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1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

Titel: 1812 - Ein historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Rellstab
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wäre mehr als Brudermord! Fort, fort!« Und mit, diesen Worten stürzte er hinaus.
    Eigener Schmerz und Betäubung hatten den Blick der Frauen so verschleiert, daß sie seinen Kampf nicht sahen. Lodoiska hing noch immer bewußtlos in den Armen der Mutter; endlich schlug sie das Auge auf, und jetzt brach ein Strom von Tränen hervor; doch mit ihm zugleich schwanden ihr die Kräfte, und sie sank ermattet, sanft von den Armen der Gräfin gehalten, auf ein Ruhebett nieder.
    Draußen schmetterte ein lauter Trompetenstoß. Man hörte vielfachen Hufschlag heransprengender Reiter. Die Gräfin eilte ans Fenster. Es war Rasinskis neues Regiment, welches vor den Palast rückte, um dort seinen Führer zu empfangen. Kriegerische Musik bildete die Spitze des Zuges; einige Offiziere, die vorangeritten waren, kamen im kurzen Galopp heran, um Rasinski zu begrüßen. Dieser sprengte auf seinem arabischen Schimmel, männlich schön, mit dem Anstande eines Helden aus dem Schloßtor. Jaromir folgte ihm auf einem schlanken Goldfuchs, der mit der Zierlichkeit eines Rehes über den Boden dahinflog; einige Augenblicke später stürmte Boleslaw auf einem Rappen, dem die Mähnen wild um den stolzen Nacken flatterten, mit einigen verwegenen Bogensätzen aus dem Tor. Er sah bleich aus wie der Tod, und sein Auge rollte düster unter den finstern Brauen, als er sich halb zurückwandte und zur Gräfin hinaufblickte, die arglos, mit einem wohlwollenden Lächeln herabgrüßte; denn sie hatte sich gefaßt und den weiblichen Schmerz besiegt.
    Jetzt erscholl der laute Ruf der Krieger, welche ihren Führer begrüßten; der Klang der Feldmusik ertönte, die Banner wehten in den Morgenlüften, die Waffen glänzten im Sonnenstrahl, Rosse stampften und schnaubten, Federbüsche wogten, immer bewegter wurde das bunte Getümmel. Die Erhebung, welche die Brust der Gräfin beim Anblicke dieser mutigen Scharen durchdrang, gab ihr die Überzeugung, daß auch Lodoiskas Schmerz dadurch besänftigt und sie zu einer edlern Kraft begeistert werden müsse. Sie ging daher zu der kraftlos Hingesunkenen und forderte sie liebreich auf, mit ihr auf den Balkon hinauszutreten und den Abmarsch der Krieger zu sehen. »Ermutige dich, gewinne Fassung,« sprach sie sanft, aber eindringend; »jedes strenge Wollen und Müssen wird dem Schmerz, unter dem wir zu erliegen drohen, eine aufrecht haltende Stütze. Es wird dich trösten und stärkend erfreuen den Geliebten als Mann und Held zu sehen, wie er, von kriegerischem Glanze umgeben, mutig auszieht, um für das Vaterland zu fechten. Aus der Achtung wächst unsere Liebe und mit ihr die Kraft, zu tragen und zu dulden. Komm, richte dich auf, zeige dem scheidenden Freunde eine ermutigte Seele; er geht ernsten Prüfungen und Gefahren entgegen, die er leichter überwinden wird, wenn ihn das Bild einer starken, gläubig hoffenden Geliebten begleitet, als wenn er sie, in Gram und Hoffnungslosigkeit erliegend, einsam zurückgeblieben weiß.«
    Lodoiska fühlte sich durch diesen sanften, festen Zuspruch wunderbar gestärkt; ihr liebendes Herz empfand es sogleich als eine Pflicht, dem Freunde die Stunde des Abschieds zu erleichtern. Sie raffte daher ihre Kraft entschlossen zusammen und, folgte der Gräfin, die sie in den anstoßenden Saal und auf den Balkon hinausführte. Schon der Anblick der bewegten, leuchtenden Masse der Krieger erfrischte die tiefverwundete Brust; denn an der Kraft entzündet sich die Kraft. Eben fingen die Glocken der Kathedrale an, die Frühmesse einzuläuten, so daß sich dieser ernste feierliche Klang in das brausende Kriegsgetöse mischte. Der Himmel wölbte sich lichtblau; die Vögel zwitscherten munter im flüsternden Laub, der schönste, sonnenhellste Morgen wehte die Brust mit erquickenden Lüften an. Es schien, als ob die Gnade Gottes sich recht lebendig vergegenwärtigen und durch tausend Zeichen den Menschen verkündigen wolle: Ich bin euch ewig nahe mit meiner unerschöpflichen Güte und Milde. Welche Schmerzen und Schrecken das Tun euers Wahns euch auch auf Erden bereite, ich bin immer gegenwärtig, um mit versöhnender Hand die Wunden zu heilen, die ihr, selbst euch in euerer Verblendung schlagt.
    Rasinski erblickte die Frauen auf dem Balkon; er grüßte freundlich nickend hinauf. Sein Antlitz zeigte eine edle Begeisterung, alle Spuren des Schmerzes waren verschwunden, denn mit männlicher Selbstbeherrschung gebot dieser feste Geist seinen tiefsten Gefühlen und fand stets die Kraft zur freudigen

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