Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
18 Gänsehaut Stories

18 Gänsehaut Stories

Titel: 18 Gänsehaut Stories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Kluge
Vom Netzwerk:
bei­den Ver­stor­be­nen zu sei­nen Pa­ti­en­ten ge­hört hat­ten. An­läß­lich Sa­wyers Be­er­di­gung hat­te er sich so­gar dar­über ge­wun­dert, wie es mög­lich ge­we­sen war, daß der rach­süch­ti­ge Far­mer in ei­nem Sarg Platz hat­te, der dem des we­sent­lich klei­ne­ren Fen­ner auf­fäl­lig glich.
    Erst zwei Stun­den spä­ter stand Dr. Da­vis von dem Bett des Ver­wun­de­ten auf, nach­dem er Birch ein­ge­schärft hat­te, über­all und im­mer zu be­haup­ten, die Wun­den rühr­ten aus­schließ­lich von Nä­geln und Holz­split­tern her. Birch soll­te über­haupt je­des Ge­spräch über die­sen un­glück­li­chen Vor­fall tun­lichst ver­mei­den und vor al­lem kei­nen an­de­ren Dok­tor sei­ne Ver­wun­dun­gen be­han­deln las­sen. Der To­ten­grä­ber be­folg­te die­sen Rat für den Rest sei­nes Le­bens, bis er sich mir an­ver­trau­te, und als ich die Nar­ben zu Ge­sicht be­kam, stimm­te ich mit ihm über­ein, daß er das Rich­ti­ge ge­tan ha­be. Er blieb für im­mer ge­lähmt, denn die Seh­nen wa­ren durch­trennt, aber ich glau­be, daß die ei­gent­li­chen Wun­den in sei­ner See­le zu­rück­b­lie­ben. Sein Ver­stand war nun auf un­er­klär­li­che Wei­se ver­wirrt, und sei­ne Re­ak­ti­on auf Wör­ter wie Frei­tag, Gruft, Sarg und an­de­re, die noch un­ver­fäng­li­cher klan­gen, war ge­ra­de­zu mit­lei­der­re­gend. Er gab sei­nen Be­ruf auf, aber ir­gend et­was schi­en ihn zeit sei­nes Le­bens zu be­drücken. Es mag nur ei­ne un­ge­wis­se Furcht ge­we­sen sein, aber ich ha­be Grund zu der An­nah­me, daß sich dar­un­ter auch ein ver­spä­te­tes Be­dau­ern misch­te, mit dem er an ver­gan­ge­ne Ta­ten zu­rück­dach­te.
    Nach­dem Dr. Da­vis ihn in je­ner Nacht ver­las­sen hat­te, bat er den Fried­hofs­wär­ter um ei­ne La­ter­ne und mach­te sich auf den Weg zu der Gruft. Der Mond warf ein geis­ter­haf­tes Licht auf die Zie­gel­trüm­mer und das gäh­nen­de Loch ober­halb der ei­ser­nen Tür. Das ros­ti­ge Schloß ließ sich von au­ßen oh­ne großen Kraft­auf­wand be­tä­ti­gen, aber Dr. Da­vis war vor­sich­tig ge­nug, das Tor durch einen Stein­bro­cken zu si­chern, be­vor er sich in die Gruft wag­te. Er dach­te an die zahl­lo­sen Ob­duk­tio­nen zu­rück, die er mit­ge­macht hat­te, ließ sich von dem ent­setz­li­chen Ge­stank nicht wei­ter be­ein­dru­cken und rich­te­te den Strahl der La­ter­ne auf die Sär­ge, die wirr durch­ein­an­der­la­gen. Zu­erst stieß er einen lau­ten Schrei aus, dann gab er einen halb er­stick­ten Laut von sich, der noch schreck­er­füll­ter klang. Einen Au­gen­blick spä­ter flüch­te­te er wie von Fu­ri­en ge­hetzt in das Haus des Fried­hofs­wär­ters zu­rück und vers­tieß ge­gen al­le Re­geln der ärzt­li­chen Kunst, in­dem er sei­nen Pa­ti­en­ten auf­weck­te, ihn bei den Schul­tern rüt­tel­te und ihm auf­ge­regt et­was ins Ohr flüs­ter­te. Sei­ne Wor­te müs­sen auf Birchs ver­wirr­ten Ver­stand wie die Trom­pe­ten des Jüngs­ten Ge­richts ge­wirkt ha­ben …
    »Es war Asa­phs Sarg, Birch, wie ich es mir ge­dacht ha­be! Ich ha­be sein Ge­biß wie­der­er­kannt, in dem die obe­ren Vor­der­zäh­ne fehl­ten – um Got­tes wil­len, zei­gen Sie nie­mals je­mand Ih­re Wun­den! Die Lei­che ist schon ziem­lich ver­west, aber die­ser rach­süch­ti­ge Aus­druck auf dem Ge­sicht – oder dem, was frü­her ein­mal ein Ge­sicht war! … Sie wis­sen doch, wie er sich für al­les räch­te – wie er den al­ten Ray­mond drei­ßig Jah­re nach ih­rem Grenz­streit rui­nier­te, wie er ein­mal einen Hund er­schoß, der als Wel­pe nach ihm ge­schnappt hat­te … Er war der leib­haf­ti­ge Teu­fel, Birch, und ich glau­be wirk­lich, daß sei­ne Rach­gier den Tod über­wun­den hat! Gott, die­ser haß­er­füll­te Ge­sichts­aus­druck!
    Warum ha­ben Sie das ge­tan, Birch? Sa­wyer war ein Schuft, und ich kann ver­ste­hen, daß Sie ihm den schlech­ten Sarg ge­ge­ben ha­ben, aber muß­ten Sie denn gleich so weit ge­hen? Nie­mand hät­te es Ih­nen übel­ge­nom­men, wenn Sie das Ding für je­mand an­de­ren ge­nom­men hät­ten, aber Sie wuß­ten doch, wie klein der al­te Fen­ner war.
    Die­sen An­blick wer­de ich nie wie­der

Weitere Kostenlose Bücher