1793 - Das Omen aus der Hölle
Platz. Wenn ich ehrlich sein sollte, gefiel mir der Fall überhaupt nicht. Aber was sollten wir machen? Wenn es eine Lösung gab, dann war sie nur in dieser Einsamkeit zu finden.
Glenda tauchte auf. Dass es Herbst war, sahen wir an ihrer Kleidung.
Sie trug eine grobe Cordhose aus etwas dickerem Stoff und eine bunte Bluse, deren Stoff auch dicker war.
»Und?«, fragte sie.
»Du bist uns bald los.«
»Aha. Wohin geht’s denn?«
»In die Einsamkeit.«
»Oh – in ein Kloster?«
»Nein«, sagte ich, »da gibt es keine Klöster. Vielleicht aber ein paar Engel und einige Riesen.«
Glenda war nicht auf den Mund gefallen. In diesem Fall allerdings konnte sie nichts sagen. Sie stand da und schaute uns an. Dabei schüttelte sie den Kopf.
»Märchen, wie?«
»Wäre schön.«
Eine große Erklärung brauchte ich ihr nicht zu geben, denn es meldete sich das Telefon.
Sir James wollte uns sprechen. Ich stellte zuvor noch eine Frage. »Sind die Dinge denn auf dem richtigen Weg, Sir?«
»Ich denke schon.«
»Gut, dann kommen wir …«
***
Es gibt immer wieder Situationen im Leben, da muss man einfach Glück haben. So erging es uns in diesem Fall. Die Reise war gut verlaufen. Zuletzt waren wir mit einer Postmaschine geflogen, die auf dem Militärgelände gelandet war.
Man hatte uns bereits angekündigt. Wir wurden neutral lässig empfangen, dann hatten wir das Glück, dass man uns ein Auto zur Verfügung stellte. Es war ein Jeep, der seine Jahre auf dem Buckel hatte, aber noch fahrtüchtig war.
Damit ging es hinein in die Prärie. Durch die hügelige Landschaft schlängelten sich nur wenige Straßen. Eine davon konnten wir bis zu einem bestimmten Punkt benutzen. Wir mussten noch den Rannoch River überqueren, gerieten in die Nähe von Loch Teamait, und von dort ging es ab nach Süden auf die Zunge der Halbinsel. Von dort konnten wir auch die Insel Mull sehen.
Suko hatte es sich auch hier nicht nehmen lassen, sich hinter das Lenkrad zu setzen. Ich machte es mir neben ihm bequem, auf meinem Schoß lag eine Karte der Gegend. Die Soldaten hatten sie uns mitgegeben. Was unsere Aufgabe war, hatten wir ihnen nicht gesagt. So war von einem Geheimkommando gesprochen worden, das wir durchziehen mussten.
Ich hätte gern die Augen geschlossen, wie ich es des Öfteren als Beifahrer tat. Das war hier nicht möglich, denn unter uns lag keine glatte Fahrbahn, sondern es ging über einen Feldweg, der in die Landschaft führte, in der es nur wenige Bäume gab, dafür Buschwerk, Bodendecker, Steine und immer wieder mal die kleinen Seen, die manchmal wie blinde Augen aussahen.
Süden, immer nach Süden. Das war unsere Richtung. Wir würden auf keine Ortschaft treffen, vielleicht mal hin und wieder auf eine Schäferhütte, aber das war auch alles.
Und dann gab es noch den Himmel. Dieses weite Zelt, das sich hoch über uns spannte und keinen Anfang und auch kein Ende zu haben schien. Es war ein hoher Himmel von blaugrauer Farbe, und die Wolken sahen aus wie glatt gebügelt.
Die Temperaturen konnte man ertragen. Das kam mir entgegen, wobei ich die Kühle mochte und froh war, dass die heißen Tage so schnell nicht mehr zurückkehrten.
Ich schaute auf die Karte aus den Unterlagen. Sie war mit meiner identisch und zeigte sogar an, wo wir stoppen mussten, um den Totenschädel zu sehen.
Suko hatte meine Blicke bemerkt und fragte: »Wie lange müssen wir noch auf der Piste bleiben?«
»Keine Ahnung. Aber bei dem Tempo wird es noch etwas dauern.«
»Klar.«
Aber es dauerte wirklich nicht mehr lange. Es gab auf der Zeichnung nicht nur den riesigen Totenschädel, sondern auch zwei markante Punkte, und die entdeckte ich plötzlich.
Zwei ungefähr gleich hohe Hügel – von Bergen konnte man hier ja nicht sprechen –, die sich gegenüber standen. Dazwischen gab es recht viel Platz. Man konnte sogar von einer Weite sprechen, in der auch die dunkle Oberfläche eines kleinen Sees schimmerte.
Eine Straße gab es nicht, auch keinen Weg, aber das waren wir ja gewohnt. Auch bewegten wir uns in einem Gebiet, das von Touristen noch nicht entdeckt worden war, was auch so bleiben würde, denn hier gab es nur die Einsamkeit. Zudem fehlten die Straßen, auf denen die Wohnmobile sonst fuhren.
»Die Hügel, Suko, sind wichtig.«
»Weiß ich. Die Zeichnung habe ich noch in Erinnerung. Dann werden wir ja bald den Schädel sehen.«
»Meinst du?«
Er grinste. »Das hoffe ich.«
Wir fuhren weiter. Unter uns hatte der Boden mal wieder eine andere Form
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