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18 Gänsehaut Stories

18 Gänsehaut Stories

Titel: 18 Gänsehaut Stories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Kluge
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Zäu­ne, ritt die Pfer­de zur Trän­ke, trieb das Vieh von der Wei­de heim und spal­te­te Holz für den Win­ter. Auch stell­te man ihn ge­le­gent­lich als Kin­der­mäd­chen an, was ihm viel von der ge­bie­te­ri­schen Wür­de nahm, die sonst sol­chen Per­so­nen an­haf­tet. Zu­dem war er auch der Ge­sangs­leh­rer in die­sem Land­strich, und sei­ne Stim­me war am Sonn­tag im Kir­chen­chor aus ei­ner An­zahl schö­ner Stim­men deut­lich her­aus­zu­hö­ren.
    So schlug sich die­ser ed­le Päd­ago­ge mit Hän­gen und Wür­gen durch, und al­le, die von den Mü­hen geis­ti­ger Ar­beit nichts wuß­ten, wa­ren der An­sicht, er füh­re doch ein wun­der­ba­res be­que­mes Le­ben. Da er bei sei­nen man­nig­fal­ti­gen Be­schäf­ti­gun­gen viel her­um­kam, wur­de er zu ei­ner Art wan­deln­der Zei­tung, die den Dorf­klatsch von Haus zu Haus trug. Au­ßer­dem war er bei den Wei­bern wie bei den Män­nern hoch an­ge­se­hen, hat­te er doch meh­re­re Bü­cher ganz durch­ge­le­sen und kann­te er sich doch in Cot­ton Ma­thers Ge­schich­te der neu­eng­li­schen Zau­be­rei gut aus.
    Er lieb­te es, sich selbst das Gru­seln ein­zu­re­den. Sah er in der Nacht einen Leucht­kä­fer, so hielt er ihn für ei­ne ver­zau­ber­te See­le, er­blick­te er einen be­son­ders großen Kä­fer, der wild mit den Flü­geln um sich schlug, so war es für Icha­bod klar, daß der ar­me Kerl von ei­ner He­xe be­spro­chen wor­den sei. All sol­che Wahr­neh­mun­gen ge­noß er halb ängst­lich, halb mit freu­di­ger Er­re­gung dar­über, dem Un­heim­li­chen na­he zu sein.
    Schau­er­li­ches Ver­gnü­gen be­rei­te­te es ihm auch, an lan­gen Win­ter­aben­den bei den al­ten Hol­län­der­frau­en in den Spinn­stu­ben zu sit­zen und ih­re selt­sa­men Er­zäh­lun­gen von Ge­spens­tern und Ko­bol­den, von ver­hex­ten Fel­dern, Bä­chen und Häu­sern und be­son­ders von dem kopf­lo­sen Rei­ter an­zu­hö­ren.
    Da­ge­gen wuß­te er sie mit An­ek­do­ten von He­xe­rei, von schreck­li­chen Zei­chen und selt­sa­men Er­schei­nun­gen und Tö­nen in der Luft zu un­ter­hal­ten und jag­te ih­nen Schre­cken ein, in­dem er ih­nen von Ko­me­ten und Stern­schnup­pen be­rich­te­te und sie mit der Tat­sa­che ver­traut mach­te, daß sich die Welt ganz und gar dre­he und sie al­le die Hälf­te ih­rer Zeit auf dem Kopf stün­den.
    Aber wie an­ge­nehm dies auch war, wenn man in ei­ner war­men Stu­be, in die sich kein Ge­spenst her­ein­wag­te, da­von be­rich­te­te – es gab den Heim­weg. Da la­ger­ten furcht­ba­re Ge­stal­ten und Schat­ten am Weg­rand. Mit arg­wöh­ni­schem Blick sah er auf je­den zit­tern­den Licht­strahl, der aus ir­gend­ei­nem fer­nen Fens­ter auf die wei­ten Fel­der fiel. Ein ver­schnei­ter Strauch barg ge­wiß ein Un­ge­tüm. Und fuhr ein Wind­stoß heu­lend durch den Wald, so sah er sich zu wil­der Ver­zweif­lung ge­trie­ben, denn er war sich fast si­cher, daß das Ge­räusch von dem Rei­ter oh­ne Kopf her­rühr­te, der wie­der ein­mal nach dem Schlacht­feld un­ter­wegs war, um sei­nen Schä­del zu su­chen.
    All dies war je­doch nur dem bö­sen Geist der Fins­ter­nis zu­zu­schrei­ben, der sich in der Nacht be­wegt und die Phan­to­me los­läßt. Und wenn er auch schon manch Ge­spenst ge­se­hen hat­te und oft auf sei­nen Wan­de­run­gen vom Sa­tan heim­ge­sucht wor­den war, so ver­moch­te er sich doch im tiefs­ten Schre­cken im­mer da­mit zu trös­ten, daß dies al­les bei Ta­ges­an­bruch ein En­de ha­be. So wä­re der gu­te Mann trotz der nächt­li­chen Er­schei­nun­gen des Sa­tans und sei­nes Ge­fol­ges glück­lich und zu­frie­den ge­we­sen, wä­re nicht sein Weg von ei­nem We­sen ge­kreuzt wor­den, das den Sterb­li­chen mehr Kum­mer und Ver­druß be­rei­ten kann, als al­le Ge­spens­ter, Ko­bol­de und das gan­ze He­xen­volk zu­sam­men, näm­lich – ein Mäd­chen.
    Un­ter den Ge­sangs­schü­lern, die sich an ei­nem Abend der Wo­che ver­sam­mel­ten, um Un­ter­richt in Psal­men­sin­gen zu neh­men, be­fand sich ei­ne ge­wis­se Ka­tha­ri­na van Tas­sel, die Toch­ter und das ein­zi­ge Kind ei­nes wohl­ha­ben­den hol­län­di­schen Päch­ters.
    Sie war schön, rund­lich wie ein Reb­huhn und

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