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18 Gänsehaut Stories

18 Gänsehaut Stories

Titel: 18 Gänsehaut Stories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Kluge
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reif, weich und rot­wan­gig wie ei­ner von den Pfir­si­chen ih­res Va­ters. Da aber ihr Va­ter ei­ner der reichs­ten Päch­ter weit und breit war, wur­de sie nicht nur we­gen ih­rer äu­ße­ren Rei­ze, son­dern auch we­gen ih­rer großen Mit­gift von den Bur­schen der Ge­gend um­schwärmt. In die­ses Mäd­chen al­so ver­lieb­te sich der Schul­meis­ter Icha­bod, und auch bei ihm spiel­te die Aus­sicht, auf die­sem Um­weg den präch­ti­gen Be­sitz ih­res Va­ters zu er­ben, kei­ne ge­rin­ge Rol­le.
    Er muß­te je­doch fest­stel­len, daß er au­ßer ei­ner An­zahl von Schwär­me­rn, die sich we­nig Hoff­nung auf die Gunst des Mäd­chens ma­chen konn­ten, sehr wohl einen ernst­zu­neh­men­den Ri­va­len be­saß, des­sen Art und We­sen es eben be­wirkt hat­ten, daß die an­de­ren Bur­schen mehr oder min­der frei­wil­lig zu­rück­ge­tre­ten wa­ren und dem Mäd­chen nur noch aus der Fer­ne schö­ne Au­gen mach­ten. Der Bur­sche hieß Abra­ham, wur­de aber Brom van Br­unt ge­nannt, und das gan­ze Land sprach von sei­nen Ta­ten. Er war breit­schult­rig und seh­nig, trug kur­z­es krau­ses schwar­zes Haar und hat­te ein gro­bes, aber nicht un­schö­nes Ge­sicht, in dem sich Schalk und Hoch­mut misch­ten. We­gen sei­ner her­ku­li­schen Ta­ten und sei­ner großen Kraft hat­te er den Spott­na­men Brom Bo­nes, das heißt »Kno­chen-Brom«, er­hal­ten. Er war ein gu­ter Rei­ter, und mit drei oder vier lus­ti­gen Kum­pa­nen, die ihn als Vor­bild be­trach­te­ten, ritt er oft bei kal­tem Wet­ter in ei­ner Pelz­müt­ze mit lan­gem Fuchs­schwanz über Land. Zu­wei­len hör­te man dann sei­ne Schar um Mit­ter­nacht mit großem Ge­schrei und Hus­sa wie ein Trupp Ko­sa­ken an den Häu­sern vor­bei­spren­gen. Die al­ten Frau­en fuh­ren im Schlaf hoch und mur­mel­ten: Das ist wie­der Brom Bo­nes mit sei­ner Ban­de. Bei al­len tol­len Strei­chen und bei je­der Schlä­ge­rei war er da­bei und hat­te sich so über­all be­kannt ge­macht.
    Die­ser tap­fe­re Held hat­te seit ei­ni­ger Zeit die schö­ne Ka­tha­ri­na zum Ge­gen­stand sei­ner recht plum­pen Zärt­lich­kei­ten aus­er­se­hen, die, wenn­gleich sie et­was von den Tap­sig­kei­ten ei­nes Bä­ren hat­ten, wie man sich er­zähl­te, auf das Mäd­chen nicht ganz oh­ne Ein­druck ge­blie­ben wa­ren. Bo­nes be­gann nun, Icha­bod al­ler­lei Strei­che zu spie­len. Mit sei­ner Reiter­schar er­schi­en er bei der Sing­schu­le und ver­stopf­te die Schorn­stei­ne, so daß der ar­me Schul­meis­ter schon ver­mu­te­te, He­xen sei­en am Werk. Auch ließ Brom kei­ne Ge­le­gen­heit ver­strei­chen, Icha­bod in Ge­gen­wart des Mäd­chens lä­cher­lich zu ma­chen. Er be­saß einen Hund, den er zum Jau­len und Win­seln ab­rich­te­te, um ihn dann in die Sing­schu­le ein­zu­schmug­geln, wo er Icha­bo­ds Ge­sän­ge in schau­rigs­ter Wei­se par­odier­te.
    So ging die Sa­che ei­ne Zeit­lang hin, oh­ne daß es zwi­schen den bei­den Ri­va­len zu ei­ner Ent­schei­dung ge­kom­men wä­re, bis Icha­bod an ei­nem schö­nen Herbst­nach­mit­tag in sei­nem Schul­haus den Be­such ei­nes Ne­gers emp­fing, der ihm ei­ne Ein­la­dung zu ei­nem Fes­tes­sen über­brach­te, das noch am sel­ben Abend im Hau­se des Myn­heer van Tas­sel statt­fin­den soll­te. Ehe sich Icha­bod noch nach nä­he­ren Ein­zel­hei­ten er­kun­di­gen konn­te, war der Bo­te auch schon wie­der ver­schwun­den, an­ge­trie­ben von der Wich­tig­keit und Ei­le sei­ner Missi­on. Der Leh­rer gab sei­nen Schü­lern frei und mach­te sich dann mit be­son­de­rer Sorg­falt an die Toi­let­te. Er zog sei­nen ver­schos­se­nen schwar­zen An­zug an, borg­te sich von sei­nem Nach­barn des­sen Pferd »Gun­pow­der«, was Schieß­pul­ver be­deu­tet, und schwang sich schließ­lich, an­ge­tan mit ei­nem we­hen­den schwar­zen Man­tel, des­sen Schö­ße fast bis zum Schweif des Tie­res flat­ter­ten, auf die recht ma­ge­re Mäh­re und ritt da­von.
    Es wur­de Abend, bis Icha­bod das Ge­höft des Myn­heer van Tas­sel er­reich­te. Dort wa­ren die wohl­ha­ben­den Päch­ter der Nach­bar­schaft ver­sam­melt, aber auch Brom Bo­nes war mit sei­nem Lieb­lings­pferd »Ge­fah­ren­teu­fel« her­bei­ge­rit­ten,

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