1818 - Altar der Teuflischen

Augen bekamen. Da hatte sich Tim bestimmt geirrt.
    Allerdings hatte es noch einen weiteren Zeugen gegeben. Und dass zwei Menschen gleichzeitig einem Irrtum erlagen, das war schlecht möglich.
    Angefasst hatte er die Figuren noch nicht. Er holte es nach und strich mit der Handfläche über die drei Gestalten hinweg.
    Da gab es nichts, was auffällig gewesen wäre. Das war das normale Gestein. Es gab eine gewisse Kühle ab. Es hatte sich auf keinen Fall erwärmt, was auf etwas Besonderes in seinem Innern hingewiesen hätte. Hier lag alles im grünen Bereich.
    »Und?«, rief Tim von unten her.
    »Da ist nichts.«
    »Wie?«
    »Nichts, das unnormal gewesen wäre. Ich habe sie angefasst und spürte nur das Gestein.«
    »Keine Wärme?«
    »Nein.«
    »Und das Licht?«
    »Habe ich auch nicht gesehen. Es gab keine Veränderungen in den Augen. Es gibt auch keine Blicke, alles ist so normal, wie es nur eben geht.«
    »Ja, dann weiß ich auch nicht mehr weiter.«
    »Ich komme jetzt wieder zu dir.«
    »Tu das, Johnny.«
    Der junge Conolly ging den Weg zurück. Jetzt schon etwas forscher, da er ihn kannte. Er wusste nicht, ob er froh sein sollte, dass er nichts gefunden hatte. Ein Rest von Unsicherheit blieb schon in seinem Innern zurück. Tim und sein Freund hatten ja auch Augen im Kopf. Aber bei ihm hatte sich nichts getan.
    Wie ging es weiter?
    Dieser Fall, der keiner geworden war, konnte abgehakt werden. Das wollte er auch Tim sagen, doch komischerweise verspürte er Hemmungen.
    Tim erwartete ihn. Johnny grinste ihn an. »Ist ganz nett gewesen, dieser Ausflug. Aber er hat nichts gebracht, das müssen wir uns leider eingestehen.«
    »Stimmt.«
    »Und wie ist das bei euch gewesen? Habt ihr die Augen wirklich leuchten sehen?«
    »Ja, Johnny. Die Augen leuchteten in einem kalten Licht. Vielleicht ein Totenleuchten.«
    »Hört sich stark an.«
    »Das war auch stark.«
    »Gut«, sagte Johnny, »dann lass uns mal überlegen, wie es weitergehen soll und wie wir den Tag verbringen.«
    »Ich mache mir Sorgen.«
    »Um wen?«
    »Um Clint O’Malley.«
    »Warum das denn?«
    »Weil er sich noch immer nicht gemeldet hat. Sein Handy ist tot. Mausetot.«
    »Okay und jetzt?«
    »Habe ich einfach das Gefühl, dass etwas passiert ist mit ihm. Ich kann es nicht beweisen, aber ich habe es einfach im Gefühl.«
    »Frag doch mal seine Eltern.«
    »Nein, die würde ich dann auch noch mit nervös machen. Ich weiß das alles nicht genau. Kann sein, dass ich auch der Polizei Bescheid gebe.«
    »Wann?«
    »Wenn er bis heute Nachmittag nicht wieder da ist.«
    Johnny verzog die Lippen. »Glaubst du, dass man dir das abnimmt? Clint ist ja kein Kind mehr.«
    »Stimmt schon.«
    Johnny wirkte ab. »Okay, ich will mich nicht in deine Angelegenheiten mischen. Du musst tun, was du für richtig hältst.«
    »Ich weiß.«
    Johnny Conolly hatte das Gefühl, noch nicht gehen zu müssen. Er wollte sich in der Kirche umschauen. Auch die Bänke waren abgedeckt worden, als lägen auf ihnen zwei riesige Leichentücher. An einigen Stellen lag der Staub dichter, an anderen war der Boden schon blank, und Johnny musste achtgeben, dass er nicht ausrutschte und hinfiel. Immer tiefer ging er in die dunkle Kirche hinein und erreichte das zweite Ende.
    Dort stand eine fahrbare und ausklappbare Wand, hinter der man sich umziehen konnte.
    Johnny schob die Wand zur Seite.
    Er schaute auf einen Tisch.
    Und auf diesem Tisch lag jemand.
    Johnny hatte diesen Clint O’Malley noch nie gesehen. Er wusste aber, dass er es war, der so auf dem Tisch lag, dass er nicht fallen konnte.
    Und es kam noch etwas hinzu.
    Clint O’Malley war tot!
    ***
    Es war der Augenblick, an dem Johnny Conolly stocksteif wurde. Er hatte das Gefühl, von innen her zu vereisen.
    Er sagte nichts, er dachte nichts, er atmete nicht. Er schaute nur auf den Toten, und selbst bei dieser schlechten Beleuchtung sah er, dass das Gesicht des Toten blau angelaufen war. Es konnte durchaus sein, dass er erwürgt worden war.
    Aber von wem?
    Von drei Steinfiguren, die oben in der Wand einen Altar bildeten? Es war eigentlich nicht möglich, und doch wollte dieser Gedanke Johnny nicht loslassen.
    Er drehte sich um, als er hinter sich etwas knirschen hörte. Es war Tim, der auf ihn zu kam. Den Toten hatte er noch nicht gesehen, er schien aber zu ahnen, was eventuell auf ihn zukam und ging deshalb mit recht verhaltenen Schritten.
    Johnny wusste, was er zu tun hatte. Er wollte Tim den Blick auf den Toten verwehren, doch in diesem