18 Gänsehaut Stories
Palastes gehen. Ich habe den Schlüssel zu jener bequemen kleinen Tür in der Mauer, die uns schon mehr als einmal gedient hat.«
Natürlich hatte ich danach keinerlei Schwierigkeiten mehr, in dem einen Sprecher den restaurierten Monarchen, Charles den Zweiten, zu erkennen und in dem anderen seinen Favoriten und ausschweifenden Begleiter, Rochester, von dem ich schon allerhand gehört hatte, obwohl ich noch nicht lange genug wieder in dem Reich der Lebenden weilte, um schon einmal Gelegenheit gehabt zu haben, einen von ihnen zu sehen. Aber nachdem sie solchermaßen selbst bekannt hatten, wer sie waren, würde ich sie von nun an jederzeit wiedererkennen.
Ich hatte mich sorgfältig außer Sicht gehalten, während der kleine Dialog geführt worden war, und so entdeckten sie mich nicht, obwohl sie mehr als einmal argwöhnische Blicke um sich geworfen hatten. Befriedigt, daß ihr unvorsichtiges Gespräch keinen Schaden angerichtet hatte, gingen sie eilig weiter in Richtung Pimlico.
Charles und sein Begleiter hatten also nicht die mindeste Ahnung, welch ein schreckliches Wesen sich an ihre Fersen geheftet hatte. Wenn der König auch leichtsinnig genug war, so daß man ihm gefahrlos hätte folgen können, warf Rochester ständig lauernde, argwöhnische Blicke um sich, und mehr als einmal war ich dicht davor, von ihm entdeckt zu werden, entging dem aber durch mein geschicktes Verhalten und meine Behendigkeit.
Pimlico war zu jener Zeit eine trostlose Gegend und weit von dem entfernt, was es heute ist. Aber sowohl der König als auch Rochester schienen sich dort bestens auszukennen; sie gingen eine beträchtliche Strecke schnurstracks weiter, bis sie in eine schmale, öde und verlassen daliegende Straße kamen, die auf beiden Seiten nicht von Häusern, sondern von Gartenmauern eingefaßt war. Nach der Höhe und Festigkeit dieser Mauern zu urteilen, mußten die Häuser, die dahinter standen, von einiger Bedeutung sein.
»Bravo, bravissimo«, sagte der König. »Es ist uns gelungen, derart weit in feindliches Territorium vorzudringen, ohne bisher beobachtet worden zu sein.«
»So scheint es«, entgegnete Rochester. »Glauben Sie, daß wir jene bestimmte Mauerstelle jetzt auch wiederfinden werden?«
»Aber sicher finden wir die wieder. Ich habe die Ladys doch gebeten, dort ein Taschentuch oder irgendein anderes Zeichen hinzuhängen, damit es uns im Nachtdunkel den Weg weist, und dort flattert es auch schon.«
Der König zeigte auf eine Stelle der Mauerkrone, an der ein Taschentuch geschwenkt wurde. Ein menschlicher Kopf erschien gegen den Nachthimmel, und eine Stimme, so süß, wie ich noch niemals im Leben gehört hatte, sagte:
»Gentlemen, ich bitte Sie, gehen Sie wieder weg.«
»Was?« sagte der König. »Wieder weggehen? Nachdem wir den ganzen weiten Weg gekommen sind. Ist das eine Weiberlaune?«
»Nein«, sagte die Stimme. »Wir fürchten vielmehr, Gentlemen, wir werden beobachtet.«
»Wir?« sagte Rochester. »Sie sagen wir, und doch ist Ihre hübsche Begleiterin nirgendwo zu sehen.«
»Edler Sir«, sagte die Lady. »Es ist für unsereins nicht die leichteste Sache der Welt, auf einer Leiter zu stehen. Und noch viel weniger ginge es zu zweit.«
»Hübsche Lady«, sagte der König. »Wenn Sie es nur irgendwie schaffen könnten, über die Mauer zu kommen, werden wir alle vier einen der angenehmsten und amüsantesten Spaziergänge der Welt machen. Ein Freund von mir, der ein Hauptmann in der Königlichen Garde ist, wird uns auf meine Bitte erlauben, in dem Privatgarten des St.-James-Palastes zu lustwandeln.«
»Wirklich?«
»Ja, meine Schöne. In jenem Garten, von welchem Sie vielleicht schon
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