Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
18 Gänsehaut Stories

18 Gänsehaut Stories

Titel: 18 Gänsehaut Stories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Kluge
Vom Netzwerk:
noch im­mer über sei­ner Schul­ter der blei­che Kopf mit dem flam­mend blon­den Haar.
    Muir­land stieß einen lau­ten Schrei aus und warf sich mit dem Ge­sicht auf den Bo­den.
    Al­le An­we­sen­den flo­hen und zer­streu­ten sich nach den ver­schie­dens­ten Sei­ten wie Blät­ter im Wind. An der Stel­le, wo sie sich ih­ren länd­li­chen Freu­den hin­ge­ge­ben hat­ten, blie­ben nur Res­te des Fes­tes, das halb er­lo­sche­ne Feu­er, die ge­leer­ten Krü­ge und Fla­schen – und Muir­land, der mit dem Ge­sicht noch im­mer auf dem Bo­den lag.
    Der Wind heul­te und ließ je­nes lan­ge Pfei­fen hö­ren, wel­ches die Schot­ten mit dem Aus­druck sugh be­zeich­nen.
    Muir­land er­hob sich und blick­te über sei­ne Schul­ter – noch im­mer sah er den Kopf; er lä­chel­te dem Bau­ern zu, sag­te aber kein Wort, und Muir­land ver­moch­te nicht zu er­ken­nen, ob die­ser Kopf ei­nem mensch­li­chen Kör­per an­ge­hö­re, denn er zeig­te sich ihm stets nur über die Schul­ter. Sei­ne Zun­ge kleb­te ihm am Gau­men. Er ver­such­te ei­ne Un­ter­hal­tung mit dem höl­li­schen We­sen an­zu­knüp­fen, er sprach sich selbst Mut zu, doch um­sonst – so­bald er die blei­chen Zü­ge und die flam­men­den Lo­cken er­blick­te, zit­ter­te er am gan­zen Kör­per. Da floh er in der Hoff­nung, sich so von die­sem schreck­li­chen We­sen be­frei­en zu kön­nen.
    Er eil­te zu sei­nem Pferd, band es los und woll­te den Fuß in den Steig­bü­gel set­zen, als er sich noch ein­mal um­blick­te. O Grau­sen! Noch im­mer war der Kopf ne­ben ihm, schi­en sein un­zer­trenn­li­cher Be­glei­ter ge­wor­den zu sein. Er war an sei­ne Schul­ter ge­hef­tet, gleich je­nen Köp­fen, wel­che go­ti­sche Bild­hau­er bis­wei­len an der Spit­ze ei­ner Säu­le oder in der Ecke ei­nes Ge­sim­ses an­brach­ten.
    Das Pferd des Bau­ern schnaub­te; es teil­te das Grau­sen sei­nes Herrn.
    Der Spun­kie, denn ei­ner von die­sen Be­woh­nern des Schil­fes der Doon muß­te es sein, der den Päch­ter ver­folg­te, rich­te­te zwei flam­men­de Au­gen auf Muir­land, so­oft die­ser sich um­blick­te. Tief­blau wa­ren die­se Au­gen, kei­ne Wim­pern be­schat­te­ten, kein Au­gen­lid mil­der­te ih­ren un­heim­li­chen Glanz. Bei­de Spo­ren schlug der Bau­er dem Pferd in die Sei­ten, das da­von­jag­te; im­mer wie­der muß­te er sich um­dre­hen, muß­te sich über­zeu­gen, ob sei­ne Ver­fol­ge­rin noch da war, und sie ver­ließ ihn nicht; er ga­lop­pier­te da­hin. Muir­land wuß­te nicht mehr, wel­chen Weg er ver­folg­te, wel­chem Ziel sein Pferd ihn ent­ge­gen­führ­te. Er hat­te nur einen Ge­dan­ken, den an den Spun­kie, der ihn nicht ver­ließ.
    Der Him­mel über­zog sich mit schwar­zen Wol­ken. Der Wind heul­te, als hät­te er die To­ten auf­we­cken wol­len; der Re­gen klatsch­te.
    Flüch­ti­ge Blit­ze durch­zuck­ten die Wol­ken. Der Don­ner glich ei­nem dump­fen und lau­ten Ge­brüll.
    Die Wut des Un­ge­wit­ters stei­ger­te sich mit je­dem Au­gen­blick; die Doon trat aus ih­ren Ufern, und Muir­land er­kann­te, nach­dem er ei­ne Stun­de ga­lop­piert war, daß er an die­sel­be Stel­le zu­rück­ge­kehrt war, von der er weg­ge­rit­ten war. Er jag­te wei­ter.
    Die Kir­che von Cas­si­lis lag vor ihm. Ei­ne Feu­ers­brunst schi­en ih­re al­ten Pfei­ler zu ver­zeh­ren; Flam­men schlu­gen aus den Fens­ter­lö­chern, und die Bild­wer­ke er­schie­nen in ih­rer gan­zen Schön­heit auf dem un­heim­lich hel­len Hin­ter­grun­de. Das Pferd woll­te nicht wei­ter; al­lein der Päch­ter, des­sen Ver­nunft nicht mehr sein Tun lei­te­te, der die Last des furcht­ba­ren Kopf­es auf sei­nen Schul­tern zu füh­len glaub­te, schlug dem ar­men Tie­re so hef­tig die Spo­ren in die Sei­ten, daß es wei­ter­ras­te.
    »Jock«, sag­te ei­ne sanf­te Stim­me, »hei­ra­te mich, und du wirst dich nicht mehr fürch­ten.«
    »Hei­ra­te mich«, wie­der­hol­te der Spun­kie.
    In­des jag­ten sie auf die flam­men­de Kir­che zu. Am Wei­ter­rei­ten durch die zer­bro­che­nen Pfei­ler und die zu Bo­den ge­stürz­ten Stein­bil­der der Hei­li­gen ge­hin­dert, stieg Muir­land vom Pfer­de.
    Mit fes­ten Schrit­ten trat er in die Kir­che, de­ren De­cke der Him­mel

Weitere Kostenlose Bücher