18 Gänsehaut Stories
vergessen können, selbst wenn ich hundert Jahre alt werden sollte. Sie haben verzweifelt um sich geschlagen, als Ihre Sehnen zerbissen wurden, denn Asaphs Sarg lag auf dem Boden.
Ich habe schon viel mitgemacht und gesehen, aber dieser Anblick war schauerlicher als alles andere je zuvor. Auge um Auge, Zahn um Zahn! Der zertrümmerte Schädel allein wäre schon genug gewesen, aber das andere war noch viel schlimmer – die säuberlich abgetrennten Füße, damit die Leiche in den für Matt Fenner vorgesehenen Sarg paßte!«
Das unersättliche Haus
von
Robert Bloch
Robert Bloch, 1917 geboren, gehört zu jenen amerikanischen Schriftstellern, die der lange Zeit vernachlässigten phantastischen Literatur wieder zu literarischem Ansehen verholten haben. In seiner »Einführung in die Alpträume« schreibt er: »Manchmal können wir nicht umhin, die Existenz der Furcht einzugestehen. Und wenn es nur aus dem Grunde geschieht, um unsere eigene Existenz erträglicher zu machen. Dann suchen wir Ritter ohne Furcht und Tadel nach einem offenen Ventil für unsere Furcht; nach einer Möglichkeit, unseren ängstlichen Gefühlen – die im ›wirklichen‹ Leben für uns nicht existieren – freien Lauf zu lassen. Und so kommen wir unweigerlich zu den Gruselgeschichten. Ich habe viele solcher Geschichten für den Film, das Fernsehen, den Funk und die Zeitschriften geschrieben. Damit habe ich mich wahrscheinlich von meinen eigenen Ängsten befreit. Und den Lesern helfe ich mit meinen Geschichten …«
Als sie das Haus übernommen hatten, waren sie zu zweit. Sie und er.
Dann kam es dazu.
Vielleicht aber war es schon immer im Haus und hatte nur auf sie gewartet. Wie dem auch sei: Es war da, und man konnte nichts dagegen unternehmen.
Es wäre natürlich eine Möglichkeit gewesen, aus dem Haus wieder auszuziehen; aber sie hatten einen Fünfjahresvertrag abgeschlossen und freuten sich über die billige Miete. Außerdem wäre es absurd, sich darüber beim Makler zu beschweren. Sie konnten es nicht einmal ihren Freunden erklären.
Wohin hätten sie auch ziehen sollen? Sie hatten nach monatelanger Suche endlich dieses Haus gefunden.
Zudem weigerten sich zu Beginn sowohl sie als auch er, die Gegenwart von es zur Kenntnis zu nehmen. Aber beide wußten, daß es existierte.
Sie bekam es gleich am allerersten Abend zu spüren. Sie saß vor dem hohen, altmodischen Spiegel im Schlafzimmer und kämmte sich. Der Spiegel war noch nicht abgestaubt und hatte schmierige Flecke. Außerdem flackerte das Licht über dem Spiegel ein wenig.
Darum dachte sie auch zuerst, es wäre ein zufälliger Schatten oder ein Fleck auf dem Glas. Sie runzelte die Brauen, als sie die schwankenden, verschleierten und schemenhaften Umrisse im Hintergrund wahrnahm. Dann glättete sich ihre Stirn, weil sie wußte, daß sich ihr spezielles Verheiratet-sein-Gefühl wieder einmal bemerkbar machte. Dieses Gefühl bestand darin, die Gegenwart des anderen zu spüren, ohne mit Bewußtsein gemerkt zu haben, daß der andere den Raum betreten hatte.
Das war es. Er mußte jetzt genau hinter ihr stehen. Er mußte den Raum lautlos betreten haben. Gleich würde er versuchen, sie zu überraschen und die Arme um sie zu legen.
Sie drehte sich um, um ihm entgegenzulächeln.
Ihr Lächeln fror ein, denn der Raum war leer. Sie schaute wieder in den Spiegel. Die schemenhaften Umrisse waren immer noch da – genauso wie das Gefühl, daß sich noch jemand im Raum befinden mußte.
Sie zuckte die Achseln, schüttelte den Kopf und schnitt eine Grimasse. Sie lächelte ihrem Spiegelbild zu, aber es war ein verunglücktes Lächeln. Durch das fleckige Glas und die schwache Beleuchtung
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