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18 Gänsehaut Stories

18 Gänsehaut Stories

Titel: 18 Gänsehaut Stories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Kluge
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des­sen Rei­ze durch die Leich­tig­keit der Klei­dung er­höht wur­den.
    Muir­land war auf­ge­regt; die­se so an­mu­ti­gen und so zar­ten For­men stan­den im Wi­der­spruch zu al­lem, was ihn um­gab. Das Ske­lett, wel­ches die Mes­se nach­äff­te, er­griff mit sei­nen ge­krümm­ten Fin­gern Muir­lands Hand und leg­te sie in die des jun­gen Mäd­chens.
    Muir­land glaub­te jetzt in der Be­rüh­rung der selt­sa­men Braut den kal­ten Biß zu er­ken­nen, wel­chen das Volk den Spun­kies zu­schreibt. Das war zu­viel; er schloß die Au­gen und wur­de halb ohn­mäch­tig.
    Er glaub­te zu füh­len, wie Geis­ter­hän­de ihn auf sein treu­es Tier setz­ten, wel­ches vor der Tür der Ka­the­dra­le war­te­te; al­lein sei­ne Wahr­neh­mun­gen wa­ren dun­kel, un­be­stimmt sei­ne Emp­fin­dun­gen. Was wei­ter ge­sch­ah, wuß­te der Päch­ter nicht, der sich am nächs­ten Mor­gen in sei­nem Bett wie­der­fand und er­staunt war, als man ihm sag­te, daß er in der Nacht des Hal­lo­we’en ei­ne Rei­se in das Hoch­land an­ge­tre­ten ha­be und ei­ni­ge Ta­ge dar­auf mit dem jun­gen Weib zu­rück­ge­kehrt sei, das er an sei­nem Bett sit­zen sah.
    Er rieb sich die Au­gen und glaub­te zu träu­men, dann aber woll­te er die be­trach­ten, die er ge­wählt hat­te, oh­ne zu wis­sen, und die nun Frau Muir­land ge­wor­den war.
    Wie hübsch war sie! Welch sanf­tes Licht strahl­te aus ih­ren glän­zen­den Au­gen! Doch über­rasch­ten Muir­land die­se großen Au­gen. Er sah kei­ne Au­gen­li­der, große dun­kelblaue Krei­se zeig­ten sich un­ter den schwar­zen Bo­gen der Au­gen­brau­en, de­ren Schwung von be­wun­derns­wür­di­ger Leich­tig­keit war. Muir­land seufz­te; die un­deut­li­che Er­in­ne­rung an den Spun­kie, an sei­nen nächt­li­chen Ritt und sei­ne schreck­li­che Hoch­zeit in der Ka­the­dra­le wur­de in ihm wach.
    Wäh­rend er sei­ne neue Gat­tin be­trach­te­te, glaub­te er, wenn auch ge­mil­dert, bei ihr al­le cha­rak­te­ris­ti­schen Zü­ge ei­nes über­na­tür­li­chen We­sens zu er­ken­nen.
    Die Fin­ger des jun­gen Wei­bes wa­ren lang und dünn, ih­re Nä­gel lang und schmal, ihr blon­des Haar reich­te bis auf die Er­de.
    Er ver­sank in tie­fe Ge­dan­ken; in­des sag­ten al­le sei­ne Nach­barn zu ihm, daß die Fa­mi­lie sei­ner Frau in den Hoch­lan­den woh­ne, daß er gleich nach der Hoch­zeit von ei­nem hef­ti­gen Fie­ber er­grif­fen und es da­her kein Wun­der sei, wenn je­de Er­in­ne­rung an die Trau­ung sei­nem Geis­te ent­fal­len wä­re; bald aber wür­de er sich mit sei­ner Frau glück­lich füh­len, denn sie sei schön, sanft und ei­ne gu­te Haus­frau.
    »Sie hat aber kei­ne Au­gen­li­der!« rief Muir­land.
    Man lach­te ihm ins Ge­sicht und be­haup­te­te, daß er noch im­mer an Fie­ber­phan­tasi­en lit­te. Au­ßer dem Päch­ter be­merk­te nie­mand die­se son­der­ba­re Ei­gen­tüm­lich­keit.
    Die Nacht kam; es war für Muir­land die Hoch­zeits­nacht; denn bis­her war er nur dem Na­men nach Ehe­mann ge­we­sen.
    Die Schön­heit sei­ner Frau hat­te ihn er­regt. Er ge­lob­te sich, sei­ner Angst zu trot­zen und das wun­der­ba­re Ge­schenk zu ge­nie­ßen, wel­ches der Him­mel oder die Höl­le ihm ge­sandt hat­te …
    Muir­land er­wach­te, denn es war ihm, als hät­te ein plötz­li­cher Son­nen­strahl das Zim­mer er­leuch­tet, in wel­chem das ehe­li­che Bett stand. Er fuhr rasch em­por und er­blick­te die fun­keln­den Au­gen sei­ner Gat­tin, die sich zärt­lich auf ihn rich­te­ten. »Ver­dammt!« rief er. »Mein Schlaf ist ei­ne Be­lei­di­gung dei­ner Schön­heit!«
    Er sag­te zu Spel­lie, so hieß die jun­ge Gat­tin, tau­send lie­bens­wür­di­ge und zärt­li­che Din­ge, auf wel­che das jun­ge Mäd­chen aus den Ber­gen so gut sie konn­te ant­wor­te­te.
    Der Mor­gen brach an, und Spel­lie hat­te noch nicht ge­schla­fen. Wie soll­te sie auch schla­fen? frag­te sich Muir­land. Sie hat ja kei­ne Li­der.
    Die Son­ne stand am Him­mel. Muir­land war bleich und er­schöpft; die Au­gen der jun­gen Gat­tin strahl­ten feu­ri­ger als je. Mor­gens er­gin­gen sie sich an den Ufern der Doon. Das jun­ge Weib war so schön, daß der Bau­er trotz des Fie­bers, von wel­chem er er­grif­fen

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