18 Geisterstories
Held der jungen Mädchen sowie der Gegenstand des Neides und der Verfolgung aller männlichen Stutzer. Man begriff es nicht, daß der junge Mann so lange mit seiner Wahl zögerte, und lange wollte man den Gerüchten, die darüber umliefen, keinen Glauben schenken. Es hieß nämlich, es habe sich ein Verständnis mit der Tochter des Fürsten angesponnen. Die beiden Liebenden warteten also, so erzählte man sich im Vertrauen, auf irgendeinen Zufall, auf eine Begebenheit, die ihnen zum Glück ausschlagen möchte, um öffentlich ihre gegenseitige Leidenschaft und ihre Wünsche zu bekennen. Dieser Fall ereignete sich aber nicht, und Jahre um Jahre vergingen, und mit ihnen erloschen die Gerüchte und jene mannigfaltigen Deutungen der vielklugen Politiker.
Plötzlich, als kein Mensch mehr dieser Sache dachte, ward mein Jugendfreund durch die Ungnade seines Fürsten vom Hofe und aus der Stadt verbannt. Alle seine ehemaligen Freunde wichen von ihm zurück. Noch schlimmer, daß ihm die von oben beschützte Schikane einen gefährlichen Prozeß an den Hals warf, der ihn mit dem Verlust seines ganzen Vermögens bedrohte. So sah sich der geschmeichelte, bewunderte und von aller Welt geliebkoste Franz in der schlimmsten Lage und mußte sich gestehen, daß sein Lebenslauf beschlossen und alle glänzenden Aussichten für immer verdunkelt seien.
Ich sah ihn um diese Zeit wieder. Er ertrug sein Unglück wie ein Mann. Noch war er jugendlich schön, und die Heiterkeit seines Humors hatte nur wenig gelitten. Wir bereisten die hiesige Gegend, und da die Klausenburg fast schon eine Ruine geworden war, so hatte er nicht gar weit davon, am Abhänge eines Berges, sich ein niedliches Haus gebaut, von welchem er der schönsten Aussicht genoß. Es ist dasselbe, das eine halbe Meile von hier liegt und jetzt dem alten kranken Förster, dem verarmten Matthias, gehört.
Jenes, rief plötzlich Theodor aus, vor dem sogenannten Eibensteige?
Dasselbe, antwortete Blomberg.
Dasselbe? wiederholte Theodor fast mechanisch und wie in Gedanken verloren.
Aber, warf Anselm lebhaft ein, – was kümmern uns al le diese Dinge? Sorgen wir doch lieber, daß die einleitende Erzählung zu Ende kommt, damit wir nun an den Anfang der Gespenstergeschichte gelangen. Das neue Haus, welches wir, wie ich glaube, alle kennen, ist eben das neue Haus, und jene veraltete Klausenburg ist das Gespensternest. Und von diesem sollten wir etwas mehr erfahren.
Sie machen mich irre, sagte Blomberg verdrießlich, denn wenn ich erst weiter vorgerückt bin und im Namen und der Person meines Freundes Franz erzählen werde, darf ich noch weniger unterbrochen werden und muß mich noch mehr vor Zerstreuung hüten. –
Also, ich fand diesen Franz ziemlich heiter und verständig. Er vermied es, von seinen früheren Verhältnissen zu sprechen, doch war er eines Abends sehr gerührt, als ihm ein Brief den Tod der jungen Fürstin meldete, die am gebrochenen Herzen verschieden war, oder die, wie man später behaupten wollte, willkürlich ihren Tod gesucht hatte, weil sie die Last eines verbitterten Lebens nicht mehr ertragen konnte.
Ich sah wohl, daß eine stille Melancholie meinen Freund in den meisten Stunden beherrschte, indessen war er nicht gemütskrank, es zeigten sich bei ihm keine Spuren von Lebensüberdruß; so daß ich hoffen durfte, sein Unglück und die Schicksale, die er erlebt hatte, würden dazu dienen, seinen Charakter zu läutern und ihm die echte Haltung zu geben, die auch dem Unangefochtenen notwendig ist, wie vielmehr dem, welcher schwere Prüfungen durchzugehen hat.
Es lebte damals ein verwildertes altes Weib in den hiesigen Gegenden und trieb sich bettelnd und
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