1799 - Er holt sie alle
Mensch mehr zu sehen.
Das Haus konnte nur erreicht werden, wenn man einen schmalen Weg bis zum Eingang ging. Um den Bau herum war eine leere Fläche zu sehen. In der Dunkelheit zumindest, aber das war alles nicht wichtig. Sie waren froh, in den Schein einer Außenleuchte zu geraten, und gingen auch noch den Rest.
Sie waren gesehen worden. Noch bevor sie die Tür erreichten, wurde sie aufgezogen. Eine Frau mit langen blonden Haaren stand auf der Schwelle und sah sofort, dass etwas nicht stimmte. Dann fiel ihr Blick in das Gesicht ihres Sohnes.
»Mein Gott, Brian, was ist passiert?«
Brian konnte nicht reden. Das übernahm Kate Fisher. »Dürfen wir für einen Augenblick reinkommen?«
Sie waren froh, das Haus betreten zu können, und auch irgendwie stolz, dass sie dem Killer ein Schnippchen geschlagen hatten. Beide sahen dies als so etwas wie einen ersten Sieg an …
***
Cindy Dale war nicht vor Angst vergangen, obwohl sie sich in manchen Sekunden so gefühlt hatte. Es lag daran, dass man sie allein gelassen hatte. Sie kannte den Ort. Sie war hier aufgewachsen, und trotzdem war ihr alles so fremd geworden.
Außerdem gefiel es ihr nicht, dass sie mit dem Golf mitten auf der Straße stand. Da fühlte sie sich wie auf dem Präsentierteller, und das gefiel ihr überhaupt nicht.
Den drei anderen hatte sie nachgeschaut. Sie waren rasch verschwunden.
Sie gehörte nach Ide Hill, man kannte sie, aber man nahm von ihr keine Notiz, weil sie im Wagen nicht so leicht zu erkennen war.
Sie wollte auch nicht länger dort bleiben. Also raus, das war am besten. Auf der Straße würde sie mehr Luft bekommen, und sie musste ja nicht weit gehen, um ihr Zuhause zu erreichen. Das war ihre Idee.
Weg von der Straße. Im Haus verschwinden. Da konnte man lange nach ihr suchen, denn sie dachte immer wieder an die drei noch leeren Gräber. Eines davon war bestimmt für sie reserviert. Und dort wollte sie auf keinen Fall liegen.
Deshalb musste sie sich auch keinen großen Ruck geben, um den Golf zu verlassen. Sie blieb neben ihm stehen und schaute sich zunächst das Hinterrad an der Fahrerseite an.
Ja, da war der Reifen zerfetzt worden. Mit zwei, drei Schlägen der Sense musste es passiert sein.
Sie drückte die Tür zu, atmete tief durch und fühlte sich plötzlich befreiter. An den toten Jimmy Kline wollte sie nicht denken. Jetzt war es nur noch wichtig, dass sie überlebte.
Jemand kam auf sie zu. Natürlich war er verkleidet. Eine Gestalt mit langen, strähnigen grünen Haaren, einem gelblichen Gesicht und hellen Froschaugen in der Maske. Das sollte wohl eine Wassernixe sein.
Sie blieb vor Cindy stehen.
»Hi …«
»Wer bist du?«
Das Gesicht verzerrte sich. Dabei vollführte die Nixe eine Handbewegung. Irgendwo am Körper entstand eine Öffnung, und aus ihr spritzte ein blauer Strahl einer mitgeführten Flüssigkeit.
Cindy Dale wurde am Hals getroffen und beschwerte sich darüber. »Was soll denn der Scheiß?«
»Ha, heute ist Halloween.«
»Ich weiß.«
Die Nixe nahm die Maske ab. Dahinter hatte sich der junge Tankwart verborgen, der im Nachbarort arbeitete. Cindy kannte ihn vom Sehen, war aber wenig begeistert von ihm.
»Kannst du keinen Spaß vertragen?«
»Den brauche ich nicht.«
Er kicherte und schob seine Maske wieder vor das Gesicht. »Wir sehen uns noch.«
»Hoffentlich nicht«, sagte sie.
Er ging und lachte.
Cindy atmete tief durch. Dieser Typ war weg, zum Glück. Nur konnte sie nicht davon ausgehen, dass sie allein blieb. Hier kannte sie jeder, und sie würde sicherlich noch öfter angesprochen werden.
Das wollte sie nicht. Und sie hatte auch nicht vergessen, wer auf dem Friedhof lag.
Das war ebenfalls ein Problem. Vielleicht waren die Menschen schon jetzt dabei, nach Jimmy Kline zu suchen. Wenn nicht, dann bestimmt am nächsten Morgen.
Und dann?
Mit der Wahrheit herausrücken? Das war für sie schon jetzt ein gewaltiges Problem. Wie sollte sie es seinen Eltern erklären?
Als sie daran dachte, zitterten ihre Knie. Sie schüttelte auch den Kopf, dabei stöhnte sie auf und verfluchte die Halloween-Nacht. Niemals mehr würde sie sich an diesem Spuk beteiligen.
Und sie irrte sich. Cindy hatte damit gerechnet, noch von anderen Bekannten angesprochen zu werden. Das war nicht der Fall. Sie blieb allein. Es kam niemand auf sie zu, und darüber war sie froh. Aber diese Tatsache zog auch noch etwas anderes nach sich.
Um sie herum herrschte eine gewisse Leere, und so kam sich Cindy wie auf dem
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