1818 - Altar der Teuflischen
fuhr über sein Haar. »Wir haben nicht viel zu sagen. Wir haben den Toten gefunden, das ist alles.« Er schlug sich selbst gegen die Stirn. »Aber was sagen wir, wenn man fragt, warum wir in die Kirche gegangen sind?«
»Das ist ganz einfach.« Johnny lächelte. »Erstens zum Beten und zweitens wolltest du mir die Kirche von innen zeigen, auf die du so stolz bist. Nicht jeder Ort hat eine so ungewöhnliche Kirche.«
»Ob wir damit durchkommen?«
»Wir müssen es versuchen.«
»Und dann?«
»Lassen wir es darauf ankommen.«
Tim Doherty drehte sich zur Seite. Er lachte glucksend. Dabei winkte er ab.
Johnny ließ ihn in Ruhe. Er wusste, wie es in seinem Innern aussah.
Den Zustand konnte man nur mit furchtbar beschreiben. Und er würde auch nicht so schnell vorbei sein.
Aber da gab es noch etwas, über das Johnny scharf nachdenken musste.
Es ging natürlich auch um den Toten, und er dachte daran, dass er bestimmt auf eine besondere Art und Weise ums Leben gekommen war. Auf eine, die sich schwer nachvollziehen ließ, die aber eine Person bestimmt interessieren würde.
John Sinclair!
Nur saß der in London, und Johnny wusste auch nicht, ob er Zeit hatte. Da gab es dann noch eine zweite Alternative. Die lautete auf den Namen Bill Conolly und war Johnnys Vater.
Wenn Bill Bescheid wusste, würde er seinen ältesten Freund alarmieren. Das stand fest.
Und was passierte dann? Würden beide kommen? Und wenn, war es dann nicht schon zu spät?
Das konnte man nicht so ohne Weiteres abtun. Johnny nahm sich vor, mit seinem Vater und auch John Sinclair zu reden. Nur nicht sofort. Er wollte erst abwarten, was die Kollegen hier oben herausfanden.
Dann war es noch immer Zeit, London zu alarmieren.
»Komm, wir gehen.«
Tim nickte. Er war froh, die Kirche verlassen zu können. Dem Toten warf er noch einen schnellen Blick zu, bevor er sein Kreuzzeichen schlug und die Kirche verließ. Ab jetzt würde alles seinen Lauf nehmen, den ein Mensch wie Tim nicht stoppen konnte …
***
Johnny Conolly hatte es sich gedacht, und es trat auch ein. Es wurde für ihn und Tim Doherty eine Tortur. Ein Marathon der Verhöre. Mal wurden sie gemeinsam befragt, dann wieder einzeln, und es sah so aus, als würde ihnen nicht geglaubt.
Die Polizisten waren aus Dublin gekommen. Sie hatten ihr Büro im Rathaus eingerichtet, und der Tatort war akribisch untersucht worden, aber man hatte nichts gefunden, was auf Tim und Johnny als Täter hingedeutet hätte.
Besonders Tim musste Rede und Antwort stehen. Er war mit dem Mordopfer befreundet gewesen, und so hofften die Beamten, etwas über ein Motiv zu erfahren.
Es war nicht möglich.
Natürlich war auch die Kirche untersucht worden, und man hatte den Steinaltar ebenfalls nicht ausgelassen, aber gefunden wurde nichts. Auch nicht die Mordwaffe. Den Fasern nach zu urteilen war es ein Tuch gewesen, mit dem Clint die Luft abgedreht worden war.
Johnny und Tim wurden aus dem Verhör entlassen, erhielten aber den Befehl, den Ort nicht zu verlassen. Dass Johnny Conolly in London wohnte, war den Polizisten bekannt, mehr aber hatte Johnny von sich nicht verraten.
Beide waren froh, die muffige Umgebung des Rathauses verlassen zu können.
»Jetzt brauche ich ein Bier, Johnny.«
»Ich auch.«
Auch in Carlow gab es mehrere Pubs. Einen davon kannte Tim besonders gut. Er war da öfter zu finden. Die Theke war sein zweites Zuhause. Auch jetzt stellte er sich dorthin, nur diesmal mit Johnny an der Seite.
»Auch ein Bier?«
»Und ob.«
Der Wirt war noch jung. Natürlich hatte sich in Windeseile im Ort herumgesprochen, was passiert war, auch der Wirt wusste schon Bescheid.
»He, da habt ihr ja mächtig Ärger am Hals.« Er stellte ihnen das Bier hin.
»Ja«, sagte Tim, »das ist nun mal so. Die Gerechten müssen immer leiden.«
»Klar. Für mich steht auch fest, dass ihr Clint nicht getötet habt. Aber gibt es denn schon eine Spur, die zum wahren Täter führt?«
»Keine Ahnung.«
»Dann haben die Bullen nichts gesagt?«
»So ist es, Kirk.« Tim Doherty hob sein Glas an. Die Stimme wurde leicht brüchig, als er sprach. »Auf einen alten Freund, den ich nie vergessen werde und auch nie vergessen kann.«
Sie tranken. Der Wirt schaute ihnen zu. Einige Gäste an den Tischen ebenfalls.
»Habt ihr denn einen Verdacht?«
»Nein, keinen.« Tim schüttelte den Kopf.
»Das ist schlecht.«
Der Wirt ließ die beiden in Ruhe und wandte sich wieder den anderen Gästen zu.
Tim Doherty schaute in sein Bierglas.
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