18 Gänsehaut Stories
Zäune, ritt die Pferde zur Tränke, trieb das Vieh von der Weide heim und spaltete Holz für den Winter. Auch stellte man ihn gelegentlich als Kindermädchen an, was ihm viel von der gebieterischen Würde nahm, die sonst solchen Personen anhaftet. Zudem war er auch der Gesangslehrer in diesem Landstrich, und seine Stimme war am Sonntag im Kirchenchor aus einer Anzahl schöner Stimmen deutlich herauszuhören.
So schlug sich dieser edle Pädagoge mit Hängen und Würgen durch, und alle, die von den Mühen geistiger Arbeit nichts wußten, waren der Ansicht, er führe doch ein wunderbares bequemes Leben. Da er bei seinen mannigfaltigen Beschäftigungen viel herumkam, wurde er zu einer Art wandelnder Zeitung, die den Dorfklatsch von Haus zu Haus trug. Außerdem war er bei den Weibern wie bei den Männern hoch angesehen, hatte er doch mehrere Bücher ganz durchgelesen und kannte er sich doch in Cotton Mathers Geschichte der neuenglischen Zauberei gut aus.
Er liebte es, sich selbst das Gruseln einzureden. Sah er in der Nacht einen Leuchtkäfer, so hielt er ihn für eine verzauberte Seele, erblickte er einen besonders großen Käfer, der wild mit den Flügeln um sich schlug, so war es für Ichabod klar, daß der arme Kerl von einer Hexe besprochen worden sei. All solche Wahrnehmungen genoß er halb ängstlich, halb mit freudiger Erregung darüber, dem Unheimlichen nahe zu sein.
Schauerliches Vergnügen bereitete es ihm auch, an langen Winterabenden bei den alten Holländerfrauen in den Spinnstuben zu sitzen und ihre seltsamen Erzählungen von Gespenstern und Kobolden, von verhexten Feldern, Bächen und Häusern und besonders von dem kopflosen Reiter anzuhören.
Dagegen wußte er sie mit Anekdoten von Hexerei, von schrecklichen Zeichen und seltsamen Erscheinungen und Tönen in der Luft zu unterhalten und jagte ihnen Schrecken ein, indem er ihnen von Kometen und Sternschnuppen berichtete und sie mit der Tatsache vertraut machte, daß sich die Welt ganz und gar drehe und sie alle die Hälfte ihrer Zeit auf dem Kopf stünden.
Aber wie angenehm dies auch war, wenn man in einer warmen Stube, in die sich kein Gespenst hereinwagte, davon berichtete – es gab den Heimweg. Da lagerten furchtbare Gestalten und Schatten am Wegrand. Mit argwöhnischem Blick sah er auf jeden zitternden Lichtstrahl, der aus irgendeinem fernen Fenster auf die weiten Felder fiel. Ein verschneiter Strauch barg gewiß ein Ungetüm. Und fuhr ein Windstoß heulend durch den Wald, so sah er sich zu wilder Verzweiflung getrieben, denn er war sich fast sicher, daß das Geräusch von dem Reiter ohne Kopf herrührte, der wieder einmal nach dem Schlachtfeld unterwegs war, um seinen Schädel zu suchen.
All dies war jedoch nur dem bösen Geist der Finsternis zuzuschreiben, der sich in der Nacht bewegt und die Phantome losläßt. Und wenn er auch schon manch Gespenst gesehen hatte und oft auf seinen Wanderungen vom Satan heimgesucht worden war, so vermochte er sich doch im tiefsten Schrecken immer damit zu trösten, daß dies alles bei Tagesanbruch ein Ende habe. So wäre der gute Mann trotz der nächtlichen Erscheinungen des Satans und seines Gefolges glücklich und zufrieden gewesen, wäre nicht sein Weg von einem Wesen gekreuzt worden, das den Sterblichen mehr Kummer und Verdruß bereiten kann, als alle Gespenster, Kobolde und das ganze Hexenvolk zusammen, nämlich – ein Mädchen.
Unter den Gesangsschülern, die sich an einem Abend der Woche versammelten, um Unterricht in Psalmensingen zu nehmen, befand sich eine gewisse Katharina van Tassel, die Tochter und das einzige Kind eines wohlhabenden holländischen Pächters.
Sie war schön, rundlich wie ein Rebhuhn und
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