18 Gänsehaut Stories
vollendete, vor unseren Augen tot zusammenbrach.
Sareva, meine Hexe
von
Andrew J. Offutt
Andrew J. Offutt, ein in Deutschland so gut wie unbekannter amerikanischer Autor, der neben SF-Stories für die einschlägigen Magazine in Amerika auch Geschichten aus dem Bereich des Übersinnlichen und Unheimlichen geschrieben hat, enthüllt in der nachstehenden Erzählung sein erstaunliches Talent, den gewöhnlichen Alltag einer amerikanischen Durchschnittsfamilie in einen Hexensabbat umzufunktionieren, in dem es kaum anders zugeht, als in eben diesem Alltag – mit einem Unterschied: Die liebende Gattin ist wirklich eine Hexe!
An unserem Hochzeitstag war der Himmel grau und wolkenverhangen, und in der Ferne grollte der erste Donner eines heraufziehenden Gewitters. Aber meine schöne Braut sagte: »Regen, Regen, geh nur fort, such dir einen andren Ort!« Und als sie die Kirche betrat, wo ich auf sie wartete, schien draußen die Sonne und ließ die bunten Kirchenfenster im neuen Glanz erstrahlen.
Ein halbes Jahr später hatten wir ein Picknick für einen Tag geplant, an dem es laut Wetterbericht in Rundfunk, Zeitung und Fernsehen mit neunzigprozentiger Wahrscheinlichkeit regnen sollte. Es regnete tatsächlich überall um uns herum, während meine junge Frau und ich wie von Wasserfällen umgeben picknickten. Aber wir blieben dabei trocken und hatten sogar Sonnenschein.
Als ich sie zum erstenmal sah, war mir klar, daß es für mich nie eine andere geben konnte, obwohl es eigentlich seltsam war, daß ich mich auf den ersten Blick in ein schlankes Mädchen mit etwas zu langem Gesicht und etwas zu kleinem Busen verliebt haben sollte. Ihre Haut war blaß und wurde nicht leicht braun, so daß sie sich vor allzu starker Sonneneinstrahlung schützen mußte. Sie bekam leicht Sommersprossen, die im Feuerschein wie ihr Haar kupferrot waren. Aber am eindrucksvollsten waren ihre Augen, die einen nicht mehr losließen. Sie waren klar, hell und unglaublich grün, so daß ich bei unserer ersten Begegnung davon überzeugt war, sie trage farbige Kontaktlinsen. Aber sie brauchte keine. Ihre Augen waren völlig in Ordnung.
Sie war Sareva. Sie war irischer Abstammung und als Waise aufgewachsen. Sie war meine Frau, und da ich sie so sehr liebte, verstand ich die alten Dichter besser, die so laut schworen, so schmerzlich stark geliebt zu haben.
Sie war leidenschaftlich, und ich stand ihr in dieser Beziehung nicht nach. Selbst im dritten Ehejahr waren unsere Flitterwochen keineswegs zu Ende, und ich schwieg verlegen und bedauernd und verächtlich, wenn ich hörte, wie andere Männer von ihren Frauen sprachen: das Frauchen, die bessere Hälfte, die Chefin, der Klotz am Bein. Ich hielt den Filmstar Raquel Welch für ein dümmliches Wesen, das seine Bluse wie seinen Mund trug: ständig offen. Ich hatte keine Augen für andere Frauen, denn ich besaß Sareva und war von ihr besessen.
Sie half mir sogar, Karriere zu machen. Ich war weder dumm noch faul gewesen, aber manche Dinge brauchen eben ihre Zeit, und ich war deshalb erst Werbetexter, als wir heirateten – wenn auch ein vielversprechender Texter. Sie interessierte sich nicht sonderlich für meine Arbeit, sondern nur für mich, und unterhielt sich auf der großen Weihnachtsparty acht Monate nach unserer Hochzeit nur kurz mit meinen Kollegen und einigen Repräsentanten unserer Klienten. Ich hatte gar nicht gemerkt, wie sehr ich Anderson von Redleaf beeindruckt hatte, aber als die Firma Anfang des Jahres ihre neue Zigarette auf den Markt brachte, bestand Anderson darauf, ich sollte die Kampagne planen. Clinton, der bisher für Redleaf zuständig gewesen war, benahm sich seitdem
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