18 Gänsehaut Stories
würde, vielleicht aber auch nicht. Jedenfalls glaubte ich, mich schon irgendwie aus der Klemme ziehen zu können. Wenn mir tatsächlich vom Schicksal bestimmt war, in meiner neuen schrecklichen Existenz als ein von der menschlichen Gesellschaft Ausgeschlossener zu leben, gewöhnte ich mich lieber beizeiten daran und sah zu, wie ich mich aus solchen Schwierigkeiten retten konnte, die sich immer wieder ergeben würden.
Also verließ ich mich auf meine eigene Stärke und gedachte, diese skrupellos zu nutzen; ich wartete in leidlich gefaßter Haltung die Nacht ab.
Während des Tages vergnügte ich mich durch Spazierengehen und bemerkte die vielen Veränderungen, die in lediglich zwei Jahren in London vor sich gegangen waren. Aber es waren eben zwei sehr bedeutsame, schicksalhafte Jahre gewesen. Die Gefühle und Gewohnheiten der Leute hatten eine völlige Revolution durchgemacht, über welche ich noch mehr erstaunt war, als ich dann erfuhr, mit welch heimtückischem Verrat die Restauration der exilierten Stuart-Familie bewirkt worden war.
Der Tag ging weiter. Ich verspürte keinerlei Bedürfnis nach irgendwelchen Erfrischungen; ich fühlte mich längst wieder vollends hergestellt, und wenn ich ab und zu einen kräftigenden Schluck köstliches Lebensblut bekam, wie in der letzten Nacht, würde das genug frisches Mark für meine Knochen sein. Davon war ich überzeugt.
Als ich das Haus betrat, das ich zu meinem zeitweiligen Heim gemacht hatte, konnte ich sehen, daß mein Gefühl, mein Aussehen hätte sich inzwischen grundlegend verbessert, nicht von anderen geteilt wurde, denn die gesamte Familie schrak vor mir zurück, als sei ich mit einer ansteckenden Krankheit behaftet und als wäre die bloße Luft, die ich atmete, hassenswert und verderblich. Ich war überzeugt, daß in der Zwischenzeit über mich gesprochen worden war und daß ich jetzt wieder im höchsten Grade verdächtigt wurde. Sicher hätte ich das Haus unverzüglich leise und still verlassen können, aber eine Art Trotzgefühl wurde in mir wach, das mich davon abhielt.
Ich harte das Gefühl, als sei ich verletzt worden und müßte mich deshalb gegen etwas wehren, das nach Unterdrückung aussah.
»Warum«, sagte ich, »bin ich eigentlich aus dem Grab gerettet worden? Nur um einem böswilligen Schicksal als Spielball zu dienen? Gewiß, mein Verbrechen war schwer, aber dafür habe ich auch genug gelitten, durch meine Todesqualen genug gebüßt. Oder man hätte mich lieber gleich da im Grab ruhen lassen sollen.«
Diese Gefühle gewannen immer mehr Platz in meinem Denken, beherrschten mich bald völlig, und in einer Art trotziger Verzweiflung glaubte ich deshalb, alle Pläne, mich noch weiter zu strafen, vereiteln zu müssen, selbst wenn dieses der Vorsehung selbst zuwiderlaufen sollte.
Dies war letztlich der Grund, warum ich mich nicht als Feigling zeigen und beim ersten Anzeichen von Gefahr fliehen wollte.
Ich saß in meinem Zimmer, bis die Stunde meiner Verabredung mit Mr. Harding kam, ging dann zuversichtlichen Schrittes den Korridor hinauf, wobei ich die Spitze meiner Degenscheide über den Boden klappern ließ, und klopfte kühn an seine Tür. Es schien mir, als zögerte er ein wenig, ehe er mich bat, hereinzukommen, aber vielleicht bildete ich mir das auch nur ein.
Er saß voll angekleidet an einem Tisch, und außer seinem Degen hatte er vor sich auf dem Tisch eine riesige Pistole liegen, beinahe halb so lang wie ein Karabiner.
»Ich sehe, Sie sind gut vorbereitet«, sagte ich, indem ich auf die Pistole deutete.
»Ja«, sagte er, »und ich werde keineswegs zögern, sie zu gebrauchen.«
»Was wollen die jetzt wieder?«
»Wer will was?« fragte er.
»Ich weiß nicht«, sagte
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