1814 - Zombiejagd
Sinclair geantwortet, aber es war auch klar gewesen, dass er ihr nicht hatte helfen können. Nicht auf die Schnelle, denn jetzt hatte sich das Schicksal gegen sie verschworen.
Was sie sich in den letzten Jahren gemeinsam mit ihrem Freund Wladimir aufgebaut hatte, sah jetzt so aus, als würde alles den Bach runtergehen.
Wladimir und sie hatten ein perfektes Paar gebildet. Einer hatte sich auf den anderen verlassen können, doch nun war diese Allianz brutal zerstört worden.
Und sie konnte nichts machen. Sie konnte nicht eingreifen. Sie musste hier in der Klinik bleiben. Zumindest noch die nächsten Stunden, und was dann passieren würde, war unklar. Jedenfalls wollte sie nicht länger im Bett bleiben.
Und dann?
Karina wusste es nicht.
Ihre Gedanken wurden unterbrochen, als es an die Tür klopfte. Wenig später wurde die Tür geöffnet, und eine Frau im mittleren Alter schob sich über die Schwelle. Sie trug die Kleidung einer Krankenschwester. Die vollen Lippen waren zu einem Lächeln verzogen. Das schwarze Haar hatte sie nach hinten gekämmt und es im Nacken zu einem Knoten zusammen geschlungen. Das Lächeln blieb auch, als sie Karina zunickte.
»Hallo, ich bin die Nachtschwester. Ist alles in Ordnung mit Ihnen?«
»Ja, das ist es.«
Sie kam auf das Bett zu. »Brauchen Sie noch etwas? Ich denke an Saft oder …«
»Nein, ich habe noch zu trinken.«
»Das ist gut«, erklärte die Nachtschwester.
Sie kam noch näher.
Das gefiel Karina nicht.
»Danke, für Ihre Mühe, aber es reicht.«
»Ja, das ist gut.« Eine Hand der Schwester rutschte in die rechte Kitteltasche. Was sie hervorholte, das war kein Medikament, sondern ein blankes Stück Metall, das sich plötzlich um das Doppelte verlängerte, als eine Klinge aus dem vorderen Teil schnellte.
Ein Messer!
Auf seiner Fläche verlor sich ein Blitzen, und mit einer schnellen Handbewegung brachte die Frau die Klinge näher an die Kehle der halb Liegenden heran.
Karina hatte den ersten Schrecken schnell überwunden. Irgendwie hatte sie mit einem Angriff gerechnet, aber sie spielte jetzt die Ängstliche, legte sich zur Seite und drückte sich in Richtung Wand, weil sie dort einen Halt finden wollte. Zugleich schob sie die rechte Hand und einen Teil des Arms unter das Kopfkissen.
»Was wollen Sie?«
Da fing die Schwester an zu kichern. »Was habe ich denn hier in der Hand? Schau genau hin. Das ist ein Messer, und seine Klinge wird in deinen Körper stoßen. Sie wird dann dein Herz treffen, und es hat dich gegeben, Karina.«
»Ja – aber wer hat dich geschickt?«
»Das spielt keine Rolle. Ich habe auch nichts gegen dich persönlich. Ich bin jemand, den man mieten kann.«
»Aha. Um zu töten?«
»Ja, so ist es. Deshalb interessiert es mich auch nicht, wen ich töten muss.«
»Aber bei mir könntest du Ärger bekommen.«
»Das glaube ich nicht. Wäre es wirklich so, dann hätte man mich schon gewarnt.«
»Wer immer dir den Auftrag erteilt hat, er hat einen großen Fehler begangen.«
»Ach ja. Und welchen?«
»Er hat dir nicht gesagt, dass ich besser bin als du.«
»Da bin ich aber gespannt.«
»Das kannst du auch sein.«
Unter das Kissen konnte die Killerin nicht schauen. Und so hatte sie auch nicht die Bewegung gesehen, die zwangsläufig folgen musste, als Karina den Griff der Pistole umfasste.
Die Schwester holte aus. Sie hielt den Blick auf Karina gerichtet und sah auch das Kopfkissen.
Das bekam an einer Stelle eine Ausbuchtung.
Und plötzlich wurde ihr bewusst, in welcher Gefahr sie schwebte. Sie wollte schneller sein – und war es nicht.
Karina drückte ab.
Sie schoss durch das Kissen.
Der Schuss hörte sich nicht mal so laut an, weil er gedämpft wurde. Die erste Kugel traf die falsche Krankenschwester in den Bauch. Die Gestalt wurde durchgeschüttelt und bekam die zweite Kugel mit, die in ihre Brust einschlug.
Sie gab der Killerin den Rest.
Die Frau kippte nach hinten, schlug hart auf und blieb auf dem Rücken liegen. Karina Grischin atmete tief durch. Das war wirklich knapp gewesen.
Sie wusste genau, wer hinter diesem Anschlag steckte. Chandra war es wichtig, dass sie starb. Da sie sich aber um andere Dinge kümmern musste, hatte sie eine Mörderin geschickt.
Karina drehte sich wieder um und setzte sich auf die Bettkante. In ihrer Blickrichtung lag die Frau. Sie war tot.
Blut malte sich auf ihrem weißen Kittel ab. Noch immer war das Staunen in ihrem Gesicht zu sehen, das sie mit in den Tod genommen hatte.
Karina Grischin
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