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1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

Titel: 1812 - Ein historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Rellstab
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wenn ihr ehrenvoll fallt, ehe die Früchte zu brechen sind! Glücklich jeder Krieger, doppelt aber ihr, die ihr mit dem ganzen vollen Herzen der Sache, für die ihr fechtet, angehören könnt, und zugleich die heiligste und süßeste Pflicht erfüllt, indem ihr der Stimme der Ehre und des Ruhmes folgt! Mit diesen Gedanken beschäftigt, ließ er sich in dem wogenden Gedränge der Menschen forttreiben, ohne sonderlich viel von dem wahrzunehmen oder vollends zu beachten, was um ihn her vorging.
    Plötzlich rief jemand ihn von hinten her laut bei Namen, und indem er sich umwandte, fühlte er sich schon von männlichen Armen umfaßt, und ein froher Kuß brüderlicher Freundschaft brannte auf seinen Lippen, noch bevor er Zeit gehabt hatte zu erkennen, wer seiner Jugendfreunde ihn so herzlich begrüße. »Ludwig! Erkennst du mich denn nicht?« rief der Freund voller Erstaunen, weil er die Überraschung und Verwunderung, die sich in Ludwigs Zügen malte, unverkennbar wahrnahm. »Hättest du mich so ganz vergessen, oder ich mich so verändert?« – »Bernhard, mein teuerer, lieber Bernhard!« rief Ludwig jetzt, »wie sollt' ich dich nicht erkennen? Aber wie konnte ich dich hier vermuten?« – »Nun beim Henker! wenigstens doch so gut als ich dich«, rief Bernhard, indem er ihm fröhlich ins Gesicht blickte und die Hand, die er nicht losgelassen, mit Freundeswärme drückte.
    »Meine Schwester sagte mir gestern,« sprach Ludwig, »du seiest seit zwei Jahren auf Reisen in Norwegen und Schottland.« – »Und von dir wußte ich, der ich gestern hier angekommen bin, nichts anderes, als daß du auf dem Ätna oder Vesuv herumkletterst. Aber sollte ich dich deshalb nicht erkennen? Und wärest du mir meinethalben auf dem Hekla begegnet – um doch gleich den dritten Zyklopenrachen in Europa zu nennen – glaubst du, ich würde dich für einen Eisbären angesehen haben?«
    »Aber mein Himmel, du packtest mich gleich so und ersticktest mich fast in deiner Umarmung, ich hatte ja kaum eine Sekunde –«
    »Ich kaum eine halbe, denn ich schwöre dir, daß ich nichts von dir gesehen habe als höchstens ein Achtelsprofil, indem ich eben aus der Wilsdruffer Gasse debouchierte, während du vorbeischossest. Aber wenn ich auch nur dieses Lockenzöpfchen deines Seitenhaares im Winde hätte flattern sehen, so würde ich dir über den ganzen Markt hinweg einen Gruß zugerufen haben, weil ich alte Freunde im Gedächtnis behalte, du aber nicht, du Verräter!«
    »Weil du ein Maler bist,« sprach Ludwig lächelnd und froh, den Freund in seiner alten Weise wiederzufinden; »ein Maler, der sich von seinen Freunden nur die Umrisse einprägt, während wir genauer auf ihr Inneres merken und sie darum desto lieber haben!«
    »Auch gut, aber ich tue beides und werde ein buntes Schlangenfell nicht sonderlich ins Herz schließen. Wer aber wie du seine passable Seele in eine erträgliche Haut eingenäht hat, der kann auf mein Gedächtnis rechnen. Wäre es aber nicht gescheiter, daß wir hier zu dem Italiener Longo hineingingen und uns setzten, eins tränken und einander die Sünden der vergangenen Jahre beichteten? Ich bin's überdrüssig, mich hier von jedem Packknecht, Schneidergesellen oder Juden angaffen und anrennen zu lassen. Zudem wird man des Getümmels ungewohnt, wenn man so lange in den schottischen Bergen zugebracht hat als ich. Komm, ein Glas italienischen Weins schmeckt dem, der aus Neapel kommt, in der Erinnerung, dem, der von den Hebriden heransegelt, in der Sehnsucht köstlich. Komm, komm, denn ich brauche eigentlich eine dunkle Ecke, um dir meinen Reisebericht abzustatten, und werde bisweilen einen tüchtigen Schluck trinken, damit ich's auf den Wein schieben kann, falls mich irgendeine Röte anfliegen sollte, die der Pöbel Schamröte nennt. Komm!«
    Bernhard war ein Schulgenosse und Jugendfreund Ludwigs; von jeher hatte er seine tiefern Empfindungen, wie es willenskräftigen Menschen bisweilen eigen zu sein pflegt, unter dem Schleier des Scherzes, der Satire und des Spottes auf sich selbst gewissermaßen zu verlarven gesucht; seine nähern Freunde kannten aber das edle Antlitz, welches sich hinter den verzerrten Zügen verbarg. Ludwig wußte daher wohl, daß Bernhards Freude und Rührung über das unvermutete Wiedersehen nicht geringer war als seine eigene. Gern folgte er der Einladung zum Frühstück, weil Bernhard es sehr liebte, mit der entzündenden Kraft des Weins die dunkle Glut seiner zu hoch lodernden Flammen aufzujagen.
    »Gebt

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