18 Gänsehaut Stories
besonders beeindruckt, noch verursachte mir der Tod Hardings irgendwelche Gewissensbisse; ich hatte ganz einfach nur getan, was getan werden mußte, um mir die Freiheit zu erhalten.
Eilig ging ich die Straße entlang und schaute mich nicht ein einziges Mal um, bis ich weit genug weg war und mich sicher fühlte, daß jede Verfolgung ausgeschlossen war.
Ich begann dann nachzudenken, was ich als nächstes zu tun hatte.
Ich fühlte mich durch die Blutmahlzeit, die ich bereits zu mir genommen hatte, zwar wieder kräftig belebt, aber ich war noch so neu in meiner Vampir-Existenz, daß ich nicht die mindeste Ahnung hatte, wie lange eine solche Mahlzeit in der Wirkung anhalten würde, mir weiter Leben und Kräfte zu geben.
Dabei war es eine ganz merkwürdige übernatürliche Art von Kräften, die ich in mir spürte und die absolut nichts gemeinsam hatten mit jenen, die ein normaler Mensch empfindet, wenn er sich im Vollbesitz seiner Vitalität fühlt. Nein, bei mir war es mehr; ich spürte eine geradezu magische Kraft, der nichts widerstehen konnte, die alle Hindernisse einfach hinwegfegen würde.
Als ich schließlich stehenblieb, fand ich mich in der Pall Mall wieder, nicht weit vom St.-James-Palast entfernt, der letzthin so viele Wechsel erlebt hatte und Zeuge so vieler bemerkenswerter Veränderungen in den Affären von Monarchen gewesen war, daß allein die nackten kommentarlosen Chroniken darüber einen dickleibigen Wälzer ergeben hätten.
Ich schlenderte bis zu dem offenen Gitter des königlichen Palastes vor, doch als ich jenes Viereck betreten wollte, das der Colour-Court genannt wurde, wies ein Wachtposten mich rüde zurück.
So war es zu Zeiten Cromwells nicht gewesen, aber im Moment hatte ich völlig vergessen gehabt, daß sich die Dinge inzwischen grundlegend geändert hatten.
Ich beuge mich immer der Autorität, wenn ich sehe, daß kein Weg an ihr vorbeiführt, und so wandte ich mich auch jetzt sofort zur Seite, ohne irgendeine Bemerkung zu machen. Aber gerade, als ich das tat, sah ich, wie sich nicht weit von dort, wo ich stand, eine kleine Tür öffnete, und zwei in dicke, braune Mäntel gehüllte Gestalten traten heraus.
Auf den ersten Blick sahen sie nicht gerade wie Standespersonen aus, aber wenn man ihre Gesichter, ihre Gestalten und ihr Gehabe ein paar Sekunden lang genauer beobachtete, wie ich es tat, kam man zwangsläufig zu dem Schluß, daß es irgendwelche sehr hochgestellte Persönlichkeiten sein mußten.
Abenteuer war für mich das Leben selbst, jetzt, da ich alle anderen Bande an die irdische Welt abgeschüttelt hatte, und ich hatte eine rücksichtslose Verachtung für alle Gefahren, was bei meiner einzigartigen gefeiten Art von Existenz nur natürlich war. Ich beschloß, diesen beiden Männern dicht genug zu folgen.
»Sollen wir uns ein Vergnügen machen?« sagte der eine.
»Ich bin sicher, daß uns die Ladies welches liefern werden«, entgegnete der andere.
»Und doch waren sie bei unserem letzten Zusammentreffen ziemlich schüchtern, finden Sie nicht auch, Rochester?«
»Eure Majestät –«
»Pst, Mann, pst! Seien Sie doch nicht so unvorsichtig, mich in öffentlichen Straßen mit Majestät anzureden. Wenn ein Lauscher das hört, könnte es einen Hofskandal geben. Ich muß Sie doch bitten, etwas vorsichtiger zu sein.«
»Aber der Name Rochester, den Sie gerade fallenließen, könnte ebenso leicht einen Hofskandal heraufbeschwören wie der –«
»Pst, pst! Sagte ich tatsächlich gerade Rochester? Nun, nun, Mann, behalten wir Namen und Titel also für uns und kommen Sie schnell. Wenn wir die Ladys überzeugen können, herauszukommen, können wir mit ihnen in den Garten des
Weitere Kostenlose Bücher