1804 - Kampf ums Überleben
ihrer jeweiligen Mutterschiffe. Bei riskanten Manövern hatten sie sich nicht mehr rechtzeitig in Sicherheit bringen können. Unter der Wucht des auftreffenden Gesteins hatten sich ihre Hüllen trotz eingeschalteter Schutzschirme verformt. Verletzte hatte es zum Glück keine gegeben.
Ein schwacher Trost im Vergleich zu den hundertfünfundvierzig Millionen Herreach, deren Existenz auf dem Spiel stand.
Prett Boemer stand neben Marcel Whitcombe in der Zentrale der SEVILLA und ballte die Hände. Fast kam er sich schon wie Myles Kantor vor. Er gönnte sich seit Tagen nur minimalen Schlaf. Die Situation war zu angespannt. Überall unter Trokans Oberfläche knackte und brodelte es. Niemand konnte exakt vorhersagen, wann und wo der nächste Ausbruch stattfinden würde.
Seit Tagen lag der Gleiter in einem der SEVILLA-Hangars. Er war der Grund, warum Boemer sich in dem Schiff aufhielt. Patrouillenboote hatten ihn auf halbem Weg zum Nordpol gefunden, abgestürzt und ohne Überlebende.
Erste Untersuchungsergebnisse bestätigten den anfänglichen Verdacht: Donder Pereira war stundenlang manuell geflogen und hatte dann nicht auf Automatik umgeschaltet, sondern nur ein Einzelprogramm aufgerufen. Dies ermöglichte den Insassen des Gleiters, wahllos an den Kontrollen und Systemen herumzuspielen, ohne daß der Syntron eingreifen konnte. Die Kinder der Herreach hatten es geschafft, das Fahrzeug zum Absturz zu bringen.
Ihre Evakuierung aus Hovver erwies sich im nachhinein als zumindest teilweise sinnlos. Die Rutschbewegung der Stadt war zum Stillstand gekommen. Ein Großteil der noch intakten Gebäude hatte die Verschiebung des Untergrunds zudem einigermaßen heil überstanden.
Sie konnten die Katastrophe eindämmen, nicht aber sie ungeschehen machen oder gar völlig unter Kontrolle bekommen. Prett Boemer war schon froh, wenn sie keine größeren Rückschläge hinnehmen mußten.
Die Zahl der Opfer allerdings überstieg seine schlimmsten Befürchtungen. Über eine Million Herreach waren der Katastrophe bisher zum Opfer gefallen.
Die Zahl stieg weiter an, denn diese Wesen besaßen keinen psychischen Schutzschild gegen eine solche Bedrohung. Mit ihrer Philosophie und ihrem Glauben an Kummerog hatten sie auch den Glauben an ihre Zukunft verloren. Presto Go ließ sich überhaupt nicht mehr blicken, und die Farben Violett und Weiß verschwanden gänzlich aus dem Bild der sieben Städte. Auch in den weiten Steppen sah es nicht besser aus.
Längst wußte jeder Bewohner Trokans über die Vorgänge in Moond Bescheid und reagierte mit Depressionen.
„NATHAN müßte sich langsam melden", sagte der Kommandant der PAPERMOON. „Er arbeitet schon seit Tagen an einem Konzept für die Herreach. Ob es etwas nützen wird, wage ich zu bezweifeln. Wenigstens habe ich das Gefühl, alles getan zu haben, was menschenmöglich ist."
„Den Spruch kenne ich doch", murmelte Whitcombe. „Genau das ist die Maxime, die Donder bei ihrem Tun bewegt. Hoffentlich gibt sie bald ein Lebenszeichen."
Funksprüche hatten nichts gebracht. Weder sie noch ihr SERUN hatten eine Antwort gegeben.
Nach Tagen des Wartens waren sie kurz davor, die Hoffnung aufzugeben.
„Vielleicht sucht sie ja auf eigene Faust nach Spuren der POLYAMID", überlegte Boemer laut. „Sie müßte doch längst wissen, daß nach so langer Zeit nichts mehr ..."
„Einen Augenblick, Prett. Wir bekommen da soeben etwas herein. Eine der Meßsonden, die Donder selbst über Trokan aussetzte, hat den SERUN gefunden!"
Die beiden Männer starrten sich stumm an und spurteten dann in Richtung des nächstbesten Hangars.
Eine halbe Stunde später erreichten sie den Fundort. Er lag nicht weit von Hovver entfernt in unübersichtlichem Gelände. Beben hatten Geröll in Bewegung gesetzt und den SERUN teilweise verschüttet.
Roboter gruben den Anzug aus.
„Das ist nicht Donder!" stieß Whitcombe hervor.
In dem SERUN steckte ein oder eine Herreach. Tot. Eine Untersuchung des Pikosyns ergab, daß er großteils abgeschaltet war.
„Sucht weiter", wandte sich Prett Boemer an die Roboter. „Sie muß hier in der Nähe sein."
Die Infrarotmesser entdeckten keine Restwärme oder Temperaturunterschiede am Gestein.
Plötzlich wünschten sich die beiden Männer, daß Donder sich weit weg befand. In Hovver oder auf dem Fußmarsch nach Moond.
Ihre Wünsche gingen leider nicht in Erfüllung. Nach über einer Stunde entdeckten sie die Leiche der Frau.
*
Donder traf die beiden Herreach kurz nach dem
Weitere Kostenlose Bücher