen Blut überschwemmt worden...
***
»O Gott«, flüsterte Jane und klammerte sich an meinem rechten Arm fest, »das sind die Lanes.« Sie schüttelte den Kopf. »Ich kann es nicht fassen. Wer hat das getan?«
»Liegt das nicht auf der Hand?«, fragte ich. Meine Stimme klang schon belegt.
»Du denkst an die Tochter?«
»An wen sonst?«
Jane Collins stöhnte auf. Sie schüttelte den Kopf, als könnte sie es nicht glauben. Doch was sie sah, war eine brutale Tatsache, daran kam auch sie nicht vorbei.
»Traust du ihr das zu, John?«
»Wir müssen davon ausgehen, denn ich habe keine andere Erklärung. Sie muss das getan haben. Aber warum? Hat sie ihre Eltern gehasst?«
Jane winkte ab. »Das darfst du mich nicht fragen, John. Ich habe sie so gut nicht gekannt. Wir haben uns gegrüßt, wenn wir uns sahen. Wir haben ein paar nette Worte gewechselt, das ist wirklich alles gewesen.«
»Okay, Jane, dann stellt sich die Frage, wo sich Sarah Lane aufhält.«
»Ich weiß es nicht.«
»Klar, das habe ich auch nicht gemeint. Aber ich denke,
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