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18 Gänsehaut Stories

18 Gänsehaut Stories

Titel: 18 Gänsehaut Stories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Kluge
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Block­hüt­te. Und schon im nächs­ten Mo­ment er­hell­te ein zwei­ter Blitz den Him­mel von Auf- und Nie­der­gang, noch grel­ler, noch an­hal­ten­der denn der ers­te, und tauch­te das Zim­mer ur­plötz­lich in ein blen­den­des, wahr­haft schwin­del­er­re­gen­des Licht. So­gar drau­ßen an den Blät­tern und im Ge­zweig konn­te ich die Trop­fen fun­keln se­hen. Mit ei­nem Mal war auch der Wind er­wacht, und noch kei­ne Mi­nu­te da­nach war er zum Sturm an­ge­wach­sen, der nun heu­lend her­ein­brach mit al­ler auf­ge­stau­ten Wut ei­nes gan­zen, las­tend-schwü­len Nach­som­mer­ta­ges.
    Den­noch: Der Auf­ruhr der Lüf­te ver­moch­te nicht, auch nur den lei­ses­ten Laut, der aus der Schlaf­kam­mer her­un­ter­drang, zu über­tö­nen. So ward ich in­ne, daß wäh­rend der we­ni­gen Au­gen­bli­cke tiefs­ter Stil­le, wel­che je­nem Mar­ter- und Ent­set­zens­schrei ge­folgt wa­ren, das Ru­mo­ren dort oben er­neut be­gon­nen hat­te. Die bei­den Ein­dring­lin­ge wa­ren nun da­bei, den Schlaf­raum zu ver­las­sen, und be­weg­ten sich wie­der auf die Trep­pe zu. Ein kur­z­es In­ne­hal­ten, und sie be­gan­nen mit dem Ab­stieg. Und hin­ter ih­nen pol­ter­te – ich hör­te es deut­lich! – je­nes nach­schlep­pen­de un­för­mi­ge Et­was von Stu­fe zu Stu­fe. Doch es war nun viel schwe­rer ge­wor­den!
    Ich sah dem Na­hen der bei­den mit ei­ner Un­ge­rührt­heit ent­ge­gen, die schon an Apa­thie grenz­te und ih­re Er­klä­rung nur dar­in zu fin­den ver­mag, daß nach Er­rei­chen ei­nes be­stimm­ten Gra­des nerv­li­cher An­span­nung uns ei­ne gü­ti­ge Na­tur ihr ur­ei­gens­tes Be­täu­bungs­mit­tel an­ge­dei­hen läßt, in­dem sie un­se­re Sin­ne mit ei­ner wohl­tä­ti­gen Emp­fin­dungs­lo­sig­keit um­fängt. Al­lein, noch kam ja das Un­heil auf mich zu – Schritt für Schritt, be­glei­tet von dem schlei­fen­den Ge­räusch der nach­ge­zerr­ten Last, das von Stu­fe zu Stu­fe lau­ter wur­de!
    Schon wa­ren die ge­spens­ti­schen Ge­sel­len auf hal­ber Hö­he der Trep­pe an­ge­langt, als mich pri­ckelnd ein neu­es Ent­set­zen durch­fuhr an­ge­sichts ei­ner wei­tern, grau­en­vol­len Mög­lich­keit: Es war die Er­wä­gung, daß in dem Au­gen­blick, da die­se Pro­zes­si­on der Schat­ten zum an­dern­mal dies Zim­mer be­trä­te, ja viel­leicht so­gar, da sie an mir vor­über­schrit­te – daß dann ein neu­er­lich auf­zu­cken­der Blitz­strahl die Nacht zum Tag ma­chen und mir das gan­ze Grau­en vor Au­gen füh­ren könn­te, ja schlim­mer noch: daß ich selbst ge­se­hen wür­de! So blieb mir nichts an­de­res zu tun, als an­ge­hal­te­nen Atems zu war­ten – zu war­ten, in­des die Mi­nu­ten sich zu Stun­den dehn­ten, und der schau­ri­ge Zug der Schat­ten sich er­neut durch das Zim­mer be­weg­te.
    Jetzt wa­ren die In­dia­ner am Fu­ße der Trep­pe an­ge­langt. Jetzt tauch­te die rie­sen­haf­te Ge­stalt des An­füh­rers dro­hend an der Ein­mün­dung des Kü­chen­gan­ges auf, und in eben dem Mo­ment schlug auch die nach­ge­schlepp­te Last mit un­heil­vol­lem Laut auf die Die­len­bret­ter. Doch war mir ei­ne Gal­gen­frist ge­währt, da der An­füh­rer sich erst noch um­wand­te und bück­te, um sei­nem Ge­fähr­ten be­hilf­lich zu sein. Aber schon be­weg­te die Pro­zes­si­on sich aber­mals vor­an, trat ganz knapp zu mei­ner Lin­ken ins Zim­mer und schob sich an mei­ner Sei­te zwi­schen Tisch und Wand auf den Aus­gang zu. Schon war der Vor­der­mann an mir vor­über, schon war auch der zwei­te her­an­ge­kom­men, wel­cher die Last hin­ter sich her­schlepp­te, je­ne Last, de­ren Um­ris­se ich nur un­deut­lich wahr­neh­men konn­te, als die ge­spens­ti­sche Ka­val­ka­de plötz­lich er­starr­te. Und im näm­li­chen Mo­ment setz­te mit der al­len Ge­wit­tern ei­gen­tüm­li­chen Plötz­lich­keit der her­nie­der­rau­schen­de Re­gen aus, und auch der heu­len­de Wind war ei­ner ab­grün­di­gen Stil­le ge­wi­chen.
    Se­kun­den­lang schi­en auch mir das Herz still­ste­hen zu wol­len – und dann kam das Ärgs­te: ein Blitz­strahl von dop­pel­ter Hel­lig­keit riß das Zim­mer samt al­lem, was sich dar­in be­fand, mit gna­den­lo­ser Klar­heit aus dem

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