18 Geisterstories
tiefgründigen Erkenntnis des Neuen, das in die Welt getreten war – ausgedrückt mit der Glückseligkeit eines Knaben. Dies Entzücken fand er augenblicklich auch an Tilghmans Mission, von der man ihn unterrichtet hatte. »Ihr seid’s, Colonel!« rief er. »Ihr seid es, der unser Licht hinaus in die Welt trägt. Und Ihr seid schon en route . Zum Kongreß!« Er unterbrach sich und lachte. Der Colonel, ebenfalls jung, jedoch nachdenklich, der diesen Krieg kannte – ganz genau, in allen Einzelheiten –, entsann sich, daß es dieser junge Mann mit der fröhlichen Miene gewesen war, der mit nur schwachen Kräften die Truppen des Veteranen Cornwallis gebunden hatte, bis Washington, Rochambeau und die Kanonen eintrafen. Lafayette. Er und Tilghman hatten gemeinsam in vielen Begegnungen gekämpft. Nun blickten sie einander in die Augen und lachten. Dann umarmte Lafayette urplötzlich Tilghman. »Reitet, Colonel«, sagte er. »Reitet!«
Und so kam es, daß die fürchterliche Last der Pflicht, die George Washington ihm aufgetragen hatte, ins Gleichgewicht kam. Sie ruhte nicht länger allein auf seinem Willen; sie drang ihm ins Blut.
Innerhalb weniger Augenblicke saß er im Sattel und preschte zum Fluß, wo – wie er wußte – ein Boot für ihn in Bereitschaft lag, und er flog dahin wie ein Vogel – geradewegs über Zäune, Hecken, Bäche und die nun leeren Laufgräben des Schlachtfelds.
Dies, die erste Etappe seines Ritts, verging wie ein Gedanke. Nichts Materielles schien daran teilzuhaben. Da waren er selbst und das prächtige Pferd, und sie ergänzten einander. Da waren das Sausen der Luft, die Geräusche der Hufe und emporgeworfener Erdbrocken – und unaufhaltsam vorwärts, vorwärts, vorwärts. Dann war es vorbei. Er erreichte den Bootssteg. Er hatte weniger als eine Minute benötigt.
Die zweite Etappe würde vierundzwanzig Stunden beanspruchen. Sie führte den York hinab zur Chesapeake-Bucht und nach Rock Hall, wo die Straße nach Philadelphia begann. Sie maß einhundertdreißig und noch ein paar Meilen, und für diese Strecke mußten der Colonel und sein Pferd Passagiere sein, sich an Bord eines Gefährts befördern lassen, ohne auf den Transport Einfluß nehmen zu können, eine Zeit der Untätigkeit für des Colonels Körper, während ein andersartiger Antrieb das Räderwerk seines Verstands in Bewegung hielt. Ein Boot. Segel, Holz, Wind, Wasser, Kapitän und Mannschaft. Alle Vorbereitungen seien veranlaßt worden, hatte Washington ihm gesagt. Nun gut. Sollte die zweite Etappe ihren Anfang nehmen.
Er stieg ab. Nur dies eine Boot lag am einstmals geschäftigen Ufer – die Briten hatten alle Wasserfahrzeuge zerstört, deren sie habhaft zu werden vermochten. Dies eine Boot jedoch war das richtige für die Mission des Colonels. Es handelte sich um einen zweimastigen Küstenschoner, tüchtig und schnell. Offensichtlich war er bereit zum Ablegen. Die Laufplanke lag aus, und als der Colonel eintraf, kam über das Deck ein Mann, der erwartungsvoll wirkte, auf ihn zu. Er war verdreckt vom Wetter und schäbig, aber das waren damals die meisten Amerikaner. Der Colonel erkannte in ihm Autorität. Dies mußte der Kapitän sein. Er stellte sich vor. Das heißt, er nannte seinen Namen und den Bestimmungsort. »Colonel Tilghman. Nach Rock Hall.«
»Zu Diensten, Sir«, sagte der Kapitän. Colonel Tilghman wandte sich ab, um sein Pferd an Bord zu führen.
Da geschah etwas, womit er gerechnet hatte – das Tier brachte seine Eigenwilligkeit zur Geltung. Es war ein junger Hengst mit einer natürlichen charakterlichen Mischung aus vortrefflicher eleganter Feurigkeit und scharfer, grimmiger Klugheit. Auf Schiffen war er schon oft
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