18 Gänsehaut Stories
Sawyers Leichnam in den schlecht gearbeiteten Sarg gelegt hatte, den er jetzt auf der Suche nach Fenners achtlos zur Seite schob.
Er hatte gerade den richtigen Sarg erkannt, als der Wind die Tür ins Schloß warf, wodurch es in der engen Grabkammer noch finsterer als zuvor wurde. Zwischen Tür und Schwelle drang nur ein schwacher Lichtstrahl in das Innere der Gruft, so daß Birch sich mühsam an den Särgen entlangtasten mußte, um wieder an die Tür zu gelangen. Er rüttelte heftig an der Klinke und trat schließlich sogar mit dem Stiefel dagegen, gab diese vergeblichen Bemühungen dann aber wieder auf, als sein vom Alkohol umnebelter Verstand ihm sagte, daß diese Methode wenig erfolgversprechend sei. Das jahrelang vernachlässigte Schloß war offensichtlich durch den heftigen Aufprall gebrochen, wodurch der Totengräber zum Gefangenen der Gruft geworden war – ein Opfer seiner eigenen Sorglosigkeit.
Dieser Vorfall muß sich etwa um vier Uhr nachmittags zugetragen haben. Birch, der von Natur aus phlegmatisch und praktisch veranlagt war, vergeudete keine Zeit mit vergeblichen Hilferufen, sondern machte sich auf die Suche nach einigen Werkzeugen, die er in einer Ecke der Kammer hatte liegen sehen. Es bleibt zu bezweifeln, daß er das Unheimliche und Furchterregende seiner Lage erfaßte, aber er war jedenfalls wütend darüber, sich ausgerechnet in der Gruft eingesperrt zu finden, die in der entferntesten Ecke des Friedhofs lag. Die Arbeit, die er sich für diesen Nachmittag vorgenommen hatte, würde er wohl kaum mehr beenden können, und wenn nicht der Zufall einen Menschen in diese Gegend führte, würde er unter Umständen die ganze Nacht und noch länger hier verbringen müssen. Die Werkzeuge waren schnell gefunden, Birch wählte einen Hammer und einen Meißel und kehrte über die Särge hinweg zur Tür zurück. Die Luft hatte sich bereits merklich verschlechtert, aber er achtete nicht darauf, sondern bearbeitete das schwere Schloß mit heftigen Schlägen.
Als er erkannte, daß das Schloß mit den vorhandenen Mitteln nicht aufzubrechen war – jedenfalls nicht in dem Halbdunkel, in dem er kaum den Meißelkopf erkennen konnte –, suchte Birch nach einem anderen möglichen Ausweg. Die Gruft war in eine Felswand hineingehauen worden, die jeden Ausbruchsversuch nach oben von vornherein als aussichtslos erscheinen ließ. Über der Tür bildete jedoch nur Ziegelmauerwerk den Abschluß, das den Bemühungen eines entschlossenen Mannes keinen allzu großen Widerstand zu bieten versprach; deshalb sah er lange hinauf, während er fieberhaft überlegte, wie er es erreichen könne. In der Gruft befand sich nichts, was als Leiter geeignet gewesen wäre, und die Sargnischen an den Seitenwänden, die Birch selten genug benutzte, waren zu weit entfernt, um als Stufen zu dienen. Nur die Särge selbst blieben nach diesen Überlegungen übrig, und während er darüber nachdachte, suchte er nach der bestmöglichen Anordnung. Drei Särge übereinander, schätzte er, müßten genügen, um ihn das Mauerwerk erreichen zu lassen, aber vier wären bestimmt vorzuziehen. Die einzelnen Särge hatten etwa gleiche Ausmaße und konnten wie Bauklötze aufeinandergestellt werden; Birch überlegte also, wie er mit acht Särgen eine möglichst stabile Plattform errichten könne. Dabei war es unvermeidlich, daß er nachträglich bedauerte, die Einzelteile dieser improvisierten Treppe nicht doch etwas sorgfältiger und solider angefertigt zu haben. Daß er genügend Vorstellungskraft besaß, um sich zu wünschen, die Särge seien leer, muß bezweifelt werden.
Endlich faßte er einen Entschluß und begann die Särge
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