1804 - Kampf ums Überleben
sprunghaft in die Höhe schnellten.
„Das sind Herreach", erkannte Khan. „Geht runter auf einen halben Kilometer und befördert sie mit Traktorfeldern an einen anderen Ort."
„Und wohin?"
„Egal. Irgendwohin, wo sie vorerst sicher sind."
Der überwiegende Teil der Herreach lebte als Bauern in den kargen Steppen. Mit viel Umsicht und in Harmonie mit ihrer Umwelt erzeugten sie gerade so viel Nahrung, damit ihr Volk überleben konnte und das empfindliche Ökosystem des Planeten nicht zusammenbrach. Auf Trokan gab es keine Meere, nur wenige Wasserläufe und fast keinen Regen. Die dünne Atmosphäre ließ eine üppige Vegetation nicht zu. Das bißchen Feuchtigkeit ergab sich aus dem natürlichen Zusammenspiel von Windströmungen und der mit der Lufterwärmung oder Abkühlung einhergehenden Kondensation von atmosphärischem Wasserdampf.
Die Herreach auf der Ortung gehörten eindeutig nicht zu den Bewohnern einer der sieben Städte. Sie waren Bauern, denen es nichts ausmachte, auf den Feldern zu schlafen.
Die ansteigende Wärme weckte sie. Noch rührten sie sich nicht, aber dann sprangen sie plötzlich und ohne Ausnahme auf und begannen in eine Richtung zu laufen. Dabei hatten sie es nicht besonders eilig.
Die Wärmezonen strahlten heller und intensiver. Aus den beiden Schiffen der PROTOS-Klasse kam ein Alarmsignal. Der Planet produzierte Schwankungen im Magnetfeld.
„Beeilung da oben!" rief Khan. „Verliert keine Zeit!"
Noch waren die Schiffe zu hoch, um sinnvoll eingreifen zu können.
Mitten in dem Pulk der Herreach bewegte sich der Untergrund. Der Boden schwankte wie die Planken eines kleinen Kutters bei Windstärke zwölf.
„Runter, aber schnell!" zischte der LFT-Kommissar seinem Piloten zu.
Bruno Drenderbaum schwieg. Er wußte selbst genau, worauf es jetzt ankam. Er schaltete die Außenlautsprecher ein und den Translator dazwischen.
„Wir helfen euch", hallte seine Stimme über die Steppe. „Bleibt zusammen, damit die Schiffe euch aufnehmen können."
Keiner der Herreach reagierte. Stumm und blindlings ihrem Instinkt folgend, hasteten sie davon.
Manche schlugen einen Bogen nach Norden, andere nach Süden. Insgesamt jedoch strebten sie in eine einzige Richtung.
„Das ist der Weg zur nächsten Stadt", stieß Cistolo Khan hervor. „Wieso haben die nichts Besseres zu tun, als sich in die Stadt zu flüchten? Das ist doch nicht normal."
„Ach?" fragte Bruno Drenderbaum knapp. Er kannte seinen Chef gut genug, um zu wissen, daß seine Feststellung lediglich rhetorischen Charakter besaß.
Sie alle wußten, daß sich Mentalität und Psyche der Herreach in keiner Weise mit ihren eigenen vergleichen ließen. Dieses Volk, das vor den Augen der Solsystem-Bewohner quasi im Schnellgang entstanden war, mußte als völlig fremdartig verstanden werden.
Entschlossen beugte sich Cistolo Khan über die Kontrollen und hantierte an der Sensorik der Energieversorgung. „Festhalten, Bruno!"
Der Gleiter schmierte ab, als Khan dem Antrieb einen Teil der Energie entzog und in die Seiten-Prallfelder und den Booster am Heck leitete. Eine optisch nicht erkennbare Aura umrahmte jetzt die Unterseite des Fahrzeugs. Drenderbaum drosselte den Schub weiter und fing die Maschine sanft ab.
„Mehr nach rechts!" kommandierte Khan. „Jetzt tiefer! Noch tiefer. Eineinhalb Meter über Grund. Gut so. Und nun langsam nach links driften."
Bruno Drenderbaum flog den Gleiter ohne Zuhilfenahme der Automatik. Er gehörte zu den Menschen, die sich im Ernstfall lieber auf sich selbst verließen als auf die Reaktionen einer Syntronik. Der Gleiter näherte sich den hastenden Herreach von der Seite und drückte sie mit dem Prallfeld vorsichtig weg. Keines der Wesen wandte auch nur den Kopf. Die Körper und die ausladenden Köpfe leicht nach vorn geneigt, rannten sie dahin.
„Es bringt nichts." Die Blicke der beiden Männer kreuzten sich kurz.
„Ich sehe es." Cistolo Khan preßte die Lippen aufeinander.
Ein Blick durch die Kanzel nach oben zeigte ihm die Positionslichter der beiden Raumer. Achthundert Meter trennten sie noch vom Boden. Das waren dreihundert Meter zuviel. Die Zeit lief ihnen davon.
Die Taster schlugen heftig aus. Irgendwo vor ihnen entstand eine sich rasch ausdehnende Hitzequelle.
„Ihr da oben, schaltet die Traktorfelder ein!" kommandierte Cistolo Khan. „Seht zu, daß ihr die Herreach möglichst ohne Ausnahme erwischt."
Der Steppenboden riß auf. Sie konnten es auf der Ortung verfolgen, wie in einem Kilometer
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