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18 Gänsehaut Stories

18 Gänsehaut Stories

Titel: 18 Gänsehaut Stories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Kluge
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ver­stand Ja­ne nicht. Zwei­fel­los ver­such­te er, den Be­su­cher zu be­ru­hi­gen, aber es ge­lang ihm nicht. Die Stim­men schwol­len schließ­lich bei­de an, die Män­ner er­reg­ten sich, und nach ein paar un­de­fi­nier­ba­ren Ge­räuschen ver­nahm Ja­ne, der der Atem stock­te, einen dump­fen Fall. Ver­zwei­felt ver­such­te sie sich zu be­frei­en, aber ih­re Ar­me wa­ren ein­zeln mit Gur­ten fest­ge­schnürt, die Bei­ne, weit ge­spreizt, des­glei­chen. Un­mög­lich, auf­zu­ste­hen und Bru­ce zu Hil­fe zu kom­men.
    In der nächs­ten Se­kun­de sprang kra­chend die Tür auf, und Ja­ne schrie wi­der Wil­len laut auf: In der Tür stand Bru ce, lei­chen­blaß und mit er­ho­be­nen Hän­den, und hin­ter ihm tauch­te ein un­ter­setz­ter, bär­ti­ger Mann auf, der Bru­ce nun mit ei­ner Pis­to­le zwang, in dem Stuhl hin­ter dem Schreib­tisch Platz zu neh­men. Oh­ne Ja­ne mehr als einen flüch­ti­gen Blick zu schen­ken – er hielt sie wohl für ei­ne Pa­ti­en­tin – mach­te der Frem­de sich auf die Su­che nach Schnü­ren und Gür­teln und fes­sel­te At­kin­son an sei­nen Schreib­tisch­ses­sel, an die Rücken- und die Sei­ten­leh­ne und die Bei­ne, so daß der Arzt ge­ra­de noch die Fin­ger und den Kopf be­we­gen konn­te.
    Nun erst wand­te sich der Be­su­cher Ja­ne zu, ver­beug­te sich knapp und sag­te:
    »Dok­tor Bo­stic. Ich bin Arzt wie At­kin­son, Sie brau­chen sich nicht zu ge­nie­ren, und Dok­tor At­kin­son wird sei­ne Be­hand­lung gleich fort­set­zen. Er muß mir nur schnell ein Do­ku­ment un­ter­schrei­ben.« Da­bei ließ er einen zer­streu­ten Blick über die nack­te Ja­ne glei­ten, sah At­kin­son ver­wun­dert an und sag­te: »Ab­szeß am Schei­den­ein­gang … Seit wann ar­bei­ten Sie als Gy­nä­ko­lo­ge, At­kin­son? Wohl nur bei so hüb­schen Frau­en?«
    »Las­sen Sie den Un­sinn, Bo­stic«, ant­wor­te­te At­kin­son mit be­leg­ter Stim­me, »die Da­me ist kei­ne Pa­ti­en­tin, sie ist mei­ne Frau, dar­um ma­che ich den harm­lo­sen Ein­griff selbst!«
    Bo­stic hob den Kopf. Er sah aus, als er­wa­che er aus ei­ner Tran­ce, aus ei­ner Fi­xie­rung. In sei­nen Au­gen be­gann es zu fla­ckern, als er rief:
    »Ih­re Frau? Al­so die frü­he­re La­dy Ja­ne Hul­me, die lie­bens­wür­di­ge Schä­del­s­pen­de­rin? Das än­dert na­tür­lich die Sach­la­ge. Myla­dy wer­den ge­stat­ten müs­sen, daß ich mich auch bei Ih­nen für je­nen Zwi­schen­fall be­dan­ke, der mei­ne Lauf­bahn rui­nier­te!«
    Bei die­sen Wor­ten trat Bo­stic auf Ja­ne zu, schob ihr ein Kis­sen un­ter den Kopf und einen Wat­te­bausch in den Mund und ver­kleb­te die vol­len Lip­pen Ja­nes mit ei­nem brei­ten Strei­fen Leu­ko­plast.
    »Nun kann ich Sie zwar nicht mehr küs­sen, zu­min­dest nicht auf den Mund«, sag­te er sar­kas­tisch, »aber was Sie mir sonst bie­ten, Mrs. At­kin­son, ist im­mer noch der Be­trach­tung wert … Und Sie, lie­ber Kol­le­ge, ver­hal­ten sich still, ganz still, wenn Ih­nen das Le­ben Ih­rer Frau und Ihr ei­ge­nes lieb ist. Sonst ver­kle­be ich Ih­nen nicht nur den Mund, son­dern auch die Na­sen­lö­cher, und dann möch­te ich se­hen, was für schö­ne Zu­ckun­gen Sie in ih­rem Ses­sel auf­füh­ren.«
    »Bo­stic«, bat At­kin­son lei­se, »ich wer­de tun, was Sie ver­lan­gen. Ich ge­be Ih­nen mein Wort als Arzt und Aka­de­mi­ker, daß ich mor­gen mei­ne De­mis­si­on im In­sti­tut ein­rei­che und Sie als mei­nen Nach­fol­ger vor­schla­ge. Aber las­sen Sie Ja­ne aus dem Spiel, sie ist zu jung, sie hat das al­les nicht ver­stan­den, ich ha­be sie über­rum­pelt in der Sa­che mit dem Schä­del!«
    »Daß sie jung ist«, ant­wor­te­te Bo­stic ge­nie­ße­risch, »das se­he ich selbst. Sie ist ein schö­ner, jun­ger Mensch, ei­ne von de­nen, die das neue Jahr­hun­dert er­le­ben wer­den, mehr von ihm se­hen wer­den als von die­sem stin­ken­den al­ten vik­to­ria­ni­schen Eng­land. Ich hät­te auch gern an dem neu­en Men­schen ge­ar­bei­tet, an sei­nem Bild, an sei­nem Schä­del, an der Geo­gra­phie sei­nes Ge­hirns, aber der schö­ne Bru­ce, Ihr Mann, Ver­ehr­te, hat mich dar­an ge­hin­dert, und so will ich denn se­hen, ob Sie das Zeug zu je­nem neu­en Men­schen ha­ben,

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