1818 - Testfall Lafayette
verändern; auch dabei war er gescheitert.
Dafür empfing er die Gedanken und Empfindungen eines Wesens, das langsam aus der Tiefe heraufkam und das unersättlich zu sein schien. Es war ein Raubtier, das von einem schier unstillbaren Appetit geplagt wurde, das sonst stets in Höhlen weit unter der Oberfläche des Planeten lebte und das es so gut wie nie nach oben zog.
Selbst dieses Geschöpf wurde von dem Tangle-Scan erfaßt und verändert. Die rätselhafte Strahlung hatte es zu einem gierigen Monster werden lassen.
Gucky spürte, wie sich dieses Wesen anschlich. Es hatte Witterung aufgenommen.
Er mußte Icho Tolot warnen.
Der Ilt versuchte, sich zu konzentrieren, und mit telekinetischen Mitteln eine Botschaft für den Freund auf den Boden zu schreiben. Doch es gelang ihm noch nicht einmal, einen Stock aufzunehmen geschweige denn, damit Buchstaben in den Sand zu ritzen.
Icho Tolot kam schnaufend heran und ließ sich neben ihm auf die Knie sinken. Geradezu zärtlich legte ihm der Koloß zwei seiner vier Hände auf die Brust.
„Was ist mit dir?" fragte der Haluter bekümmert. „Du hast die Augen auf, aber du bewegst dich nicht.
Ich fühle dein Herz schlagen, also lebst du. Warum stehst du nicht auf?"
- Ich kann nicht! wollte der Mausbiber ihm zuschreien, aber er konnte seine Lippen nicht bewegen und seine Gedanken nicht übermitteln.
Du mußt aufpassen! wollte er ihm zurufen. Etwas Großes, Gefährliches kommt auf dich zu. Es taucht aus der Tiefe herauf und wird dich angreifen!
Er konnte seine Gedanken nicht aussprechen, und der Haluter erfaßte nicht, daß er ihn warnen wollte.
Icho Tolot hob den Freund auf und trug ihn zu einem Baum, wo er aus Luftwurzeln ein Nest zusammenflocht. Er legte den Mausbiber hinein und zog nun einige weitere Luftwurzeln in das Flechtwerk, bis sich ein Gitter gebildet hatte, das den Ilt schützte.
„Ich bleibe in der Nähe", versprach der Haluter. „Auf dem Weg zu dir habe ich den Abdruck eines menschlichen Fußes gesehen. Vor nicht allzulanger Zeit ist jemand in der Nähe gewesen. Ich muß ihn suchen und mit ihm reden."
Nein! Du darfst mich nicht allein lassen! Ich kann mich nicht wehren, wenn die Bestie angreift. Ich kann nicht mehr flüchten!
„Du siehst besorgt aus, mein Kleiner", sagte Icho Tolot. „Aber du brauchst dir keine Gedanken zu machen. Ich bleibe ja in der Nähe."
Gucky nahm alle Kräfte zusammen. Er wollte, er mußte den Freund warnen!
Vergeblich.
Icho Tolot wandte sich ab und stampfte davon. Unter seinem Gewicht schwankte der Boden; diese Bewegung pflanzte sich bis in die Bäume hinein fort. Selbst der Mausbiber in seinem Nest spürte sie.
Der Haluter entfernte sich etwa fünfzig Meter von dem Ilt. Dann blieb er stehen und blickte auf den Boden, wo sich deutlich die Spur eines Menschen abzeichnete, der Stiefel getragen hatte.
Er mußte diesen Menschen finden. Von ihm konnte er Informationen über das Geschehen auf Lafayette erhalten.
Nach dem überstandenen Kampf war der Zwang zur Drangwäsche etwas abgemildert, doch Icho Tolot war sich klar darüber, daß dieser Zustand nicht lange anhalten würde. Nach. wie vor hatten sich viel zuviel Energien in seinem Körper aufgebaut, weitaus mehr, als er benötigte. Selbst wenn er gewollt hätte, wäre nicht zu verhindern gewesen, daß sie durch äußerliche Aktivitäten bis auf ein Normalmaß reduziert wurden.
Er mußte den Menschen aufgespürt haben, bevor der nächste Schub der Drangwäsche kam!
Er folgte der Spur und entdeckte bald darauf eine menschliche Gestalt, die auf der Kuppe eines etwa fünfzig Meter hohen Hügels saß. Überzeugt davon, daß der andere sich über sein Erscheinen freuen würde, wollte er sich bemerkbar machen.
Als er hinter einem Baum hervortrat und die Arme hob, um zu winken, kamen plötzlich zwei Lafayette-Kolonisten auf einem primitiven Floß aus dem Dickicht. Sie waren in großer Eile. Mit langen Stangen stießen sie sich vom morastigen Grund ab.
Obwohl sie beinahe zweihundert Meter von ihm entfernt waren, erkannte Icho Tolot, daß die beiden Männer bereits lange von jeglicher Zivilisation abgeschnitten gewesen waren. Sie sahen erschöpft und halb verhungert aus, und ihre Kleidung hing in Fetzen an ihnen.
Bevor er Kontakt mit ihnen aufnehmen konnte, glitt eines der flunderförmigen Beiboote der Igelraumer über die Gipfel der Bäume hinweg. Es stürzte sich in die Tiefe, und ein Energiestrahl schoß ohne Vorwarnung aus seinem Bug. Er traf das Floß, zerstörte es und
Weitere Kostenlose Bücher