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18 Gänsehaut Stories

18 Gänsehaut Stories

Titel: 18 Gänsehaut Stories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Kluge
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Hoff­nung hin­ge­ge­ben, als er den am bes­ten ge­bau­ten Sarg an die­se Stel­le ge­drückt hat­te, denn der De­ckel gab un­ter sei­nem Ge­wicht nach, so daß Birch einen hal­b­en Me­ter weit in et­was hin­ab­glitt, das nicht ein­mal er sich vor­stel­len moch­te. Sein Gaul, der schon durch das Kra­chen er­schreckt wor­den war, wur­de durch den ins Freie drin­gen­den un­er­träg­li­chen Ge­stank vollends scheu ge­macht und ras­te wie be­ses­sen mit dem Wa­gen da­von.
    Birch be­fand sich nun in ei­ner La­ge, in der ein leich­tes Ent­kom­men durch die er­wei­ter­te Öff­nung un­mög­lich war, aber er sam­mel­te sei­ne Kräf­te zu ei­nem ent­schlos­se­nen Ver­such. Er um­klam­mer­te den un­te­ren Rand des Durch­bruchs und woll­te sich dar­an hoch­zie­hen, als er fest­stel­len muß­te, daß ihn et­was an den Knö­cheln zu­rück­zu­hal­ten schi­en. Jetzt emp­fand er zum ers­ten­mal in die­ser Nacht Angst, denn selbst sei­ne ver­zwei­fel­ten Be­mü­hun­gen konn­ten ihn nicht da­von be­frei­en, sei­ne Fü­ße blie­ben um­klam­mert. Gleich­zei­tig spür­te er fast un­er­träg­li­che Schmer­zen, die ihn noch mehr in Angst und Schre­cken ver­setz­ten, aber trotz­dem be­hielt er noch kla­ren Kopf ge­nug, um sich zu ver­ge­gen­wär­ti­gen, daß die Wun­den von Nä­geln und Holz­split­tern her­rüh­ren muß­ten. Viel­leicht schrie er so­gar, stieß und schlug aber je­den­falls wild um sich, ob­wohl er be­reits ei­ner Ohn­macht na­he war.
    Sein In­stinkt muß ihm da­mals zu Hil­fe ge­kom­men sein, denn er brach­te es schließ­lich doch fer­tig, sich durch die Öff­nung zu zwän­gen und auf dem Bo­den wei­ter­zu­krie­chen, nach­dem er jen­seits des ei­ser­nen Tors hin­ab­ge­glit­ten war. Es muß schau­er­lich an­zu­se­hen ge­we­sen sein, wie Birch müh­sam auf das Häus­chen des Fried­hofs­wär­ters zu­kroch, wäh­rend der schwa­che Mond­schein die blu­ti­ge Spur be­leuch­te­te, die er auf dem kies­be­streu­ten Weg hin­ter­ließ. Sei­ne Hän­de grif­fen nach den Grab­stei­nen, an de­nen er sich vor­wärts­zog, wäh­rend sein Kör­per nur un­wil­lig ge­horch­te, wie es im­mer der Fall zu sein scheint, wenn man sich von ei­nem We­sen aus ei­nem fürch­ter­li­chen Alp­traum ver­folgt fühlt. Of­fen­sicht­lich gab es die­sen Ver­fol­ger je­doch nicht, denn Birch war al­lein und le­ben­dig, als Ar­ming­ton, der Fried­hofs­wär­ter, ihm auf sein schwa­ches Klop­fen die Haus­tür öff­ne­te.
    Ar­ming­ton trug Birch in ein leer­ste­hen­des Bett, dann schick­te er sei­nen Sohn Ed­win zu Dr. Da­vis. Der Ver­wun­de­te war bei vol­lem Be­wußt­sein, aber nicht zu ir­gend­wel­chen Aus­künf­ten be­reit, son­dern mur­mel­te nur im­mer wie­der vor sich hin: »Oh, mei­ne Fü­ße! Laß mich los! In der Gruft … ein­ge­schlos­sen …« Dann kam der Arzt mit sei­ner schwar­zen Ta­sche, stell­te ei­ni­ge Fra­gen, zog Birch die Stie­fel aus und schnitt vor­sich­tig die blut­durch­tränk­ten Ho­sen und So­cken auf. Die Wun­den – bei­de Knö­chel wa­ren an der Achil­les­seh­ne be­trächt­lich ver­letzt – schie­nen den al­ten Arzt zu­nächst in Er­stau­nen und schließ­lich so­gar in Schre­cken zu ver­set­zen. Er stell­te im­mer ein­dring­li­che­re Fra­gen, und sei­ne Hän­de zit­ter­ten merk­lich, als er die Ver­bän­de an­leg­te. Da­bei ar­bei­te­te er rasch.
    Es ent­sprach kei­nes­falls dem We­sen des Arz­tes, der als zu­rück­hal­tend be­kannt war, daß er den er­schöpf­ten Birch mit Fra­gen über den ge­nau­en Her­gang des Un­glücks be­stürm­te. Er zeig­te sich merk­wür­dig dar­an in­ter­es­siert, ob Birch si­cher war – völ­lig si­cher –, wel­chen Sarg er zu­oberst auf den Sta­pel ge­stellt hat­te, wie er ihn aus­ge­sucht hat­te, wie er ihn in der herr­schen­den Dun­kel­heit als Fen­ners Sarg er­kannt hat­te und wie er ihn von dem schlech­teren un­ter­schie­den hat­te, in dem der rach­süch­ti­ge Asaph Sa­wyer lag. War es tat­säch­lich mög­lich, daß der sta­bil ge­bau­te Sarg Fen­ners so leicht hat­te nach­ge­ben kön­nen? Dr. Da­vis hat­te bei­de Sär­ge bei den je­wei­li­gen Be­stat­tun­gen ge­se­hen, de­nen er bei­ge­wohnt hat­te, da die

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