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1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

Titel: 1812 - Ein historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Rellstab
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und freudig zu teilen, boten ihm seine Begleiter einiges Notwendige aus ihrem Vorrate an. Dies war ihm in der Tat willkommen, denn er wäre sonst genötigt gewesen, in Zürich einige Ankäufe zu machen, die er scheuen mußte, weil seine Reisekasse in der Tat nicht mehr die stärkste war, und er wenigstens alle seine Mittel darauf verwenden wollte, Bianka einzuholen oder aufzufinden. Man nahm also herzlichen Abschied voneinander und versprach sich in Dresden ein frohes Wiedersehen, wenn es das Glück nicht fügen sollte, daß man sich schon früher wieder auf der Landstraße begegnete. Nicht ohne Wehmut sah Ludwig seine rasch gewonnenen Freunde scheiden; denn ob er sie wiederfinden würde, blieb ungewiß, da ihr Aufenthalt in Dresden vielleicht nur kurze Zeit dauerte und nicht mit Ludwigs Eintreffen daselbst zusammenfiel, weil dieses wegen der Nachforschungen, die er anzustellen gedachte, unbestimmt war. Der Krieg aber trieb alles in rascher Bewegung vorwärts.
    Im Wirtshause zu Altorf befand sich zufällig ein Hauderer, der mit einem leeren Wagen nach Zürich wollte. Ludwig bedingte sich für ein Billiges einen Platz und setzte, nachdem er seinen freundlichen Führer Joseph und den Maultiertreiber aus Urlichen entlassen hatte, seine Reise unverzüglich fort. Ohne weitere Erlebnisse erreichte er am späten Abend Zug, und am andern Mittag, über den Albis, wo er den letzten reichen Blick über die Berge und Seen der Schweiz und auf die Alpenkette genoß, Zürich. Dies war ein Punkt, den Bianka, wenn sie einen jener Älpenpässe im Kanton Wallis überschritten hatte, fast notwendig berühren mußte. Mit größter Sorgfalt erkundigte sich Ludwig daher in allen Gasthäusern, ob Fremde, denen ähnlich, die er beschrieb, eingetroffen wären. Er hatte seinen Weg so schnell und glücklich zurückgelegt, daß er fast nicht zweifeln konnte, er müsse früher in Zürich eingetroffen sein. Daher beschloß er, diesen und den nächsten Tag zu warten und seine Nachforschungen fortzusetzen. Er tat es, aber vergeblich. Auch den dritten Tag gab sein sehnendes Herz noch zu, wiewohl er in der tödlichen Angst schwebte, daß er vielleicht ebendadurch die Möglichkeit verliere, die Geliebte auf einer der Straßen Deutschlands einzuholen. Als auch diese letzte Bemühung ihm keine Spur entdeckte, mußte er sich endlich mit zerrissenem Herzen entschließen, den Weg nach der Heimat fortzusetzen. Über Schaffhausen nach Freiburg traf er nach einigen Tagen in Heidelberg ein.
    Es war in den ersten schönsten Tagen des Mai, als er in den reizenden Ort, wo er so manche frohe Stunde zugebracht hatte, einfuhr. Er betrat ihn mit Wehmut. Seine Universitätsfreunde hatten mit ihm zugleich die Stadt verlassen. Nur ein Jahr war vergangen, und schon würde er, einige entferntere Bekannte abgerechnet, sich ganz fremd unter den Jünglingen, die hier studierten, gefunden haben. Worauf er sich anfangs mit treu anhänglichem Sinn gefreut hatte, seinen alten redlichen Wirt, einige Familien der Stadt, mit denen er Umgang gehabt hatte,endlich seine Lieblingsspaziergänge wieder zu besuchen, die jetzt im frischesten Grün prangten und von lauen Blütendüften umhaucht wurden, alles dies erregte in ihm nur eine ernste, ja düstere Schwermut. Unmutig beschloß er endlich, seine Reise nach Hause zu beschleunigen, um in den Armen der geliebten Mutter und Schwester Trost für sein von allen Seiten schmerzlich verwundetes Herz zu suchen; er bestellte für den nächsten Morgen einen Platz auf der Post.
    Als er am Abend zuvor seine Sachen gepackt und alles geordnet hatte, ging er, um an der Wirtstafel das Abendessen einzunehmen, in den Saal hinab. Die Gäste, einige Fremde und einige unverheiratete Professoren aus Heidelberg, saßen schon bei Tische. Einer derselben hielt ein Zeitungsblatt in der Hand, aus dem er der Gesellschaft die wichtigsten Nachrichten über den bevorstehenden Krieg mitgeteilt zu haben schien.
    »Was gibt's Neues ?« fragte Ludwig, ohne Bedeutung in die Frage zu legen.
    »Was den Krieg anlangt, noch nichts Entschiedenes,« erwiderte sein Nachbar; »Truppenmärsche, Nachrichten vom Ankommen und Abreisen der Generale, lange Berichte über die furchtbaren Zurüstungen des französischen Kaisers, kurz alles das, was wir schon seit Wochen täglich wiederholt finden. Aber mitunter werden die Zeitungen auch in anderer Beziehung interessant. Sie gestalten sich in unserer romantischen Zeit selbst zu kleinen Romanen, und wir finden sogar Briefe darin, die

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