18 Gänsehaut Stories
Aber nicht Prest, der König der beliebten »bloods«, ist der Autor – stilkritische Untersuchungen weisen vielmehr auf James Malcolm Rymer als Autor hin, Prests gleichermaßen erfolgreichen Schreibkollegen in der Trivialliteraturfabrik des damals marktbeherrschenden Verlegers Edward Lloyd, der dem Horror-Genre mit seiner Massenproduktion in England zum Durchbruch verhalf. »Varney der Vampir« erschien erstmals 1847, ein halbes Jahrhundert vor Bram Stokers berühmtem »Dracula«. Wir drucken hier eine in sich abgeschlossene Episode ab, die Vorgeschichte des ebenso blutrünstigen wie unglückseligen Vampirs betreffend.
Während so manchen, kurzen Gedankenaustausches – und diese blieben immer kurz, wenn sie vertraulicher Natur waren – habe ich Überraschung ausgelöst, indem ich von Personen und Ereignissen sprach, die seither längst von der fast vergessenen Vergangenheit geschluckt worden sind. Auf diesen paar Seiten will ich mich eingehender erklären.
Zur Regierungszeit Charles des Ersten residierte ich in einer schmalen Straße in der unmittelbaren Nachbarschaft von Whitehall. Es war eine schmale, gewundene Durchfahrt, durch die es zur Themse hinunterging; es spielt weiter keine große Rolle, womit ich damals meinen Lebensunterhalt bestritt, aber ich zögere nicht im mindesten zu sagen, daß ich ein gutbezahlter Agent in einer der politischen Bewegungen war, für die jene Epoche bekannt und berüchtigt ist.
London war damals eine Masse schäbig aussehender Häuser mit hier und dort einem Gebäude, das im Vergleich zu seinen noch schäbigeren Nachbarn wie ein Palast wirkte. Beinahe jede Straße schien dabei unter dem Schutz irgendeines großen Hauses zu stehen, das sich irgendwo an ihr befand, aber jene Häuser, die den Verfall der Zeit überdauert haben, sind heute so verändert und gleichen so sehr ihren Nachbarn, daß selbst ich, der ich viele von ihnen gut gekannt habe, kaum noch sagen könnte, welche es waren oder wo sie einmal gestanden haben.
Ich spielte keine prominente Rolle bei den politischen Aufruhren jener Epoche, aber ich sah den blutigen Kopf eines Königs in Whitehall aufgespießt als Spektakel für die Volksmenge.
Es gab Tausende von Personen in England, die alle zu diesem Ende des Königs beigetragen, es aber beileibe nicht erwartet hatten und dann die ersten waren, die den gigantischen Mächten, die sie selber aufgerührt hatten, zum Opfer fielen.
Unter diesen waren auch viele von meinen Auftraggebern; Männer, die durchaus willens gewesen waren, den Thron zu erschüttern, soweit es jenen betraf, der ihn gerade besetzt hielt, die aber ganz sicher niemals beabsichtigten, die Monarchie zu zerstören; so schufen denn der Tod von Charles dem Ersten und die Diktatur Cromwells eine Unzahl von Royalisten.
Sie hatten damit einen Geist heraufbeschworen, den sie nun nicht mehr loszuwerden vermochten, und dies war eine Tatsache, der sich auch jener strenge, harte Mann, Cromwell, mit dem ich viele Unterredungen hatte, durchaus bewußt war.
Mein Haus war in ganz besonderem Maße für diskrete und verschwiegene Zwecke geeignet, und ich wurde ein reicher Mann durch die großen Summen, die ich dafür erhielt, daß ich vornehmen Royalisten zur Flucht verhalf, von denen manche für eine beträchtliche Zeit perdu in meinem Hause lagen, bevor sich eine günstige Gelegenheit ergab, sie still und leise den Fluß hinunterzuschaffen zu irgendeinem Schiff, das sie nach Holland bringen würde.
Mir wurde in der Tat so viel pro Kopf für jene Royalisten geboten, daß eines Tages Cromwell nach mir schickte; es gab da insbesondere einen, der
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