18 Gänsehaut Stories
ich, »aber mir war so, als hätte da gerade jemand unten im Haus Ihren Namen gerufen.«
»So, wirklich? Dann entschuldigen Sie mich bitte einen Moment, vielleicht haben sie unten etwas entdeckt.«
Es stand eine Karaffe Rotwein auf dem Tisch, und während Harding weg war, goß ich ein Glas voll vorn in den Lauf der Pistole hinein. Dann wischte ich die Mündung sorgfältig mit der Manschette meines Jacketts ab, so daß äußerlich nichts davon zu merken war, daß ich das Pulver durchnäßt hatte.
Als er zurückkam, sah er mich argwöhnisch an und sagte:
»Niemand hat mich gerufen. Wie kommen Sie denn dazu, zu behaupten, jemand hätte mich gerufen?«
»Weil ich glaubte, ich hätte gehört, wie jemand Sie rief. Es wird einem Menschen ja wohl noch gestattet sein, sich dann und wann einmal zu irren.«
»Ja, aber ich bin dennoch überrascht, wie Ihnen ein solcher Irrtum unterlaufen konnte.«
Es war nicht ganz einfach, ohne zu zucken seinem durchdringenden Blick standzuhalten, aber schließlich wandte er ihn ab, nahm seine Pistole in die Hand und überprüfte das Zündhütchen. Das war natürlich in Ordnung, und offenbar befriedigt legte er die Pistole wieder hin.
»In den Korridor wird ein Tisch mit zwei Stühlen gestellt werden«, sagte er, »so daß wir dort ganz bequem sitzen können. Ich will keineswegs voraussagen oder behaupten, daß etwas geschehen wird, aber wenn, dann werde ich von diesen Waffen hier rücksichtslos Gebrauch machen; das möchte ich noch einmal wiederholen.«
»Daran zweifle ich nicht und kann Ihnen das nur empfehlen«, sagte ich. »Jene Pistole da muß eine schreckliche Waffe sein. Hat sie manchmal auch Fehlzündungen?«
»Nicht, daß ich wüßte«, sagte er. »Außerdem habe ich sie mit besonderer Sorgfalt geladen, und deshalb ist es beinahe ein Ding der Unmöglichkeit, daß sie ausgerechnet diesmal nicht losgehen sollte. Trinken Sie ein Glas Wein?«
Genau in diesem Augenblick kam von der Haustür lautes Klopfen. Ich sah einen Ausdruck von Genugtuung über sein Gesicht kommen, er sprang auf die Beine und brachte die Pistole auf mich in Anschlag.
»Wissen Sie, was jenes Klopfen zu bedeuten hat?« sagte ich. »Zu solch einer Stunde?« Gleichzeitig schleuderte ich mit einer Armbewegung seinen Degen vom Tisch und damit außerhalb seiner Reichweite.
»Ja«, sagte er ganz aufgeregt, »Sie sind mein Gefangener. Sie waren es, der letzte Nacht das Unheil und Durcheinander gestiftet hat. Das Mädchen ist bereit zu schwören, daß Sie es waren, und wenn Sie jetzt zu fliehen versuchen, blase ich Ihnen mit einer Kugel das Gehirn aus.«
»Feuern Sie nur auf mich, und nehmen Sie die Konsequenzen in Kauf«, sagte ich. »Aber auch die Drohung allein genügt mir schon, Sie werden für Ihre Unverschämtheit sterben.«
Ich zog meinen Degen, und er wähnte sich offenbar in unmittelbarer Lebensgefahr, denn er drückte sofort die Pistole ab, mit der Mündung direkt in mein Gesicht. Natürlich ging bei der nur das Pulver in der Pfanne los, sonst nichts, aber einen Moment darauf ging dafür mein Degen durch ihn hindurch wie ein Blitz. Es war eine gute Klinge, die mir der Jude verkauft hatte – das Heft stieß gegen sein Brustbein, und er schrie auf.
Bum, bum, bum, kam es indessen wieder von der Haustür. Ich zog die blutige Klinge zurück, rammte sie, während ich die Treppe hinunterraste, in die Scheide und kam unten gerade zurecht, meine Wirtin davon abzuhalten, die Haustür zu öffnen. Ich packte sie am Genick, schleuderte sie ein ganzes Stück weit in den Flur nach hinten, öffnete dann selber die Haustür, trat hinter sie und ließ drei Männer an mir vorbei ins Haus stürzen. Dann kam ich hinter der Tür hervor, verließ unauffällig das Haus und war frei. Dieses letzte Abenteuer hatte mich weder
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