18 Gänsehaut Stories
gewesen sein. Sie war vermutlich aufgewacht, hatte den Umschlag auf der Kommode gesehen, Bobs Notlage erkannt und war mit dem Auto herübergekommen. Sie wußte, daß im Handschuhfach ein Schlüssel zur Kuppel lag.
Bob warf einen Blick auf die Standuhr. Fast 23 Uhr. Sie würden rasch arbeiten müssen.
»Gut, hier ist sie also«, erklärte er dem Assistenten und gab ihm die genaue Position.
»Stephans Quintett, was?« fragte der andere.
»Stephans Quintett? – Nein! Unser Objekt liegt viel weiter nördlich im Pegasus.«
»Die Koordinaten sehen aber wie die von Stephans Quintett aus«, stellte der Assistent fest. »Ich habe sie schon oft genug eingestellt.«
Bob runzelte die Stirn, während er die Zahlen auf dem Papierstreifen betrachtete. »Das ist doch Thorntons Schrift, oder?«
Der Assistent blätterte im Beobachtungsbuch.
»Das wird sich gleich herausstellen.«
Er zeigte auf eine von Thornton abgezeichnete Eintragung.
»Ja, das ist seine Schrift«, sagte er. »Die Zahlen sind typisch für ihn – die geschlossene Vier schreibt nur er. Alle anderen lassen sie oben offen.«
»Ich habe die Einstellung direkt von MacGuire bekommen«, erklärte ihm Bob, »und MacGuire hatte sie direkt von Thornton. Folglich bleibt uns nichts anderes übrig, als Stephans Quintett einzustellen.«
Danach kamen sie schnell voran. Wenige Minuten später verglich Bob die Sterne im Blickfeld des Spiegelteleskops mit denen auf seinem Negativabzug. Zum Glück war das Objekt leicht zu identifizieren. Er manövrierte das Abbild in den Spektrografen, suchte sich einen Leitstern und schaffte kurz vor Tagesanbruch noch zwei Aufnahmen.
»Fertig!« rief Bob dem Assistenten triumphierend zu. »Sie können zumachen und nach Hause gehen!«
Bob blieb in der Dunkelkammer, um die Platten zu entwickeln und zu trocknen. Auf diese Weise waren sie gegen Mittag trocken, so daß Dagny und er gleich nach dem Mittagessen zurückfahren konnten. Ein Blick auf die dunklen Streifen auf den Gläsern zeigte ihm, daß er Belichtung und Tiefenschärfe genau richtig eingestellt hatte.
Bob setzte Dagny zu Hause ab, zog sich um und fuhr ins Büro.
»Ich komme bestimmt erst spät nach Hause«, erklärte er ihr. »Ich will mir diese Aufnahmen genau ansehen.«
Es war gut, daß er Dagny gewarnt hatte, denn er kam erst zurück, als es schon dunkel wurde. Nach der Kühle auf Mt. Elsinore kam ihm das Tal wie ein Backofen vor. Bobs Hemd war völlig durchgeschwitzt. Dagny, die ein leichtes Kleid im Empirestil trug, wirkte kühl und heiter wie eine antike Göttin.
Sie saßen einige Minuten schweigend auf der Veranda. Bob trank einen Scotch mit Soda, Dagny blieb wie üblich bei Tomatensaft.
Bob sprach als erster.
»In den vergangenen drei Tagen ist eine Menge passiert«, sagte er.
»So?« fragte Dagny und streichelte Margaritas seidiges Fell.
»Hast du schon von Thornton gehört?«
Dagny schüttelte den Kopf.
»Thornton hat die Bedeckung nicht beobachten können.«
»Nein? War der Himmel über Hawaii auch bewölkt?«
»Thornton ist tot.«
Dagny streichelte Margaritas Fell.
»Tot? – Aber wie …«
Bob zögerte.
»Das steht noch nicht fest. Thornton scheint eine kleine Pause in der Bibliothek des Observatoriums gemacht zu haben. Seine Vorbereitungen waren jedenfalls abgeschlossen, und er hatte noch ein paar Stunden Zeit. Der Nachtassistent glaubt, Stimmen gehört zu haben – dann ist ein Schuß gefallen. Er ist sofort in die Bibliothek geeilt. Thornton war tot. Neben ihm lag ein Revolver.«
Bob wünschte sich, er könnte Dagnys Gesicht sehen, aber dazu war es schon zu dunkel.
»Thornton ist offensichtlich nicht allein gewesen«, fuhr Bob fort. »Auf dem Tisch standen zwei Gläser. An beiden wurden
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